„Wir wollen uns nicht runterziehen lassen…“

  /  01.02.2017

Knapp drei Jahre nach ihrem Debütalbum „Howl” sind die Mighty Oaks zurück, mit ihrem neuem Album „Dreamers“ im Gepäck. Zeit für ein Interview über Träume, Verluste, Kinder und darüber, zu versuchen, positiv zu denken.

Mighty Oaks

Showcase der Mighty Oaks im Lido in Berlin

v.li.: Craig Saunders, Ian Hooper, Redakteurin Kristina Arens und Claudio Donzelli

Ian Hooper, Claudio Donzelli und Craig Saunders – kurz: die Mighty Oaks – veröffentlichen am 24. März 2017 ihre zweites Album „Dreamers“. Im Interview in Berlin, der Wahlheimat der drei sympathischen Herren, verraten sie, wie sich Bandmitglied und Vater sein vereinen lässt, warum der Druck bei dieser Platte ziemlich hoch ist und wie sie mit Tiefschlägen umgehen.

Vor einer Woche standet ihr in Wien nach 16 Monaten zum ersten Mal wieder auf der Bühne, gestern war Berlin an der Reihe, Ian, du hattest gestern beim Konzert erwähnt, dass Wien weniger gut gelaufen ist? Was war los?

Ian: „Wir haben dort erst um halb 2 nachts gespielt, in einer Brauerei, hatten ziemliche Probleme mit dem Sound und die Zeit ist auch eher etwas für DJs als für uns als Band (lacht). Das Publikum war bis dahin teilweise hackedicht… Gestern hier in Berlin war‘s dann zum Glück top, wir mögen das Lido als Location und das Publikum war super!“

Nachdem ihr zwei Jahre sehr viel auf Tour wart, habt ihr eine Auszeit genommen, eurer Wahlheimat Berlin den Rücken gekehrt und seid in eure Heimatländer – England, Italien und die USA – gereist…


Ian: „Genau, wir haben aber ziemlich zügig damit angefangen, an dem neuen Album zu arbeiten, weil wir wussten, dass wir dafür recht lange brauchen werden. Die zweite Platte ist speziell, da muss man sich Zeit nehmen und sie besonders gut machen. Und es hat auch schnell wieder gekribbelt – nachdem wir so lange mit dem ersten Album auf Tour waren, hatten wir Lust auf neue Songs!“

In der Pressebeschreibung zu eurem zweiten Album „Dreamers“ steht, dass ihr „ein Herz für Menschen habt, die sich selbst erlauben zu träumen und diese Träume auch verfolgen“. Was sind denn eure Träume?

Ian: „Gesund zu bleiben!“

Craig: „Und das weitermachen zu können, was wir jetzt machen! Wir hoffen noch viele Jahre, das wäre super!“

Ian, den Song „The great unknown“ hast du geschrieben, kurz bevor letztes Jahr dein Sohn geboren wurde. Es geht darin auch um Vorbilder. Bist du ein gutes Vorbild?

Ian: „Ich tue mein Bestes und versuche, für ihn da zu sein! Aktuell ist er aber noch so klein, dass meine Frau, seine Mutter, wichtiger für ihn ist als ich… Aber ja, ich denke schon mehr darüber nach, wie ich mich verantwortungsbewusst verhalte und darauf,  wie ich mich auch anderen gegenüber verhalte und ich hoffe einfach, dass das reicht und er mal gute Charaktereigenschaften entwickelt (lacht). Ich weiß noch gar nicht, wie es sein wird, wenn wir länger auf Tour sein werden, aber das gehört zu unserem Leben dazu und Craig hat ja schon zwei Kinder, das klappt auch...“

Craig: „Richtig. Und irgendwann kommen sie dann mit zu den Konzerten, noch sind sie mit vier und sieben Jahren aber etwas zu jung. Wobei mein Sohn, der ältere, schon mal mit auf einem Festival war – da haben wir ihn kurz auf die Bühne geholt, das fand er super, er hat kurz ‚Hallo‘ ins Mikro gesagt und Tausende Leute haben gejubelt.“

In eurer ersten Single „Be with you always“ aus dem neuen Album gibt es die Zeile „I‘ve seen so much in my life, brightest dawn and darkest night”. Auf welche besonders dunklen oder schönen Erlebnisse bezieht sie dieser Part? 


Ian: „Also generell haben wir schon alle ein ziemlich gutes Leben! Aber der Tod meiner Mutter vor jetzt fast fünf Jahren war zum Beispiel ein ziemlicher Tiefpunkt, es war sehr krass, jemanden zu verlieren, der einem so nahe steht. Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern und habe meine Mutter sehr geliebt, das war hart. Dadurch habe ich aber auch sehr viel gelernt, darüber, was wirklich wichtig ist im Leben. Man weiß die Menschen dann noch mal anders zu schätzen, die Freunde, die Familie…“

Craig: „Ich habe letztes Jahr meinen Vater verloren, das war einer meiner Tiefpunkte. Selber Kinder zu kriegen, selber ein Elternteil zu werden – das war eines der schönsten Erlebnisse.“

Ian: „Man durchlebt immer mal wieder kurze, härtere Zeiten, aber im Vergleich zu vielen anderen, denen es viel schlechter geht, ist das meist nichts, was man nicht wieder hinbekommt. ‚Heart aches, heart breakes‘, das gehört dazu.“

Auf Instagram habt ihr euren Fans gedankt und dazu geschrieben, dass es ein ziemlicher Druck ist, sie nicht zu enttäuschen. Wovor habt ihr denn am meisten Angst?

Ian: „Dass die Leute zu einer unserer Shows kommen und sagen ‚Hmmm, das erste Album war aber viel besser‘. Das kommt sicherlich vor, man kann nie alle Leute glücklich machen, aber wir hoffen natürlich, dass es möglichst wenige sind, die so denken. Bei der ersten Platte ist man noch wesentlich unbedarfter, man macht einfach…“

2016 war grundsächlich kein gutes Jahr – Ian, du hattest Neujahr gepostet, dass du trotzdem sehr dankbar bist, weil das Jahr privat sehr schön war: Hochzeit, Baby, Album… Du hast den Post mit den Worten „even if it gets worse first, things will get better“ beendet.  Fällt es euch trotzdem manchmal schwer, an diesem Glauben festzuhalten?

Craig: „Es gibt natürlich immer Tage, an denen es schwieriger ist, positiv zu denken, besonders wenn man sich die Welt gerade anschaut, aber wir versuchen trotzdem, optimistisch zu sein.“

Ian: „Wir wollen uns nicht runterziehen lassen und uns auch auf die vielen schönen Sachen, dann eher im privaten Bereich, konzentrieren. Wir haben es gut und das wissen wir in Zeiten wie diesen besonders zu schätzen! Wir haben unsere Familie, unsere Freunde, die uns glücklich machen und das sollte man trotz allem genießen.“

Claudio: „Musik machen hilft uns auch sehr. Kunst entsteht häufig durch Negatives, im Paradies gibt es keine Kunst… Diese Spannungen, die jeden Tag auf einen einprasseln, versucht man in Musik zu übersetzen und zu verarbeiten.“

Im Song „Look inside“ geht es auch darum, Hass und Angst mit Liebe zu entgegnen. Wie wichtig ist es euch denn, als Band eventuell auch politisch Statements zu setzen?

Ian: „Ich glaube, das können wir besser, wenn wir mit anderen Menschen darüber reden, innerhalb von dreieinhalb Minuten Songlänge fällt uns das eher schwer. Gesellschaftskritische oder politische Lieder werden vielleicht irgendwann kommen, aber gerade bei dieser Platte hat es sich noch nicht ergeben. Man muss sich dann ja auch fragen, wo fängt man überhaupt an, bei welchem Thema? Trump ist ein Arschloch, Syrien… Es passiert so viel Schlimmes. Damals, als wir die Platte geschrieben haben, war Trump aber beispielsweise noch nicht im Amt und ich habe auch nicht geglaubt, dass es dazu kommt…“

Es gibt ja auch ein paar Lieder von euch, die von Freunden oder Familie handeln, wie „Burn“ auf dem neuen Album. Wie fallen denn da die Reaktionen aus?


Ian: „Manchmal ist denjenigen im ersten Moment gar nicht klar, dass es um sie geht und irgendwann kommt dann ‚Das kommt mir doch bekannt vor‘ (lacht). ‚Brother‘ zum Beispiel habe ich über meinen besten Kumpel und unsere Zeit zusammen geschrieben, den habe ich vorher auch nicht gefragt, was er davon hält, er war dann aber mega stolz, als er es erfahren hat.“

Passend zum Abschluss eine letzte Frage zum Song „Raise your glass“: Dieser handelt davon, dass wir so jung nicht mehr zusammen kommen und ist sozusagen eine Ode an den Moment. Verändert sich die Einstellung, für den Moment zu leben, wenn man Vater wird?

Craig: „Man muss schon zwangsläufig mehr planen, man möchte sein Kind beschützen, immer für ihn oder sie da sein und man hat schließlich nur eine begrenzte Zeit…“

Claudio: „Stimmt, du hast mal gesagt, dass dir irgendwann erst richtig bewusst geworden ist, dass Kinder so schnell groß werden und diese Zeit einfach nie wieder kommt.“

Craig: „Und deshalb versucht man, gesund zu bleiben, fit zu sein fürs Kind, das wird dann wichtiger als trinken und einen drauf machen…“

Ian: „Außer auf Tour (lacht).“

Viel Erfolg weiterhin und besten Dank für das Interview!

Kristina Arens