„Wir waren sehr erfolgsbegierig…”

  /  12.05.2017

Am 12. Mai 2017 beginnen für Mando Diao „Good Times” – so heißt das achte Album der Band. Björn Dixgård, Carl-Johan Fogelklou und Jens Siverstedt verraten im Interview, warum damit ein neues Kapitel beginnt und sprechen übers Feiern, Yoga und ihre verrückte Seite.

Mando Diao

Mando Diao-Konzert in Berlin

Redakteurin Kristina Arens mit Björn Dixgård, Carl-Johan Fogelklou und Jens Siverstedt

Das neue und achte Mando Diao-Album „Good Times” erscheint am 12. Mai 2017 und ist in gewisser Weise das „Zurück in die Zukunft“-Album der schwedischen Band; ein Album, das das Ende des einen und den Beginn eines neuen Kapitels markiert. Nach 19 Jahren hatte Sänger und Gitarrist Gustaf Norén die Band 2015 verlassen, die Frage nach einer möglichen Auflösung blieb aber ein theoretisches Gedankenspiel. Der neue Gitarrist Jens Siverstedt war bald gefunden und er sowie Leadsänger Björn Dixgård und Bassist Carl-Johan Fogelklou sprechen im Interview in Berlin über „Good times”, Diskussionen, Freundschaft und ihre Vorliebe fürs Feiern.

Euer neues Album ist das erste, für das ihr alle gemeinsam die Songs geschrieben habt. War es schwer für dich, Björn, Teile der Verantwortung abzugeben?

Björn: „Nein, gar nicht! Diesmal sollte jeder so viel involviert werden wie möglich! Während der letzten Jahre haben die anderen nach und nach selbst immer mehr Songs geschrieben, Jens schreibt sowieso schon sein ganzes Leben… Es war ein ganz natürlicher Prozess, der ziemlich gut war für unsere Chemie.“

CJ: „Ich habe vor sieben Jahren damit angefangen, regelmäßiger selbst zu schreiben, angefangen mit ein paar ziemlich schlechten Songs, die ich erst loswerden musste (lacht). Irgendwann hat Björn mich angerufen und gefragt, ob ich nach Stockholm kommen will, um mit ihm und seiner Schwester zu arbeiten, das habe ich gemacht und wir haben den Song ‚Money‘ geschrieben, der auch auf dem neuen Album ist. Das war das erste Mal, dass wir gemeinsam ein Lied geschrieben haben.“

Wie kann man sich das Prozedere vorstellen? Schreibt erstmal jeder für sich? Oder setzt ihr euch alle zusammen hin und werft Ideen in den Raum?

Björn: „Das variiert, manche Songs sind von einem Einzelnen, manche haben wir zusammen geschrieben. Manchmal spürt jemand einen Beat oder hat eine Melodie im Kopf und dann überlegen wir gemeinsam, was man daraus machen kann.“

Jens: „Es gibt kein Rezept, manchmal muss man die Lyrics 1.000 Mal ändern, manchmal entsteht ein Lied in 30 Minuten, das ist das Schöne am Schreiben. Die Ideen können überall entstehen, auch mal auf der Tanzfläche im Club…“

Das habe ich gelesen, die Idee für eines eurer neuen Lieder entstand in einem Berliner Club?

Björn: „Genau, ‚All the things‘ war das, ich weiß aber leider gar nicht mehr, in welchem Club das war, wir waren hier schon überall (lacht), wir lieben die Berliner Clubs! Berghain, Kater Blau, Wilde Renate, Suicide Circus manchmal…

[Es folgt eine Diskussion über die Berliner Clubkultur, alle Clubs haben die Herren dann doch noch nicht von innen gesehen…]

Zurück zum neuen Album – die Platte heißt „Good times”, inklusive einem Bild vom Paradies auf dem Cover. Spiegelt das eure harmonische Zusammenarbeit am Album wider? Ist der Titel nicht auch etwas ironisch im Hinblick auf die aktuellen Weltgeschehnisse?

Jens: „Es gab schon auch mal Konflikte – oder eher Diskussionen – von der guten Art… Wir waren uns über die Grundstimmung und den Grundsound sehr schnell einig, das hat es so leicht gemacht.“

Björn: „In der Vergangenheit gab es viel mehr Streitereien, wir haben zwar gute Musik gemacht, aber der Weg dahin war schwieriger. Dieses Mal hatten wir die Regel, alles auszuprobieren, wirklich alles, jeden Vorschlag von jedem Einzelnen. Man durfte nicht ‚Nein‘ sagen.“

CJ: „Erst recht nicht zum Leadsänger (lacht).“

Jens: „Zum Titel – ja, er ist schon auch etwas ironisch, es ist eine beschissene Welt gerade, wir wollen aber, oder gerade deshalb, irgendwie trotzdem für ‚Good times‘ sorgen.“

Björn: „Es ist eigentlich ganz einfach: Wir wollen positive Stimmung verbreiten. Es ist so leicht, sich auf das Negative zu konzentrieren. Wenn man sich Magazine und Zeitungen anschaut, sind sie voll von negativen Headlines. Unser Albumtitel ist einfach ein bisschen naiv. Wenn man sich den Song dazu anhört, merkt man schnell, dass dieser dann wieder alles andere als ein ‚Happy Song‘ ist.“

Zum Thema happy… Vor zwei Jahren hat Gustaf Norén die Band verlassen. Die Entscheidung, trotzdem als Band weiterzumachen, ist euch aber sehr leicht gefallen, habe ich gelesen. Warum?

Björn: „Wir haben als Band immer schon eher für den Moment gelebt; Kinder können das ziemlich gut, als Erwachsener fällt es einem schon schwerer. Als Gustaf gegangen ist, haben wir auch erstmal nur an den Moment gedacht, wir waren noch für viele Auftritte gebucht, haben dann bei den Veranstaltern gefragt, ob wir trotzdem kommen sollten – und wir sollten. So ging es dann weiter, Jens kam neu dazu…“

CJ: „Wir hatten nicht die Endstation erreicht, sondern nur einen Zwischenstopp gemacht. Nach drei bis vier Auftritten haben wir über die Zukunft gesprochen…“

Björn: „Es ist natürlich hart, gerade wenn ein Sänger geht, aber es war auch erleichternd, es passte ja schon etwas länger nicht mehr, Gustaf hatte keine Lust mehr, das zu machen, was wir gemacht haben, das merkt man natürlich.“

CJ: „Wir haben uns dann aber gefragt: Warum aufhören, das zu machen, was wir lieben?“

Ihr habt nach seinem Ausstieg viel über Beziehungen und Freundschaft nachgedacht, mit welchem Resultat?

Björn: „Ich glaube, das macht man sein ganzes Leben lang… Es gibt immer Break-ups oder Schwierigkeiten in egal welchen Beziehungen. Man lernt andere Freundschaften durch so einen Cut aber schon noch mal mehr zu schätzen!“

Jens: „Für mich war es super easy, mich in die Gruppe einzufinden und von dem Moment an, als ich dazu kam, bis jetzt, habe ich das Gefühl, man wächst stetig weiter zusammen. Das Schöne an Mando Diao ist, dass wir zwar gemeinsam Musik machen, dass das aber gar nicht der Fokus ist. In erster Linie sind wir als Freunde unterwegs, überlegen, wo wir abends essen oder feiern gehen. Wie gestern in Hamburg, man sieht sich wieder, trinkt das erste Bier vor der Show zusammen…“

CJ: „Der erste Tag, wenn wir uns wiedersehen, ist immer gefährlich (lacht).“

In Hamburg wart ihr beim Influencer-Award des Webshops About you. Kanntet ihr den Online-Store vorher? Und die so genannten Influencer, die einen Award bekommen haben?

Björn: „Ähmmm nein (lacht). Es waren aber super nette Leute da, wir haben nach unserem Auftritt noch die ganze Nacht gefeiert…”

Jens: „Und ich habe eine neue Jacke bekommen. Super shiny…”

CJ: „Ich auch!“

Björn: „In euren gleichen Jacken seht ihr ein bisschen aus wie die Blues Brothers, aber up-to-date (lacht)…“

Seid ihr denn Fashion-affin?

Jens: „In dem Sinne, dass man mit seinen Klamotten seine Persönlichkeit ausdrückt, ja. Fashion macht Spaß, genau wie Musik.“

Björn: „Man schaut schon, wie man rüber kommt, das ist uns wichtig, aber nicht in Bezug auf Trends oder ähnlichem…“

Ich habe vor ein paar Tagen auf Facebook euer Live Q&A gesehen… 

Björn: „Oh ok, ja, wir waren etwas übermüdet (lacht)…“

Jemand hat während des Q&As nach verrückten Momenten auf Tour gefragt, eure Antwort steht noch aus…

Björn: „Es gab schlimme Momente wie der, als wir mit unserem Bus einen Unfall hatten, CJ hätte dabei tatsächlich sterben können…“

CJ: „Das war vor vier, fünf Jahren in Budapest, da sind wir mit dem Bus in eine riesige Metallkonstruktion gefahren, ich habe vorne geschlafen und ein Teil von diesem Gerüst ist nur knapp neben mir gelandet. Ich habe noch eine Narbe an der Hand, aber sonst ist zum Glück alles gut gegangen! Strange war noch, als wir zum zweiten Mal in Japan waren, auf einem Indoor-Festival, bei dem es erst hieß, dass 500 Zuschauer kommen werden, dann hieß es, man habe sich vertan, es seien 5.000. Wir sind also auf die Bühne gegangen – und es war Totenstille! Nicht ein Geräusch war zu hören! Und wir dachten ‚Jetzt waren wir 14 Stunden im Flieger nach Tokio und spielen hier für niemanden‘. Dann ging plötzlich das Licht an und man sah die Leute, die auf einmal ausgerastet sind! In Japan sind die Menschen einfach so höflich, dass niemand vorher einen Laut von sich gegeben hat, alle warten ab, bis es tatsächlich losgeht. Es waren im Endeffekt sogar 10.000 Menschen da, weil das Venue überbucht war, wir mussten dann irgendwann aufhören zu spielen, weil es einfach zu gefährlich wurde…“

Björn: „Das war wirklich krass! Während der Songs gehen dort alle ziemlich ab, aber zwischendurch sind sie so leise und möchten hören, was man sagt, verrückt!“

Apropos verrückt: CJ, du hast kürzlich gesagt, dass du auf der Bühne der Verrückte und abseits der Bühne eher zurückhaltend bist. Wie ist das bei euch, Björn und Jens?

Björn: „Die Bühne hat immer ein bisschen was von Theater, man spielt eine bisschen eine Art Rolle…“

Jens: „Ich würde sagen, man lebt eine andere Seite von sich aus; seine verrückte Seite…“

CJ, du hast außerdem mal gesagt, dass man mit 20 Jahren zu vielem ‚Ja’ sagt, zu was würdet ihr denn mittlerweile – in euren 30ern – nicht mehr ‚Ja‘ sagen?


CJ: „Ich würde keinen komischen politischen Bewegungen mehr beitreten. An sich sind wir aber sehr offen, viel offener als früher.“

Björn: „Früher waren wir sehr viel mehr auf Erfolg bedacht, irgendwann realisiert man dann aber, dass Erfolg natürlich gut ist, aber Musik überhaupt machen zu können, das tun zu können, was einem Spaß macht, noch viel wichtiger ist.“

Und was macht euch sonst noch Spaß? Was macht ihr, um mal runterzukommen? Yoga zum Beispiel, habe ich gelesen?

CJ: „Ja, das mache ich jetzt seit ungefähr einem Jahr, man fängt sehr langsam an, dann wird es intensiv und dann schläft man einfach ein…“

Jens: „Klingt ein bisschen wie beim Sex (lacht).“

Björn: „Ich verbringe viel Zeit mit der Familie…“

Jens: „Ich koche ziemlich gerne, das ist wie Therapie für mich. Die Zeit zu haben, ein Dinner für Freunde zuzubereiten, ist echter Luxus für mich.“

Was können wir von eurer bevorstehenden Tour erwarten?

Björn: „Ganz einfach: Wir wollen die Party auf die Bühne bringen!“

CJ: „Und wir freuen uns sehr, mal wieder eine eigene Tour zu machen, Festivals – die im Sommer anstehen – machen auch immer Spaß, aber bei eigenen Konzerten kann man so viel mehr selbst entscheiden. Und wir freuen uns natürlich, endlich unsere neuen Songs spielen zu können!“

…und nicht mehr nur darüber zu reden… Viel Erfolg und vielen Dank fürs Interview!

Kristina Arens