„Erfolg hat keinen Einfluss aufs Glücklichsein“
/ 22.09.2016Ihr kennt ihn wohl (noch) vor allem als „Lonely Boy“ Dan Humphrey aus „Gossip Girl“, Penn Badgley hat aber auch eine Band – und macht nicht erst seit gestern Musik! Mit MOTHXR und seinen Bandkollegen Simon Oscroft und Darren Will war er in Berlin; 1st-blue bat zum Interview.
Befreundet waren Produzent und Drummer Jimmy Giannopoulos und Sänger Penn Badgley – den ihr als Schauspieler sicherlich als Dan Humphrey aus der Serie „Gossip Girl” kennt – schon lange, Bassist Darren Will war ebenfalls schon immer irgendwie zugegen und letztlich entschieden die Drei, sich eine gute Woche lang in einem kleinen Bungalow in Los Angeles zu verbarrikadieren und Songs aufzunehmen. Ohne irgendetwas geschrieben zu haben. Ohne Erwartungen. Ohne Ausrüstung. Diese steuerte schließlich Simon Oscroft bei, der sich dann auch als der Gitarrist entpuppte, den sie eigentlich gar nicht gesucht hatten. Das zusammengewürfelte spontane Vierergespann nahm innerhalb von fünf Tagen fünf Songs auf – und stellte schließlich fest: Ab jetzt sind wir eine Band, MOTHXR. Vier Wochen verbrachten sie damit, ihr Debütalbum „Centerfold“ in Los Angeles, Chicago und New York aufzunehmen, das Anfang dieses Jahres erschien. Jetzt folgte die Tour dazu, die drei der vier Jungs – plus Nick Brown an den Drums – auch nach Berlin führte. Zeit für ein Interview.
Ihr habt für euer Debütalbum gerade mal vier Wochen gebraucht, manche Sänger oder Bands brauchen dafür ein oder mehrere Jahre – wie habt ihr das in so kurzer Zeit geschafft?
Penn: „Das kann man gar nicht so genau erklären, es passierte irgendwie einfach. Wir hatten den Vorteil, dass wir völlig unvoreingenommen waren, weil wir vorher noch nie zu viert zusammengearbeitet hatten, wir hatten also im Prinzip keine Erwartungen – und plötzlich lief es...“
Als Band habt ihr vor ungefähr zwei Jahren zusammengefunden, wie habt ihr euch seitdem entwickelt? Wie hat sich der Team-Spirit verändert und welche Macken habt ihr an den jeweils anderen festgestellt?
Penn: „Es ist wie in jeder Beziehung – wenn man so viel Zeit zusammen verbringt, zusammen irgendwo übernachtet, zusammen isst, auf der Bühne steht, gemeinsam lacht oder auch mal weint, auch das kommt vor (lacht), lernt man die anderen immer besser kennen, das schweißt zusammen.“
Simon: „Man merkt im Laufe der Zeit dann auch, was den anderen schlechte Laune macht und wann es besser ist, jemanden in Ruhe zu lassen. Mich macht es zum Beispiel wahnsinnig, wenn mein Equipment nicht richtig funktioniert, dann lässt man mich besser in Ruhe…“ [Es gab zuvor technische Probleme beim Soundcheck, hat man Simon aber nicht angemerkt.]
Penn, du wurdest mal zum Thema Erfolg befragt und hast gesagt „Was ist Erfolg, wenn er dich am Ende leer zurücklässt? […] Man könnte immer erfolgreicher sein, aber ist es erfolgreich, traurig zu sein?” Was hast du damit gemeint? Gab es eine Zeit, in der du dich so gefühlt hast?
Penn: „Ich wollte damit vor allem sagen, dass Erfolg sehr relativ ist. Im Fernsehen zu sein, ist die eine Sache, als Musiker unterwegs zu sein, wieder eine ganz andere. Erfolg hat meiner Meinung nach keinen Einfluss darauf, ob man glücklich ist, er kann einen zwar eine ganze Zeit ziemlich gut ablenken, aber ob man wirklich glücklich ist oder nicht, ist unabhängig davon.“
Simon und du habt vor ein paar Monaten mal gesagt „Immer nur einen Fuß vor den anderen”, ist das immer noch eure Einstellung bzw. Herangehensweise?
Simon: „Die Musikindustrie ist mittlerweile so schnelllebig, dass es fast unmöglich ist, etwas zu planen, man muss definitiv Ausdauer haben. Man sollte die Zukunft zwar im Blick haben, sich aber nicht darauf versteifen.“
Penn: „Ich glaube, man kann heutzutage keine Erwartungen mehr in dem Maße haben, wie es vielleicht vor 20 Jahren noch der Fall war, deshalb konzentrieren wir uns auf den Moment.“
Simon: „Hattest du diese Story von dem 17-jährigen Mädchen aus Berlin mitbekommen, eine bis dato unbekannte Songwriterin, die plötzlich mit ‚Bitch Have My Money’ eine Single für Rihanna geschrieben hat? Sie hat vorher doch im Leben nicht damit gerechnet, dass Rihanna mal einen ihrer Songs anhört und den dann auch noch als Single herausbringt… Man weiß eben nie, was wann wie passiert…“ [Anm. d. Red.: Die Rede ist von der damals 20-jährigen Bibi Bourelly; sie war kürzlich auch als Support Act mit Rihanna auf Tour.]
Klingt nach einer sehr entspannten Einstellung…
Penn: „Entspannt auf jeden Fall, aber trotzdem fokussiert. Als wir das Album geschrieben und aufgenommen haben und alles so extrem schnell ging – das war schon eine sehr intensive Zeit. Ich glaube, wir sind generell einfach realistisch, was aber nicht bedeutet, dass es uns an Ehrgeiz fehlt.“
Ich habe gelesen, dass ihr „untereinander zwar Kompromisse eingeht, aber für keinen sonst“? Aber kommt nicht irgendwann zwangsläufig ein Punkt, an dem ihr das tun müsst, ob nun für eure Fans, euer Record Label oder sonst jemanden?
Darren: „Wir gehen schon in einem gewissen Maße Kompromisse ein, aber eben nur soweit, dass wir nicht komplett das ändern, was wir machen oder wer wir sein wollen…”
Je nachdem wie diese Tour läuft, zeigt euch das ja erste Tendenzen, wohin euch der Weg führen könnte oder eben nicht. Wie lautet euer erstes Fazit?
Penn: „Die Tour war für uns sehr ermutigend! Viele Shows waren ausverkauft, das Publikum war sehr gemischt, es macht Spaß!“
Simon: „Ich finde, Europa war ein bisschen netter zu uns als Amerika (lacht). Die Fans sind ein bisschen loyaler, habe ich das Gefühl…“
Darren: „Das stimmt so nicht ganz, Chicago zum Beispiel war toll zu uns!“
Euer Highlight?
Penn: „Amsterdam! Das war auch die einzige Stadt, in der wir mehr Zeit hatten als nur einen Konzertabend. London, Paris und Brighton waren aber auch Highlights, insbesondere vom Publikum in Brighton waren wir mehr als positiv überrascht…“
Noch mal zu Amsterdam – wie habt ihr eure Freizeit dort genutzt?
Penn: „Wir sind viel Fahrrad gefahren… Sonst haben wir natürlich nichts gemacht…“ [allgemeines, man könnte es als viel sagendes Lachen interpretieren]
Penn, du wirst in ein paar Wochen 30 und hast mal gesagt, du bist langsam bereit, dir eine Home Base aufzubauen?
Penn: „Das stimmt, ich denke, es wird wohl New York. Man lebt als Musiker oder Schauspieler zwar mehr oder weniger immer aus dem Koffer, aber trotzdem war dort während der vergangenen zehn Jahre mein ganzes Leben… Ich fange mittlerweile schon an festzustellen, dass ich gerne öfter bzw. länger dort wäre, in der Zukunft will ich ja auch mal Familie haben, aber wann das passiert, wer weiß…“
In einem Blog habe ich ein Review zu einem eurer Konzerte gelesen: „Sie sind mitreißend, einnehmend und berauschend. […] MOTHXR sind noch recht neu im Musikgeschäft, aber sie haben auf der Bühne eine Präsenz wie etablierte Veteranen.” [Allgemeines positiv überraschtes Raunen] Lest ihr Reviews und wie wichtig sind sie für euch?
Nick: „Ich glaube, das ist mein Blog, auf dem du das gelesen hast (lacht)…“
Simon: „Positive Reviews sind zwar schön zu lesen, Erfolg oder Misserfolg lässt sich daran allerdings nicht messen…“
Penn: „Am wichtigsten ist das Gefühl, dass man hat, während man auf der Bühne steht und für die Leute spielt – und im besten Fall deren Begeisterung sieht. Reviews, ob gut oder schlecht, nehmen wir tatsächlich nicht so wichtig…“
Simon: „Was mich aber freut, wenn jemand Kleinigkeiten, kleine Kniffe bemerkt, die wir beispielsweise in einem Song geändert haben, oder einfach bestimmte Dinge, die man auf der Bühne gemacht hat – daran merkt man dann, dass jemand aufmerksam war.“
Zum Thema Aufmerksamkeit, Penn, du hast dich mehr oder weniger mal beschwert, dass sich das Publikum heutzutage oft kaum noch zur Musik bewegt, sondern alle mit Fotos machen oder Filmen mit dem Handy beschäftigt sind.
Penn: „Das passt ein wenig dazu, was wir vorhin zum Konzert in Brighton gesagt haben, vom ersten Beat an wurde getanzt, man hat niemanden stehen und filmen sehen! Man kann das gar nicht immer erwarten, wollen wir auch nicht, ich tanze auf Konzerten selbst nie (lacht)... Aber es ist trotzdem schön zu sehen!“
Aber ist es nicht gerade in Social Media-Zeiten auch durchaus von Vorteil, wenn jemand von etwas überzeugt ist und filmt und Fotos macht, die dann über diese Kanäle geteilt werden?
Penn: „Schon, aber macht nicht heutzutage jeder von allem Fotos?“
Abgesehen von dem, was mit eurer Band zu tun hat – wo liegen sonst eure Talente?
Penn: „Simon ist schockierend athletisch! Und gut im Trinken!“
Simon: „Ich habe mich in Deutschland mal für drei Fußball-Bundesliga-Teams beworben, das war aber nichts, also habe ich es gelassen (lacht).“
Dann läuft’s hoffentlich mit der Musik! Besten Dank fürs Interview!