The Edge Effect

  /  01.12.2021

Der Begriff „Edge Effect“ aus der Ökologie ist eine Metapher für unsere Gesellschaft – was hinter diesem Ansatz steckt und was die Ausstellung der Marke Marsèll, die selbigen in den Fokus stellt, mit sich bringt…

Vashish Soobah, All Of Her Oceans II

Rachele Maistrello, Gao Yue #1 (1998-1999?), c-print, 50 x 70 cm, 2019

Kelly Costigliolo, 54 Soldati

Links: Karol Sudolski, Tua / Rechts: Alba Zari, Occult

Das Label Marsèll präsentiert die Ausstellung „The Edge Effect“, eine Erkundung kultureller Zusammenarbeit, die die zeitgenössische italienische Identität neu definiert. In der Welt der Ökologie ist ein Ökoton ein Übergangsbereich, in dem sich zwei verschiedene Ökosysteme treffen und verschmelzen. Die Folge ist eine Erhöhung der Biodiversität sowie der Dichte und der Einzigartigkeit von Organismen; die gegenseitige Beeinflussung zwischen den Ökosystemen wird als „Edge Effect“ bezeichnet. Dies ist die perfekte Metapher für das, was in der Gesellschaft passiert, was unsere Wahrnehmungen und Vorstellungen von Identität betrifft.

Während sich die Spannung zwischen Lokalismus und Globalisierung, zwischen virtueller, grenzenloser Existenz und einer zunehmend zersplitterten sozialen und politischen Realität erhöht, wird die künstlerische Praxis immer mehr zum Ort und Raum, um über das Konzept der Zugehörigkeit und die unterschiedlichen Definitionen nachzudenken. Die Künstlerinnen und Künstler zeigen, alle auf ihre eigene Weise, verschiedene Variationen der zeitgenössischen italienischen Identität. Manche tun dies aus einer biografischen Perspektive heraus, andere durch einen visuellen Dialog, während wiederum andere ihre Geschichten über eine Auseinandersetzung mit Mode oder digitaler Kunst schreiben. Sie alle schaffen es durch ihre Arbeit, eine neue Vorstellung davon zum Leben zu erwecken, was es bedeutet, Italienerin oder Italiener zu sein: eine fließende Idee in ständigem Wandel, fernab von Hollywood-Stereotypen oder Standardisierungen, die neue Dialoge schaffen und die Idee von Tradition in Frage stellen soll. Wie der Künstler Andy Picci in einem seiner Werke sagt: „Die Zukunft ist schon passiert“ – und sie wird uns jetzt gezeigt.

Es ist eine Version der Zukunft, die mit unterschiedlichen Tools und aus verschiedenen Blickwickeln dargestellt wird. Karim El Maktafi, Alba Zari, Vashish Soobah, Marzio Emilio Villa und Kelly Costigliolo beispielsweise geben Einblicke und Neuinterpretationen in bzw. von der Familiengeschichte und dem Alltagsleben. Sam Gregg mit Riccardo Maria Chiacchio und Jon Emmony for Del Core haben eine indirekte Perspektive gewählt, die von der Sprache der Mode und deren Anpassung auf eine ganz persönliche Art und Weise ausgeht. Kamilia Kard und Karol Sudolski enthüllen die Paradoxa unserer digitalen Projektionen, während Elena Cremona, Isabelle Landicho und Rachele Maistrello zeigen, wie bewegend die Zusammenarbeit zwischen Kulturen sein kann, wenn sie richtig gemacht wird.

Diese Kunstwerke, die von Auftragsarbeiten bis hin zu persönlichen Recherchen reichen, erzählen Geschichten, die sehr verbreitet sind und gleichzeitig vernachlässigt werden, von einem Land, das ständig wegschaut – und genauso oft zurück zu den Teilen der Geschichte, die es selektiv anerkennt. In den ausgestellten Werken wird eine neue Idee von Gemeinschaft, eine neue Definition von Heimat präsentiert.

Kristina Arens