Auf die Beine gestellt

  /  17.10.2018

Wenn Kunst laufen lernt, dann tut sie das auf den Beinen von uns allen – im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Projekt „Kunst-Strumpfhosen“ von Karl Karner. Der Künstler hat sich jetzt für Strumpfhosen statt Leinwand entschieden. Warum und wie das aussieht?

Wenn Zeichnungen den Sprung aus dem geschützten Raum einer Ausstellung oder einer Performance in die Öffentlichkeit vollführen, muss ein besonders kreativer Kopf dahinter stecken – in diesem Fall Karl Karner. Der Künstler hat das Projekt „Kunst-Strumpfhosen“ auf die Beine gestellt und im Zuge dessen, wie es der Name bereits vermuten lässt, einige seiner impulsivsten Zeichnungen auf hochwertige Kunst-Strumpfhosen gebracht. Karner wählte das Medium Strumpfhose aus einem bestimmten Grund: „Ich sehe meine Zeichnungen wie die Welt als ständig in Veränderung begriffen. Durch das dehnbare Medium und die humanen Träger mit ihren unterschiedlichen Proportionen gleicht keine Zeichnung mehr dem Original – permanente Mutation und Eigeninterpretation herrschen also vor.“

Nach einigen Probedrucken und dem qualitativen Finetuning gingen die ersten Prototypen an den Bekanntenkreis – mit Erfolg. So konkretisierte sich die Idee, mehrere Modelle zu schaffen und online über kspositiv.com zum Verkauf anzubieten. Die Geschäftsidee, bei der auch die Gelegenheit zur Auseinandersetzung zwischen Träger, Kunstwerk und Gesellschaft eine wichtige Rolle spielt, war geboren! Auf die Frage nach der Alltagstauglichkeit antwortet der ausgebildete Kunstgießer, Zeichner und Performance-Künstler mit Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien: „Der typische Träger muss nicht zwingend kunstaffin sein und lebt seine Individualität gerne durch einen besonderen Kleidungsstil und auffällige Accessoires aus.“ Karner sieht den Menschen als Produzenten von Kultur, aber auch als Produkt seiner Kultur. Im Spannungsfeld der Mediengesellschaft inszeniert er die Frage nach dem Menschsein und sorgt als Schöpfer von neuen Knotenpunkten für eine irritierende, deformierte Gegenwelt.

Derzeit gibt es neun Modelle, mit denen die Trägerinnen und Träger – ja, auch Männer tragen die Strumpfhosen – zum Kunstwerk werden und deren Auftritt zur Performance. Laufend entstehen neue Designs, darunter auch Unikate. Anziehend, oder?

Kristina Arens