„Man sollte alles tun, was man tun kann...“

  /  27.05.2015

Schauspielerin Melissa McCarthy und Regisseur Paul Feig stellten in Berlin ihre Agentenkomödie „Spy – Susan Cooper Undercover“ vor und sprachen im Interview von Balance, ruinierten Takes, Austern, Stunts und Unterschätzung.

Melissa McCarthy und Paul Feig in Berlin

Jason Statham, Melissa McCarthy und Paul Feig

Szenen aus "Spy - Susan Cooper Undercover"

Melissa McCarthy überzeugte in Komödien wie „Brautalarm“ und „Taffe Mädels“, spielt seit 2010 in der TV-Serie „Mike & Molly“ und ist ab dem 4. Juni 2015 in der Agentenkomödie „Spy – Susan Cooper Undercover“ zu sehen. In Berlin verrieten sie und Regisseur, Drehbuchautor sowie Produzent Paul Feig, wie es dazu kam, dass McCarthy zur CIA-Analystin Susan Cooper wurde, die einen gefährlichen Waffenhändler ausspionieren muss, dass Jason Statham in einer Komödie mitspielt und unperfekt manchmal perfekt ist.

„Spy – Susan Cooper Undercover” ist zwar eine Komödie, aber dennoch ein ernst zu nehmender Agentenfilm. Wie schwer war es, die Balance zwischen witzigen und Action-Szenen zu finden?

„Es war mir wichtig, dass der Film nicht wie eine Parodie wirkt; ich wollte nicht von Witz zu Witz springen. Es gibt Filme wie ‚Austin Powers’, bei denen das funktioniert und die ich extrem unterhaltsam finde, aber in diese Richtung wollte ich nicht gehen. Die Balance zu finden war also ziemlich schwer, es geht immer um den Ton. Man läuft schnell Gefahr, dass Szenen albern wirken, etwas Cartoonartiges haben. Wenn man eine witzige Szene aber ernst genug spielt, funktioniert es.“

Wann kam Ihnen das erste Mal die Idee, einen Film in diesem Genre zu machen und wie haben Sie die Schauspieler ausgewählt?

„Ich wollte immer schon einen Agentenfilm drehen, am liebsten natürlich einen James Bond-Streifen, aber wer würde mir das schon erlauben (lacht). Als ‚Skyfall’ in die Kinos kam, habe ich gedacht, dass ich so viele witzige Schauspielerinnen kenne – warum also nicht das Genre mit ihnen angehen? Als letztlich klar war, dass Melissa die Hauptrolle übernimmt, war das wie ein Sechser im Lotto; ich hätte nicht gedacht, dass sie verfügbar ist, habe sie aber immer im Hinterkopf, weil wir schon so oft zusammen gearbeitet haben. Jasons Rolle habe ich direkt auf ihn zugeschnitten. Ich wollte immer schon mal etwas mit ihm machen und wusste spätestens seit den ‚Crank’-Filmen, dass er auch witzig sein kann. Ich habe mich vorher mit ihm getroffen – einfach, weil ich wissen wollte, was er für ein Mensch ist, sympathisch oder gemein (lacht). Zum Glück ist ersteres der Fall. Ich habe so viele Takes von ihm ruiniert, weil ich im Hintergrund lachen musste.“ 

Neben Jason, mit wem wollten Sie außerdem immer schon zusammenarbeiten?

„Da gibt es unendlich viele! Ich liebe es, herauszufinden, wie man einen Schauspieler in eine Komödie packen und dafür sorgen kann, dass er witzig wird. Ich traue mich gar nicht, Namen zu nennen, nicht, dass ich jemanden ausschließe… Alle sind willkommen (lacht).“

Mit Melissa haben Sie für „Spy“ bereits zum dritten Mal zusammengearbeitet, mit „Ghostbusters“ folgt Runde Vier. Hat sie sich verändert und was macht Ihre Connection aus?

„Sie hat sich als Person gar nicht verändert, das ist das Tolle an ihr. Menschen, die schon lange in dem Business sind, bevor sich der wirklich große Erfolg einstellt, sind dann auch bereit dafür und wissen ihn zu schätzen. Steve Carrell beispielsweise ist auch so jemand.“

Sie legen viel Wert darauf, Frauen in Ihren Filmen in den Vordergrund zu stellen…

„‚Brautalarm’ war vielleicht einer der ersten Filme, der gezeigt hat, dass ein Movie, in dem der Fokus auf einer Gruppe Frauen liegt, auch ein großes Publikum anziehen kann. Sonst hat man meist Romantic Comedys oder Chick Flicks, in denen die Männer die guten Rollen haben. Das möchte ich gerne ändern und Hollywood öffnet sich dem auch langsam.“

Als Sie verkündet haben, ein Remake von „Ghostbusters“ mit Frauen zu drehen, gab es viel Kritik…

„Überraschenderweise ja! Das ist im Internet häufig so: Erst ist die Begeisterung groß und nach und nach wird dann die Welle der Kritik immer größer. Manche sind einfach sauer, dass ich das Original damit angehe, wir es rebooten. Das ist okay. Was ich aber nicht verstehen kann, sind diejenigen, die sagen „Wie können Sie das nur mit Frauen machen?!’, ‚Wie können Sie Girlbusters drehen?!’. Da frage ich mich doch ‚Sind wir fünf Jahre alt oder was ist da los?’“

Sie waren früher auch vor der Kamera zu sehen, unter anderem als Lehrer in „Sabrina – Total verhext“. Wollen Sie noch mal in die Rolle des Schauspielers schlüpfen?

„In ‚Spy’ bin ich sogar kurz von hinten zu sehen, als der betrunkene Mann, der vor die Wand läuft – irgendwie finde ich also immer noch meinen Weg vor die Kamera (lacht). Dahinter bin ich aber wesentlich glücklicher.“

----------------------------

Melissa, Paul hat gerade gesagt, dass Sie der Erfolg nicht verändert hat. Wie schaffen Sie es, auf dem Boden zu bleiben?

„Vor meinem ersten richtigen Schauspieljob hatte ich zehn Jahre lang zig verschiedene andere neben der Schauspielerei, um Geld zu verdienen. Wenn man dann endlich so eine tolle Möglichkeit bekommt, weiß man das zu schätzen. Ich bin nicht mehr 19, bin verheiratet, habe zwei tolle Kinder und arbeite mit Menschen, die ich wirklich mag. Mit Paul, mit meinem Mann... Es ist ein echtes Privileg, dass ich von meinem Beruf als Schauspielerin leben und mir mittlerweile die Rollen sogar aussuchen kann.“

Welche Nebenjobs hatten Sie denn?

„Ich habe mal Austern geknackt, danach dachte ich, ich muss ins Krankenhaus (lacht). Im Telemarketing war ich auch: Wir saßen zu siebt in einem Raum, bekamen Telefonbücher und sollten Photo Packages zu verkaufen – die natürlich kein Mensch haben wollte. Ich habe immer gerne gebabysittet, in gefühlt 9 Mio. Restaurants gekellnert…“

Sie haben Ihren Traum, Schauspielerin zu werden, aber immer verfolgt – im Vergleich zu Ihrer Rolle der Susan Cooper, der von ihrer Mutter immer gesagt wurde, sie würde es sowieso nicht schaffen…

„Deshalb mag ich die Rolle so gerne: Susan wurde immer unterschätzt und das geht sicherlich vielen Menschen so…“

Ihnen auch?

„Klar, ich bin Schauspielerin (lacht).“

Sie haben sieben Jahre bei „Gilmore Girls“ mitgespielt. Welchen Einfluss hat(te) diese Zeit auf Sie?

„Ich liebe diesen Charakter. Die Figur der Suki war mein erster Job – den ich dann direkt sieben Jahre lang hatte, das war so unwirklich damals. Die Rolle war eine große Herausforderung, weil wir extrem viel Text hatten, der Wort für Wort ganz exakt wiedergegeben werden musste. Manchmal haben wir morgens kurz vor Drehbeginn noch einen Zwei-Seiten-Monolog bekommen, das war schon eine wirklich gute ‚Ausbildung’. Ich bin mittlerweile aber sehr fürs Improvisieren, weil es einfach echter ist, natürlicher und spontaner.“

„Mike und Molly“ läuft ebenfalls schon ziemlich lange – wie bekommt man eine regelmäßige TV-Serie mit einer Filmkarriere unter einen Hut?

„Ja, wir gehen bald schon in die sechste Staffel! Die Macher waren wirklich sehr entgegenkommend, mein Mann Ben und ich haben vor kurzem mit unserer eigenen Produktionsfirma unseren zweiten Film beendet, ‚Michelle Darnell’. Dann kam auch noch ‚Ghostbusters’ dazwischen und wir haben ‚Mike und Molly’ einen weiteren Monat nach hinten verschoben. Aber ich liebe die Serie und beim Dreh bin ich in der Heimat. Bei Filmen reist man so viel… Wir sind wie eine Zirkusfamilie, die Kids und Ben sind immer dabei, nur unser Hund bleibt Zuhause, sie ist zu alt.“

Apropos Zirkus, Sie haben in „Spy“ einen Großteil der Stunts selbst gemacht, hingen am Helikopter… 

„Ich glaube daran, dass man alles, was man tun kann, auch tun sollte, auch wenn es nicht perfekt ist. So war es bei den Stunt-Szenen. Die Figur der Susan ist 20 Jahre aus der Übung gewesen; vor 20 Jahren konnte ich auch noch einen dreifachen Flickflack rückwärts, heute nicht mehr (lacht). Ich habe also in L.A. einige Monate trainiert und mein Level passte letztlich zu dem, auf dem Susan ist.“

Wie war der Dreh mit Jason Statham? Er ist ja weniger für seinen Witz bekannt.

„Wenn ich Szenen mit Jason hatte und er on- und ich off camera war, musste ich mich manchmal umdrehen, um nicht zu lachen – ich weiß, extrem unprofessionell von mir, ihn zu meinem Hinterkopf sprechen zu lassen, aber es ging einfach nicht anders (lacht). Er hat das Ganze so ernst und trocken rübergebracht… Ich würde gerne noch mal mit ihm arbeiten!“

Wer oder was bringt Sie – neben Jason – privat zum Lachen?

„Meine Kinder. Und alles, was Kristen Wiig macht, ich glaube, sie ist ein Roboter, diese Frau kann nicht echt sein (lacht). Ich habe gerade erst ‚Skeleton Twins’ gesehen und ihren neuen Film ‚Welcome to me’ heruntergeladen, der wartet noch auf mich.“

Vielen Dank für die Interviews!

Kristina Arens