„Manchmal geht’s gut und manchmal nicht…“

  /  05.11.2018

Schauspieler Tom Wlaschiha hat aktuell einige neue Projekte in der Pipeline. Welche das sind, was ihn an ambivalenten Rollen reizt und wann er gerne mal laut wird, verrät er im Interview. Natürlich ebenfalls Thema: „Game of Thrones“!

Tom Wlaschiha

Tom Wlaschiha mit Redakteurin Kristina Arens

Tom Wlaschiha, den meisten sicherlich bekannt als Jaqen H‘ghar aus der Serie „Game of Thrones“, dreht aktuell die zweite Staffel der Amazon Prime-Serie „Tom Clancy‘s Jack Ryan“, für die auch Berlin auf der Liste der Drehorte steht. Im Interview in einem italienischen Restaurant am idyllischen Savignyplatz hat der 45-Jährige verraten, wie man als Schauspieler Durststrecken übersteht, warum Yoga nichts für ihn ist und wieso er als Patenonkel mehr Geduld aufbringt als beim Autofahren. Und um die 2019 erscheinende, achte „Game of Thrones“-Staffel ging es natürlich auch…

Tom, du hast mal gesagt, die nächste Rolle sei immer die wichtigste. Viele Fans würden vermutlich deine Rolle des Jaqen H‘ghar in „Game of Thrones“ als deine wichtigste Rolle sehen. Widersprichst du dem?

„So halb… Die nächste Rolle ist in dem Sinne immer die wichtigste, weil es die ist, an der man gerade arbeitet und mit der man sich gerade beschäftigt.“

Glaubst du, ohne den Bekanntheitsgrad, den du durch „Game of Thrones“ erlangt hast, hättest du manche andere Rollen vielleicht nicht bekommen?

„Ja, definitiv. Ich meine, es ist kein Geheimnis, dass Film und Fernsehen nicht nur Kunst ist, sondern auch ein Geschäft. Da ist es für einen Schauspieler hilfreich, wenn er einen gewissen Bekanntheitsgrad hat. Das macht viele Sachen einfacher, was Rollenangebote betrifft und von daher war ‚Game of Thrones‘ sehr wichtig für mich. Ganz unabhängig davon, dass es eine tolle Produktion ist, die ich auch selber gerne gucke. Aber dieser weltweite Erfolg war ja so nicht von Anfang an absehbar. Ich glaube, nicht mal die Produzenten haben damit gerechnet, dass es so einen Hype um diese Geschichte geben würde. Das war natürlich ein großer Glücksfall für mich.“

Du bist in der kommenden achten und letzten Staffel aber schon auch dabei, oder?

(Schweigen, Grinsen) „Nichts Genaues weiß man nicht.“

Darfst du das wirklich immer noch nicht verraten?

„‚Keine Spoiler‘ ist die erste Regel…“

Du wusstest schon ziemlich früh, dass du Schauspieler werden möchtest, der „Durchbruch“ kam aber nicht sofort – woher hast du die Überzeugung genommen, dass es irgendwann klappt?

„Genau, die Idee, Schauspieler zu werden, hatte ich ziemlich früh, das war aber wirklich nur eine Idee, da wusste ich gar nicht so konkret, was das alles mit sich bringt. Ich wusste aber ganz viele Sachen, die ich nicht machen wollte, das war also eher so eine Art Ausschlussverfahren…“

Was wolltest du denn nicht machen?

„Ich wollte nicht in einem Büro sitzen, ich wollte nicht in einer Fabrik stehen, solche Sachen… Und ich wollte etwas Künstlerisches machen. Eigentlich bin auch sehr froh, wie die Dinge bis jetzt gelaufen sind. Mein Werdegang war recht klassisch, erst Schauspielschule, anschließend mehrere Jahre am Theater, dann habe ich irgendwann angefangen zu drehen, was nicht immer einfach war. Es kamen erst viele kleine Rollen und dann noch kleinere (lacht)… Und wenn man Glück hat, ist irgendwann mal ein bisschen was Größeres dabei. Schauspieler zu sein ist ein Beruf, es geht bei dem Job nicht um Ruhm und Reichtum, wie das in diversen Casting Shows so oft vermittelt wird. Man muss sich bewusst machen, beziehungsweise sich fragen, ob man den Beruf auch machen will, wenn man nicht zu Weltruhm kommt, ob man trotzdem glücklich damit sein kann. Wenn man das mit ‚Ja‘ beantworten kann, dann schafft man es auch, Durststrecken – die bei jedem vorkommen – zu überbrücken.“

Es gab nie einen Plan B?


„Nee, einen richtig guten Plan B hatte ich nie. Und einen schlechten eigentlich auch nicht.“

Wie belastend waren – oder sind – Unsicherheit und Zufall als ständige Begleiter in deinem Beruf?

„Ja, klar, das ist schon belastend. In jedem künstlerischen Beruf ist alles sehr geschmacksabhängig; es gibt nicht DIE Sache, die man machen muss, damit man irgendwohin kommt. Die Grenzen sind fließend, die Geschmäcker unterschiedlich. Es gehört schon auch sehr viel Glück dazu und ich glaube, das Einzige, was man tun kann, ist zu versuchen, offen zu sein und die Möglichkeiten, die sich bieten, zu nutzen.“

Du wurdest in einem Interview mal nach witzigen Geschichten am Set gefragt…

„Ja, das ist meine Hassfrage (lacht)…“

Deshalb stelle ich sie dir auch nicht noch mal, aber wie kann man es sich am Set vorstellen? Nicht unterhaltsam?

„90% der Zeit am Set bestehen tatsächlich einfach aus warten. Da kann die Produktion selbst so spannend sein, wie sie will, es wird auf alle Fälle zwischendurch langweilig. Aber das ist halt einfach so… Man versucht sich also irgendwie die Zeit zu vertreiben…“

Bereitet man sich gedanklich dann nicht schon auf seinen Einsatz vor?

„Wenn ich eine Szene mit drei Seiten Dialog habe, auf jeden Fall (lacht). Aber bei Szenen, bei denen ich auch mal nur im Hintergrund stehe und einmal nicke, für die aber den ganzen Tag gedreht wird, braucht es in den Pausen nicht so wahnsinnig viel Konzentration…“

Dabei hilft es wahrscheinlich nicht, dass du ein ziemlich ungeduldiger Mensch bist – das sagst du zumindest von dir selbst, oder?

„Jaaa! Beim Autofahren! Ich schlage regelmäßig mein Lenkrad, ich schreie auch im Auto… Ich bin schon sehr ungeduldig…“

Nur beim Autofahren?

„Im Leben generell. Yoga wäre zum Beispiel gar nichts für mich, also mal ganz abgesehen davon, dass ich das Bein nicht annähernd dahin kriegen würde, wo es hin soll (lacht).“

Durch Zufall kommt während des Interviews Toms bester Freund und ebenfalls Schauspieler Thomas Scharff am Restaurant vorbei. Seine Meinung zu Toms Ungeduld: „Also er ist der Patenonkel meiner Kinder und seine Geduld mit ihnen bringe ich oft nicht auf! Aber gut, er pickt sich natürlich auch die Rosinen raus, er sieht sie ja nicht jeden Tag…“

Geduld brauchtest du auch für deine „Game of Thrones“-Perücken-Probe, für die du dreimal nach London fliegen musstest. Was war sonst noch überraschend oder beeindruckend beim „Game of Thrones“-Dreh?

„Diese Perückengeschichte ist ein gutes Beispiel dafür, dass bei solchen Riesenproduktionen, die auch ein riesiges Budget haben, auf jedes kleinste Detail extremer Wert gelegt wird. Das erstreckt sich auf alle Bereiche, Kostüm, Maske, Set-Design… Da werden riesige Räume und Säle original aufgebaut und komplett bis ins kleinste Detail ausgestattet, es wird ziemlich wenig mit Green Screens gearbeitet. Aber das ist wirklich eine Budgetfrage – mit viel Geld kann man eben auch viel machen.“   

Und was ist das Besondere an deiner Rolle?

„Eine große Qualität dieser Serie generell ist – und deshalb ist sie auch so erfolgreich –, dass sie wahnsinnig gut geschrieben ist. Die Originalbücher sind sehr gut, die Drehbücher sind sehr gut. Alle Figuren, nicht nur meine, sind sehr ambivalent. Sie haben verschiedene Seiten und sind nicht auf den ersten Blick durchschaubar, das macht es für den Zuschauer spannend. Der Zuschauer will wissen, was passiert und wie es weitergeht, das sind relativ einfache dramaturgische Tricks, sage ich mal, aber man muss eben auch erstmal ein gutes Drehbuch schreiben – das ist auch nicht so einfach.“

Am 23. November startet auf Sky die neue Serie „Das Boot“. Was hat dich an der Serie und an deiner Rolle überzeugt?

„Den Kinofilm kennt ja, glaube ich, fast jeder; er ist einer der wenigen deutschen Kinofilme, die auch international einen Riesenerfolg hatten. Als das Angebot kam, in der Serie mitzuspielen, die keine Neuverfilmung ist, sondern eine neue Interpretation der Originalbücher von Lothar-Günther Buchheim, hatte ich da große Lust drauf – wegen des Vorbilds und weil ich es ziemlich spannend fand, dass es in der Serie noch mehr zu erzählen gibt. Die Serienform erlaubt es uns, ein viel größeres Panorama zu zeigen. Es gibt nicht nur die Geschichte im U-Boot, sondern auch eine Geschichte an Land. Ich bin zum Beispiel fast ausschließlich an Land, darüber war ich ganz froh, weil ich leicht seekrank werde. In La Rochelle in Frankreich muss ich mich als Chef der Gestapo mit der Resistance rumschlagen. Das Ganze ist eine internationale Produktion, mit Schauspielern aus Frankreich, England, Amerika und eben Deutschland. Das finde ich auch immer sehr reizvoll.“

Als Schauspieler bist du auch des Öfteren in Magazinen zu sehen, darunter auch in Modestrecken. Kürzlich habe ich auf Instagram ein Foto gesehen, auf dem du für die GQ in einem ziemlich auffällig-ausgefallenen Versace-Outfit zu sehen bist – findest du das Thema Mode auch reizvoll?

„Ich glaube, privat bin ich eher minimalistisch drauf (lacht). Aber Mode an sich ist auch eine Kunstform und ich kann mich schon daran erfreuen. Ich muss allerdings privat nicht immer die absolute Haute Couture anhaben. Aber auf Events… wobei ich immer mein eigener Stylist bin. Manchmal geht’s gut und manchmal nicht (lacht).“

Wir haben einen kleinen Aufruf gestartet und unsere Leser haben uns Fragen geschickt. Von einer Leserin soll ich dir Glückwünsche ausrichten für „Jack Ryan“ und „Das Boot“ und sie möchte dringend wissen, ob überhaupt und wann deine Filme „Escape to the Sea“ und „Saturday Fiction“ gezeigt werden.

„Danke! Interessante Frage. Das sind zwei Projekte, die schon relativ lange in der Postproduktion sind; das eine ist ein kroatischer Kinofilm, das andere ein chinesischer. ‚Saturday Fiction‘ haben wir Anfang des Jahres gedreht – bei einem Kinofilm dauert es gut mal ein Jahr, bis es soweit ist, weil auch immer erst eine Festival-Auswertung versucht wird. ‚Escape to the sea‘ haben wir letztes Jahr gedreht, und auch der Film ist noch in der Postproduktion. Ich weiß ehrlich gesagt kein Datum, aber früher oder später werden sie kommen…“

Wie gefallen dir die aktuellen Dreharbeiten zur zweiten Staffel der Amazon Prime-Serie „Tom Clancy‘s Jack Ryan“?

„Was ich an ‚Jack Ryan‘ gut finde: Die Action steht im Vordergrund. Außerdem ist die Serie sehr international und spielt in verschiedenen Ländern, auf verschiedenen Kontinenten. Das ist der Faktor, der mir dabei am meisten Spaß macht. Unabhängig davon, dass es tolle Regisseure und Kollegen sind, mit denen es großen Spaß macht, zu drehen.“

Welcher tote „Game of Thrones“-Charakter soll wiederkommen?

„Ich persönlich bin ein großer Fan der ‚Badies‘, von daher würde ich, ohne zu zögern, Geoffrey und Ramsay Bolton zurückbringen, um den Laden mal wieder ein bisschen aufzumischen.“

Wenn würdest du am liebsten auf dem „Eisernen Thron“ sehen?

„Ich weiß, wie es ausgeht, von daher enthalte ich mich…“

Arya hat in der Serie ihre persönliche „Abschussliste“ – hast du selbst eine?

„Es gibt eine private Abschussliste, aber ich hatte bisher noch keine Zeit, die in die Tat umzusetzen – und ich werde auch keine Namen nennen (lacht).“

Deine „Game of Thrones“-Figur kann verschiedene Gesichter annehmen – welches würdest du im echten Leben gerne mal annehmen?

„Ich bin eigentlich mit meinem ganz zufrieden (lacht).“

Vielen Dank fürs Interview und weiterhin viel Erfolg!

Kristina Arens