VintyWomen

  /  04.04.2014

„Unser Streben ist es, dass Second Hand für immer mehr Menschen die erste Wahl wird.“ Mit diesem Ziel vor Augen, wollen die Gründer hinter dem neuen Onlineshop VintyWomen Kleidung ein neues Lebens schenken. Ob, womit und wie ihnen das gelingt?

Worum geht’s?

Wie man aus dem Namen bereits teilweise schlussfolgern kann, dreht sich bei dem E-Store VintyWomen alles um Second Hand-(Vintage-)Bekleidung oder, wie die Gründer dahinter es nennen, „Pre-owned Designer Clothing“. Diese verfolgen das Ziel, schönen und gut erhaltenen Kleidungsstücken ein neues Zuhause zu geben und ihnen ein zweites Leben zu schenken. Die Macher der Online-Plattform sind bestrebt, dass „Second Hand für immer mehr Menschen die erste Wahl wird“, angeboten werden hier deshalb nur „die besseren Marken“, soll wohl heißen Designer-Bekleidung aus dem höherpreisigen Segment. Das Handling ist simpel: Man fordert kostenlos einen Kleidersack an, schickt diesen kostenfrei zurück und muss sich weder um Fotos noch andere Dinge sorgen, da alle übrigen Vorgänge von VintyWomen selbst übernommen werden. Anekdote: Der Shop startete frisch auf dem deutschen Markt und ist ironischerweise eine Erweiterung des Europäischen Mutter-E-Stores VintyKids.com.

Übersicht und Layout

Wenn ein Wort auf das Layout dieses virtuellen Shops zutrifft, dann ist es wohl minimalistisch. Oder puristisch. Oder unspektakulär. Je nachdem, wie man sich als Käufer das Design eines solchen Stores wünscht. Die Einteilung der einzelnen Kategorien entspricht einer klassischen Typisierung: In der oberen Leiste tauchen die Buttons „Shop“, „Marken“, „Über uns“ und „Verkaufen“ auf. Im Shop kann man seitlich links dann nach entsprechender Sortimentsgruppe, Größe und Farbe suchen. In der Rubrik „Über uns“ gewähren die Verantwortlichen wie üblich einen kleinen Blick hinter die Idee und das Konzept, im Ressort „Verkaufen“ wird anschaulich erklärt, wie der Vorgang vonstatten geht.

Sprache

Deutsch; Niederländisch

Antörner

Die einfache Handhabung und das unkomplizierte Handling-Konzept könnte für viele Menschen einen Antörner bei diesem Shop darstellen. Dabei handelt es sich sicher um eben jene, die an dem aufwendigen Prozess des Verkaufens ihrer aussortierten und gut erhaltenen Kleidung über Second Hand-Plattformen kein Interesse oder dafür keine Zeit haben. Die kostenfreie Anforderung des Kleidersackes sowie das versandkostenlose Einsenden der einzelnen Stücke könnte für Verkäufer ebenfalls ein Pluspunkt sein. Käufer spricht an diesem Shop der bedingt kostenfreie Versand ab 50 Euro Einkaufswert sowie die kostenlose Retoure an. Wer auf heutzutage nicht mehr auffindbare Stücke und somit Unikate steht, der hat hier vielleicht Glück, muss aber schnell sein.

Abtörner

Jetzt wird es knifflig, denn davon gibt es eine ganze Menge. Abgesehen von den Zahlungsmöglichkeiten iDeal, Paypal und Kreditkarte fehlt trotz einschlägiger Studien und bekannter Erfahrungswerte der beliebteste Zahlvorgang über Rechnung oder Ratenkauf. Viel mehr ins Gewicht fällt jedoch die Halbherzigkeit, die sich in jedem der Bereiche zeigt: Angefangen bei der Erläuterung in der Rubrik „Über uns“, in der Themen wie Nachhaltigkeit mit wenig überzeugenden Worten behandelt werden. Weniger CO2-Emission ist selbstverständlich ein wichtiger Faktor, darüber hinaus klingt der Text aber nach copy&paste von vor fünf Jahren, demnach wenig originell und kaum glaubhaft. Insbesondere bei diesem Thema muss der Anspruch daran durch weniger belehrende als viel mehr authentische Worte Ausdruck finden. Schwammig ist darüber hinaus die Ankündigung, man erhalte 50 bis 90% des Verkaufspreises – wonach sich richtet, wie viel der Verkäufer im Endeffekt bekommt, bleibt ohne weitere Erklärung im Raum stehen. Überraschend präsentiert sich auch das, was sich hinter „Marken“ versteckt. Ganze 685 Labels stehen auf der „nicht akzeptiert“-Liste und fallen offenkundig nicht unter die, ebenfalls nicht weiter ausgeführte, Definition der Betreiber der „besseren Marken“. Neben Ketten wie H&M, Zara sowie diversen Eigenmarken von Zalando, deren „Verbot“ noch im Ansatz nachvollziehbar ist, stehen insbesondere viele junge, bekannte und beliebte Brands auf der Abschussliste. Ironischerweise ist der Verkauf der Designer-Kollektionen – Karl Lagerfeld, Isabel Marant, Marni oder Matthew Williamson –, die aus Kooperationen mit H&M hervorgingen, gestattet. Nächster Kritikpunkt ist das mittelmäßige bis schlechte Bildmaterial. Die Aufmacherfotos, auf denen lediglich Teile verschiedener Frauen zu sehen sind, sollen diese wohl in Vintage-Bekleidung zeigen, was anlässlich des Formats jedoch nicht möglich zu sein scheint. Die Product-Shots, deren Qualität eigens hervorgehoben und der Hand von Profi-Fotografen zugeschrieben werden, sind wenig ansprechend und sehen nach Amateurarbeit aus. Möglicherweise könnte das allerdings nicht ausschließlich am Bildmaterial, sondern vielmehr an der Ware selbst liegen, denn diese macht teilweise eher den Anschein, als ob sie weitaus mehr als nur eine Saison in den Tiefen der Kleiderschränke gehangen haben. Das Prädikat „so gut wie neu“, das ein Bekleidungsstück haben muss, um über diese Plattform verkauft werden zu dürfen, beinhaltete offenbar nur den Zustand, nicht die modische Aktualität respektive dessen Stil-Anspruch. Verwunderlich ist im Rahmen dessen nur, dass „Kleidung, die nicht mehr in das heutige Modebild passt“ über VintyWomen eigentlich nicht angeboten werden darf. Die Produktauswahl ließe sich demnach leider nur so erklären, dass der dafür Zuständige ein enorm verzerrtes Modebild hat oder sich in diesem Bereich überhaupt nicht auskennt, denn die Ware würde sich – aus rein modischer, nicht aus qualitativer Sicht – teilweise wohl besser für die Altkleidersammlung eignen.

Resümee

Nach der ausführlichen Beschreibung der Abtörner-Rubrik fällt das Resümee eher negativ aus. Man wird wohl abwarten müssen, ob an dem Konzept Änderungen vorgenommen werden, so wie es sich hier darstellt, wird es aus der jüngeren Zielgruppe bis Mitte 30 wohl nur schwer Käufer gewinnen. Möchte es möglicherweise aber auch nicht. Es gibt wirklich gute Second Hand-Mode-Plattformen, die sich sowohl das Website-Design als auch, subjektiv gesehen, das Produktportfolio und dessen Präsentation betreffend, offenkundig mehr Mühe geben und dieser hier eindeutig den Rang ablaufen. Schade, denn die Idee dahinter ist durchweg positiv, die Realisierung wird über diesen Weg wohl aber eine Weile in Anspruch nehmen.

Lara Schotten