„Ob ich immer die besten Entscheidungen getroffen habe…“

  /  08.10.2018

Am 25. Oktober startet mit „Intrigo – Tod eines Autors“ der erste Teil der Trilogie nach den „Intrigo“-Romanen in den Kinos. Benno Fürmann spielt eine der Hauptrollen und spricht im Interview über seine Beziehung zu Ben Kingsley, falsche Entscheidungen und Einsamkeit. Außerdem könnt ihr Tickets gewinnen!

Benno Fürmann

Ben Kingsley

Redakteurin Kristina Arens mit Benno Fürmann

Benno Fürmann spielt im neuen Film „Intrigo – Tod eines Autors“ von Daniel Alfredson, nach den Erzählungen von Håkan Nesser, den Übersetzer David Moerk, der ein Manuskript des Schriftstellers Germund Rein übersetzen soll. David macht sich an die Arbeit und stellt schnell fest, dass sich Rein offenbar umgebracht hat. Außerdem entdeckt er unheimliche Parallelen zu seinem eigenen Leben, darunter auch zu seiner verschwundenen Frau Eva… Im Interview verrät der 46-Jährige, warum er und Ben Kingsley sich außerhalb des Drehs aus dem Weg gegangen sind, wann er durchdrehen würde und warum es ihm schwer fällt, abends nicht um die Häuser zu ziehen.

Benno, bist du selbst Krimi-Fan?

„Eigentlich überhaupt nicht. Ich kann mich erinnern, dass ich mich bei einer Lesung auch schon mal richtig geärgert habe, das passiert mir eigentlich selten. Aus irgendeinem Grund kam das Buch vorher nicht rechtzeitig zu mir – dann sitze ich auf der Bühne und lese von irgendeiner gefolterten Frau und anderen kranken Sachen… Und ich dachte nur ‚Was hast du für Probleme, warum schreibst du sowas?!‘ Und warum muss ich Idiot, weil ich das Kleingedruckte nicht gelesen habe, das jetzt auch noch vortragen? Ich nenne nun aber weder den Buch- noch den Autornamen (lacht). Von Håkan Nesser habe ich das erste Werk dann tatsächlich auch erst in Drehbuchform gelesen. Und war begeistert!“

Die Erzählweise des Films ist sehr unaufgeregt, selbst bei den dramatischsten Momenten. Trotzdem schafft er es, Spannung aufzubauen. Ist dir das schon beim Drehbuch lesen aufgefallen?

„Ja, Daniel Alfredson ist ja Schwede und die neigen sowieso nicht dazu, Sachen zu laut, zu grell oder auf einen billigen Effekt hin zu inszenieren, das mag ich schon sehr. Er hatte die Idee, hat sich mit Håkan Nesser, ebenfalls Schwede, zusammengesetzt, dann kam noch Daniels Lebensgefährtin dazu und die haben das Ganze als Drehbuch adaptiert. Daniel war ein hervorragendes Gegenüber für mich – weil er Intellektualität hat, weil er jederzeit ansprechbar war, dadurch, dass er das Drehbuch geschrieben hat, und eben weil ich die Art der Schweden sowieso sehr mag.“

Wie war es, mit Ben Kingsley zu drehen, der ebenfalls eine Hauptrolle spielt?

„Mit Ben Kingsley war das Interessante, dass ich überhaupt nicht weiß, wie er wäre, wenn ich mit ihm ein Bier trinken würde, ob wir uns da so viel zu sagen hätten. Ich glaube, er und ich haben es genossen, uns zur Probe vor der Kamera zu treffen, um zu gucken, wie wir eine Szene spielen und uns danach wieder in unsere Garderoben zurück zu ziehen. Die Summe unserer privaten Sätze war zum Glück sehr gering. Nicht, weil ich ihn so blöd finde, sondern weil der Film davon lebt, dass unsere beiden Figuren sich nicht greifen können. Und je weniger du weißt, desto leichter ist es, sowas zu spielen.“

Wie hast, durftest oder musstest du Sir Ben Kingsley ansprechen? [Im Jahr 2000 wurde er zum Commander of the Order of the British Empire ernannt und 2001 von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen.]

(Lacht) Nachdem wir in Belgrad schon drei Wochen gedreht hatten, meinte ich zum Produzenten beim Frühstück: ‚You don’t really call him Sir Ben, do you?‘. Und er: ‚I guess so!‘. Also Sir Ben Kingsley will Sir Ben Kingsley genannt werden und so befremdlich ich das finde, so sehr bin ich ein Fan von unterschiedlichen Lebensentwürfen und gewähre das natürlich einem Mann über 70 und einem verdienten Schauspieler. Es fiel mir allerdings schwer, bei dieser Sir-Linie zu bleiben. Ich glaube, er hat das mal so begründet, dass er von der Queen die Anerkennung bekommen hat, die er von seinen Eltern nie bekommen hat, das ist eine ehrliche Aussage.“ 

Du hast in einem Interview mal gesagt, dass es „Spaß macht, Dinge im Film zu tun, die privat verboten sind, doch vor allem ist es reizvoll, eine vielschichtige Person zu spielen“ – inwiefern trifft das bei diesem Film zu?

„Naja, ich versuche in diesem Film, meine Frau zu töten – ich muss kurz nachdenken (lacht). Spaß macht es, an Grenzbereiche zu gehen. In diesem Film musste ich eine Empathie mit jemandem aufbauen, der nicht im Affekt direkte Gewalt ausübt, sondern viel subtiler vorgeht, so dass diese Person zu Schaden kommen könnte, aber nicht müsste. Gewissermaßen ist es ihre Entscheidung, von der sie allerdings nicht weiß, dass sie sie treffen kann. Und das finde ich so perfide: Es ist kein Mord aus Leidenschaft, zu dem man dann steht... Ich habe es, glaube ich, genossen, einen Menschen zu zeigen, der in einer Situation ein Depp ist und dann den Rest seines Lebens dafür bezahlt. So wie wir alle unsere Handlungen und Entscheidungen in die Welt tragen, nicht nur direkt, sondern auch indirekt.“

Bist du denn jemand, der Entscheidungen bereut oder sagst du dir eher, das war die beste Entscheidung, die ich in dem Moment treffen konnte, auch wenn die Konsequenzen negativ waren?

„Ich habe Entscheidungen getroffen, aber ob das immer die besten waren, die ich hätte treffen können, bezweifle ich (lacht). Aber ich hätte manche Erkenntnisse nicht, wenn ich bestimmte Dinge nicht erlebt hätte, deshalb denke und hoffe ich, durch alle Entscheidungen etwas weiser geworden zu sein; sie gehören alle zu mir.“ 

Wo wurde der Film gedreht – und wäre diese Abgeschiedenheit des Hauptdrehorts auch privat etwas für dich?

„In Kroatien. Man hat sehr lange nach einem Küstenstreifen suchen müssen, der das hat, was wir brauchten: ein komplett einsames Haus an der Küste. Wenn ich jetzt in meinem Briefkasten einen Brief entdecken würde mit den Worten ‚Benno, als Dankeschön für die tollen Dreharbeiten möchten wir dir diesen Leuchtturm an der kroatischen Küste schenken, würde ich nicht Nein sagen (lacht). Ich liebe die Einsamkeit, aber immer wieder zurück zu kommen, primär nach Berlin, ist mir schon wichtig, sonst würde ich durchdrehen.“

Blendest du während eines Drehs eigentlich alles andere aus, was um dich herum passiert?

„Schon, ja. Jeder Job kostet Kraft und gerade in Zeiten, in denen die Nachrichtenlage selten erfreulich ist, in denen wir Psychopaten da haben, wo eigentlich Politiker sein sollten, muss man filtern. Ich bin ein sensibler Mensch und muss dann auf mich achten. Zu meinem Beruf gehört es auch dazu, dass ich gut zu mir bin, abends nicht zu viel saufe und mir nicht zu viel Zeug, was mich belastet und ablenkt, zuführe.“

Fällt es dir schwer, abends nicht um die Häuser zu ziehen?

„Ehrlich gesagt ja, weil ich nach jedem intensiven Drehtag immer so ein ‚Schulschlussgefühl‘ habe. Man war froh, raus zu sein, hatte Lust, Blödsinn zu quatschen, nicht intellektuell anwesend sein zu müssen. So ähnlich ist das bei mir nach einem 12 Stunden-Dreh auch, dann habe ich Lust, loszulassen. Und das Loslassen an sich ist schon eine gute Sache, mit einem Glas Wein in der Hand kann die Sache unter Umständen – und das soll jetzt kein Aufruf zum Alkoholmissbrauch sein (lacht) – mindestens genauso viel Spaß machen. Geht dann aber meistens nicht, wenn am nächsten Tag wieder ein 12 Stunden-Dreh geplant ist.“

Wo erholst du dich gerne, wenn ein Dreh abgeschlossen ist?

„In der Stadt eigentlich gar nicht mehr, am Strand kurz und in den Bergen lange. Am liebsten bin ich in der Natur, Menschenansammlungen im Urlaub sind mir total zuwider. Ich entspanne am besten, wenn ich draußen bin, an Orten, die schon da waren, bevor es Städte gab.“

Wenn du die Einsamkeit magst, wie viele Autoren, könntest du dir vorstellen, auch mal etwas zu schreiben?

„Vorstellen ja (lacht). Ich glaube, ich kann Dinge zu Papier bringen, ziehe aber den Hut vor jedem, der es schafft, ein Gesamtwerk so zu zaubern, dass du einen total subjektiven Lebensentwurf liest, der aber so universell ist, dass du dich als Leser in eine andere Welt hinein denken und fühlen kannst. Nach einer guten Lektüre, wie nach einem guten Film, geht man ja ein bisschen klüger heraus, dadurch dass du die Gedanken- und Gefühlswelt einer anderen Person kennengelernt hast. Davon bin ich meilenweit entfernt…“

Und wie sieht‘s bei dir mit Social Media aus? Wie stehst du dazu?   

„Mich nervt oft die Respektlosigkeit von Leuten, die keine Manieren haben und meinen, mich am Hauptbahnhof fotografieren zu können, weil sie ein Handy haben und wir alle ein Riesenselfie sind, wo jeder jederzeit Zugriffsrecht drauf hat. Ich bin Vater einer Tochter, die natürlich auch ein Handy hat. Das konnte ich eine Zeit lang kontrollieren, jetzt wird sie 16 und muss selber wissen, was ihr gut tut und was nicht. Ich bin natürlich auch kein Verweigerer, ich hab das Handy öfter in der Hand, als ich es selber cool fänd und lebe auch unterwegs davon, dass ich zum Beispiel meine E-Mails abrufen kann… Letztes Jahr habe ich mit meiner Tochter eine Safari in Kenia gemacht und der Guide hat ihr einen Ratschlag gegeben: Wenn du den Löwen siehst, mach einmal Fotos und dann pack es weg und guck nur noch den Löwen an – das fand ich klug. Aber die Summen sind schon irre, man sagt, dass wir im Schnitt 400x pro Tag das Handy in die Hand nehmen. 400x! 

Einen Instagram-Account hast du selbst also nicht?

„Ich habe sogar einen, weil ich letztes Jahr mit einem Freund auf den Färöer-Inseln war, der Fotograf und Instagramer ist – ich will nur noch mit Instagramern verreisen, weil es alles umsonst gab (lacht). Er hat mir dann einen Account eingerichtet, auf dem er zwei Fotos gepostet hat und direkt kamen die ganzen Kommentare: ‚Instagram kriegt jeden, jetzt auch Benno Fürmann‘ und ich dachte nur, ‚Neiiiiin, ich will das nicht!‘“

Vielen Dank für das Interview! 


Zum Kinostart verlosen wir 3 exklusive Packages, jeweils bestehend aus 2 Kinotickets, dem Filmplakat und dem Buch zum Film! Schickt uns bis zum 18. Oktober 2018 eine Mail mit dem Betreff „Intrigo“ und eurer Adresse an gewinn@first-blue.de und sagt uns, wo der Film gedreht wurde. Viel Glück!

Kristina Arens