Wenn das Problem zur Lösung wird…

  /  03.01.2024

„Die Industrie muss umdenken – und zwar besser heute als morgen“, da ist man sich beim Berliner Label Ucon Acrobatics sicher und will deshalb Nachhaltigkeit aufs nächste Level heben: mit dem Launch der „Lotus Infinity“-Linie aus 100% Textilabfall.

Nachhaltigkeit ist seit der Gründung fest in der DNA des Berliner Labels Ucon Acrobatics verankert, das sich als Marke für Taschen und Rucksäcke aus innovativen Materialien in minimalistischem Design einen Namen gemacht hat. Nun geht das Label den nächsten Schritt – mit der „Lotus Infinity“-Linie, die zu 100% aus Textilabfall besteht. Das Besondere: 82% Altkleider werden in einem neuen Verfahren aufbereitet und fließen so wieder in den Kreislauf der Textilwirtschaft, ein wichtiger Schritt in Richtung zirkulärer Produktion. Die übrigen 18% stammen aus industriellem Abfall der Textilproduktion. Die Marke sieht darin einen Ansatz im Umgang mit dem globalen Abfallproblem der Textilindustrie, die für 10% der weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich ist. Höchste Zeit also für das verstärkte Umdenken in Richtung Kreislaufwirtschaft! Zahlreiche Produkte von Ucon Acrobatics werden schon in diesem Jahr das Kriterium recycling- oder kreislauffähig erfüllen.

„Die Textilindustrie hat ein massives Abfallproblem zu lösen. Jede Sekunde wird irgendwo auf der Erde eine Lastwagenladung Textilien auf Deponien abgelagert oder verbrannt. Im Jahr 2021 wurden nur 0,6% wieder zu neuen Textilien recycelt. Das bedeutet, dass 99,4% auf Mülldeponien landeten oder verbrannt wurden“, sagt Martin Fussenegger, der Ucon Acrobatics 2001 gemeinsam mit Jochen Smuda gegründet hat. Die Motivation der beiden Gründer ist es, bei der Produktion der „Lotus Infinity“-Kollektion Textilabfall im größtmöglichen Umfang einzusetzen und langlebige Produkte mit geringem Einsatz von Emissionen entstehen zu lassen. Für einen Rucksack der Linie werden etwa 850 Gramm Textilabfälle recycelt.

Bisher hat Ucon Acrobatics recycelte PET-Flaschen als Ausgangsmaterial zur Garnherstellung verwendet, doch was bisher als nachhaltig bezeichnet werden konnte, sei heute nicht mehr tragbar. „Die Modeindustrie hat ihr eigenes großes Müllproblem zu lösen. Die Menge an Textilien, die hergestellt und weggeworfen werden, ist außer Kontrolle geraten. Wir müssen Wege finden, diese schnellstmöglich in eine textile Kreislaufwirtschaft zu bringen“, erklärt Jochen Smuda. Auf Pilotanlagen werden deshalb nun Textilabfälle mit hohem PET-Anteil zu neuem PET-Granulat verwandelt und zu Garnen weiterverarbeitet. Dies führe laut Label zu einer 35%igen Reduzierung der CO2-Emissionen im Vergleich zu Neupolyester. Außerdem werden Füllstoffe wie Hartplastikelemente und Schaumstoffe durch Textilabfälle in Form von Filz ersetzt. Statt Elasthan setzt das Label einen mechanischen Stretch aus PET ein. Beschichtungen für den Nässeschutz von Rucksäcken werden ebenfalls ausgetauscht.

Für die „Lotus Infinity“-Serie hat Ucon Acrobatics in einem mehrjährigen Prozess ein spezielles Tech-Material aus Polyurethan („PUrTEX∞“) entwickelt, das extrem widerstandsfähig ist und die Nutzungsdauer eines Rucksackes um ein Vielfaches verlängern soll. Im Vergleich zu herkömmlichem „veganen Ledern“ konnte außerdem die Kratzfestigkeit um das 100-fache verbessert werden. Die Außenfläche des Materials besteht aus stabilem Polyurethan (PU), ist frei von Lösungsmitteln und wurde mit halb so viel Emissionen als bisher üblich hergestellt, die Innenfläche besteht aus einem Gewebe aus recycelten Textilabfällen. Auch beim Färben der Garne geht Ucon Acrobatics einen ressourcenschonenden Weg. Durch das so genannte Spinnfärbeverfahren („Dope Dye“) wird der Wasserverbrauch laut Label um bis zu 90%, der Einsatz von Chemikalien um 80% sowie der Energie- und CO2-Ausstoß um die Hälfte reduziert.

Ab diesem Jahr will Ucon Acrobatics die gesamte Produktion schrittweise umstellen, um alle Produkte kreislauffähig zu machen und mit dem größtmöglichen Anteil an recycelten Textilien herzustellen. „Die Maßnahmen sind in dieser Kombination außergewöhnlich und sehr ambitioniert. Trotz der höheren Produktionskosten wollen wir vorankommen, denn wir sehen in der Kreislaufwirtschaft eine der großen Aufgaben unserer Zeit,“ betont Martin Fussenegger. Die Marke will eine Vorreiterrolle einnehmen und hofft auf Nachahmerinnen und Nachahmer, denn: „Die Industrie muss umdenken – und zwar besser heute als morgen“.

Kristina Arens