„Ich würde auf Pause drücken…“

  /  24.07.2014

Wenn man an das Geschwisterpaar Angus and Julia Stone denkt, ist ein Ohrwurm ihres Songs „Big Jet Plane“ nahezu unvermeidlich. Am 1. August 2014 erscheint nun – nach Soloausflügen – ihr drittes gemeinsames Album. Im Interview ging es zudem um Rivalität, Wortgewandtheit und ihre Großmutter.

Angus and Julia Stone

Angus and Julia Stone mit Redakteurin Kristina Arens

Im atmosphärischen Heimathafen Neukölln in Berlin spielten Angus and Julia Stone Ende Juni dieses Jahres ein schönes Konzert – und während die ersten, hartgesottenen Fans bereits Stunden vorher angereist waren, um sich die besten Plätze zu sichern, ging es im Interview mit unserer Redakteurin Kristina darum, wie sich das Geschwisterpaar während ihrer Soloprojektzeit verändert hat, inwieweit sich die beiden ergänzen und wer wohl am meisten Einfluss auf Julias Stil hatte.

Ihr wart rund zwei Jahre solo unterwegs und hattet eigentlich gar nicht vor, wieder zusammen aufzutreten. Gab es einen ausschlaggebenden Moment, der euch diese Meinung ändern ließ?

Julia: „Es gab verschiedene Momente. Der Anstoß war, dass Produzent Rick Rubin auf uns zukam, der unsere Musik auf der Party einer Freundin gehört hatte und daraufhin Kontakt mit uns aufnahm. Wir haben ihn dann beide – separat – getroffen, viel geredet und er war sehr überzeugt von der Idee, dass Angus und ich wieder zusammenarbeiten. Wir waren allerdings beide noch unsicher – bis wir gemeinsam auf einem Festival aufgetreten sind. Angus hat angefangen zu singen und irgendwie haben wir beide gemerkt, dass etwas in der Luft lag. Nach der Show haben wir uns dazu entschieden, zusammen eine neue Platte aufzunehmen.“

Was hat sich in der Zusammenarbeit zwischen euch nun geändert? Und warum zwischenzeitlich die Soloprojekte? Wolltet ihr euch beweisen, dass ihr es auch alleine schafft?

Angus: „Wir arbeiten jetzt viel mehr als ‚Band’, als Team zusammen und schreiben auch die Texte gemeinsam. Bei den vorherigen Alben haben wir uns nie so mit den Songs des anderen beschäftigt wie bei diesem. Das Album ist aus der Situation heraus entstanden, eigentlich völlig ungeplant – und das macht das Besondere aus.“

Julia: „Durch den Abstand, den wir zwischenzeitlich gewonnen hatten – wir haben uns während der eineinhalb, zwei Jahre so gut wie gar nicht gesehen oder gehört, und wussten nicht, was der andere gerade macht – um einander jetzt wirklich zuzuhören. Wir brauchten diese Erfahrung alleine einfach. Jeder hatte viel eigenes Material gesammelt, viele eigene Songs geschrieben und es war schön, bei einem Soloalbum nicht viele Kompromisse eingehen zu müssen und darüber zu diskutieren, was produziert wird und was nicht.”

Welche Charaktereigenschaften mögt ihr am jeweils anderen; inwieweit ergänzt ihr euch?

Julia: „Angus kann Gefühle sehr treffsicher ausdrücken. Wenn er Emotionen rüberbringen möchte, schafft er es, ohne dass es zu bemüht wirkt. Kennst du das, wenn man versucht, jemandem etwas zu erklären und man redet und redet, kommt aber irgendwie nicht auf den Punkt und der andere weiß irgendwann einfach gar nicht mehr, was man eigentlich sagen will? Das geht mir hin und wieder so, Angus könnte das wohl nie passieren. Seine Fähigkeit, Gefühle, oder generell Dinge, klar auf den Punkt zu bringen, beeindruckt mich. Und klar, er ist mein Bruder, deshalb würde ich immer gute Dinge über ihn sagen, ob er nun Künstler oder Busfahrer wäre (lacht).“

Angus: „Bei mir ist es insgesamt so, dass Julia mich inspiriert. Wenn ich etwas von ihr höre, gibt mir das diesen Boost, selbst etwas schreiben zu wollen. Aber nicht aus Rivalität oder Konkurrenzdenken. Wir teilen einfach dieselbe Leidenschaft.“

Ihr wart und seid viel auf Tour, welcher Ort hat euch bislang am meisten beeindruckt?

Julia: „Da gibt es so viele… Aber der erste, der mir einfällt, weil wir gestern erst dort waren: Ich weiß den Namen der Stadt nicht mehr, aber wir sind beim ‚Best kept secret festival’ gewesen, das in einem Safaripark stattfand, mit wilden Tieren um einen herum, wunderschön war es dort. [Anm. d. Red.: Safaripark Beekse Bergen, Hilvarenbeek, Niederland] Berlin ist aber auch eine tolle Stadt, in der wir immer wieder gerne sind!“

Angus: „Ich liebe die Streetart-Kunst hier, dieses Gefühl von Freiheit, besonders im Sommer. Man geht spazieren, um einen herum grillen, trinken und rauchen die Leute…“  

Julia: „Man hat irgendwie das Gefühl, niemand unterliegt irgendwelchen Zwängen…“

Apropos Zwänge – okay, das wäre etwas zu hart formuliert – lasst ihr vorschreiben, was ihr tragt? Ich mag deinen Stil total gerne, Julia…

Julia: „Danke! Ich liebe Klamotten und ich liebe es, mich fertig zu machen. Meine Großmutter hat so tolle Kleidung aus den 50er Jahren, ich bin damit aufgewachsen, andauernd ihre Sachen anzuprobieren und damit herumzulaufen. Und dieser Look ist hängen geblieben. Ich mag den Shape dieser Zeit, mit der hohen Taille und dem femininen Gesamtbild.“

Hast du Lieblingsbrands, die vielleicht auch diesem Style entsprechen?


Julia: „Ich mag das australische Label Lover sehr gerne, Dion Lee, Romance was Born und Emma Mullholland sind auch tolle Marken.“

Auf deiner Website gibt es ja auch eine kleine Boutique…


Julia: „Ja, eine Freundin und ich haben auch schon eine eigene Schmuckkollektion kreiert, die wir allerdings noch nicht verkaufen, weil sie gerade dann fertig war, als Angus und ich das Album aufgenommen haben. Aber vielleicht stellen wir sie bald mal auf die Website. Die Schmuckstücke erinnern mich ein wenig an deine Kette, nur noch etwas zarter, mit kleineren Vögelchen…“

Macht das mal, ich halte die Augen offen! Angus, wie stark oder weniger stark ist dein Modeinteresse ausgeprägt?


Angus: „Ich bin eher der Basic stuff-Typ (lacht).“

Zum Abschluss noch eine kleine „What if“-Fragerunde:


Wenn euch jetzt die ganze Welt zuhören würde, was würdet ihr sagen?

Angus: „Julia kann diese Frage haben (lacht)…“

Julia: „Seid freundlich?”

Wenn ihr für einen Tag lang jemand anders sein könntet, wer wäre das?

Angus: „Oh man, ich bin so schlecht bei solchen Fragen…“

Julia: „Ich glaube, es wäre interessant, jemand zu sein, den ich wirklich gar nicht verstehe – das ist jetzt sicher die schlimmste Antwort, die ich geben kann, aber vielleicht würde ich George W. Bush wählen. Einfach nur um mal zu fühlen, wie es ist, jemand wie er zu sein…“

Angus: „Oh Gott…”

Julia: „Ach komm, es sind ja nur 24 Stunden!“

Wenn ihr die Fähigkeit hättet, die Zeit anzuhalten, was würdet ihr tun?

Julia: „Immer wenn ich wütend bin, würde ich zehn Minuten auf ‚Pause’ drücken, um mich zu beruhigen und kurz nachzudenken.“

Angus: „Eine sinnvolle Idee! Ich glaube, ich würde eher für Verwirrung sorgen und mir einen Spaß daraus machen, die Schuhe von Leuten zu vertauschen, jemandem den Hut eines anderen aufsetzen und so etwas in der Richtung…“

Wenn ihr so lange leben könntet, wie ihr wollt – wie lange wäre das?


Julia: „Mindestens 1.000 Jahre. Ich glaube, dann hat man einiges geschafft.”

Wenn ihr vor nichts Angst hättet, was würdet ihr tun?

Julia: „Ich würde mit einem Segelboot den Ozean überqueren.“

Wenn ihr in die Zukunft blicken könntet, würdet ihr sehen wollen, was auf euch zukommt?

Julia: „Definitiv nicht. Was passiert, passiert.”

Angus: „Das sehe ich genauso.“

Könnt ihr uns trotzdem einen kurzen Blick in die Zukunft gewähren? Was sind eure nächsten Pläne?

Julia: „Nach der Albumveröffentlichung im August folgt eine Australien-Tour im September, im Oktober und November geht es dann durch Europa und die UK – nach Deutschland kommen wir übrigens auch noch mal. Auf einigen Festivals werden wir spielen; und nächstes Jahr… Warten wir mal ab.“

Besten Dank für das Interview und viel Erfolg!

Kristina Arens