„Es gab keinen Grund, aufzuhören“

  /  28.03.2012

Vor rund zwei Jahren erschien sein Debütalbum, an dem er etwa zwei Jahre mit Liebe zum Detail gearbeitet hat. Seitdem war er unter anderem als Support von Philipp Poisel unterwegs und ist gerade selbst auf Tour. Wir wollten mehr über Florian Ostertag erfahren und baten zum Interview.

Florian Ostertag

Florian Ostertag mit Redakteurin Kristina Arens

Vielleicht ist Florian Ostertag noch nicht jedem ein Begriff. Für all diejenigen wird es Zeit, denn der Singer Songwriter aus Stuttgart überzeugt mit seiner schönen Stimme und seiner ehrlich-charmant-verplanten Art, die erst beim Konzert und schließlich auch beim Interview am Sonntagmittag in der Berliner Wohnzimmer-Bar deutlich wurde.

Florian, wie bist du zur Musik gekommen?

„Ich war ziemlich spät dran. Mit sechs oder sieben wollte ich zwar schon unbedingt Keyboard lernen, weil ich eine Rolf Zuckowski-Kassette hatte, auf der ein Düsenjäger zu hören war und ich diesen Sound irgendwie cool fand, aber als ich wirklich angefangen habe, Musik zu hören, war ich schon 16 oder 17. Zu dieser Zeit war ich auch in meiner ersten Band. Nach der Schule habe ich überlegt, Musik zu studieren, aber dafür war ich dann doch zu schlecht (lacht). Also habe ich mich für Tontechnik entschieden, in verschiedenen kleinen Studios gearbeitet und Gitarre unterrichtet. Irgendwann habe ich auf Elektrotechnik umgesattelt, Geld gespart und schließlich angefangen, in Eigenproduktion meine erste CD aufzunehmen. Als ich Philipp Poisel kennengelernt habe und als Support mit ihm auf Tour war, habe ich gemerkt, dass alles irgendwie funktioniert und es keinen Grund gibt, mit der Musik aufzuhören. Ich mag das Kreative total gerne, auch wenn es manchmal leichter wäre, wie in der Technik einfach einen Schalter umlegen zu können und alles funktioniert.“

Wenn du sagst, du hast erst spät angefangen, Musik zu hören – erinnerst du dich noch daran, welche CD die erste war, die du dir gekauft hast?

„Gekauft? Stimmt, damals hat man Musik ja noch gekauft (lacht). Ich habe viele Kassetten gehört, aber das erste Album… Ich glaube, das war von einer Lokalband namens Schulze, die heute wahrscheinlich total ‚in’ wäre. Die haben quasi deutschen Indie-Pop gemacht. Ansonsten habe ich viel von meinem Bruder gehört: Bon Jovi, Pur (lacht) und dann irgendwann die Red Hot Chili Peppers, die schon eine Ecke cooler waren.“

Gerade bist du auf Tour – was ist das Schönste, was das Angsteinflößendste daran?

„Man sammelt total viele neue Eindrücke und lernt neue Leute kennen. Aber man setzt sich immer auch unter Druck und fragt sich, ob es genug Menschen gibt, die einen sehen und hören wollen. Schön ist es dann, wenn man positiv überrascht wird – von der Atmosphäre und von den Leuten, die wirklich mitmachen, so wie es jetzt in Berlin der Fall war.“

Du hast während deines Auftritts in Berlin am Samstag (24. März 2012) gesagt, dass du dich freust, dass alle so sehr dabei sind, da du bei manchen Konzerten schon mal das Gefühl hattest, die Leute zu langweilen?

„Ja, teilweise kommt relativ wenig Reaktion vom Publikum, was nicht heißen muss, dass ich sie langweile, wahrscheinlich hören sie einfach nur zu und genießen. Aber ich merke, dass ich mich viel besser auf die Musik konzentrieren kann, wenn ich währenddessen Feedback bekomme und dadurch weiß, dass alle Spaß haben. Ansonsten überlege ich beim Singen die ganze Zeit, ob gerade irgendetwas schief läuft.“

Schaust du dir deine Auftritte nach einem Konzert selbst an?

„Bis jetzt eigentlich nicht, aber vielleicht mache ich das mal. Am Samstag nach dem Konzert hat mir jemand gesagt, dass ich mir immer durch die Haare fahre. Um zu wissen, ob mich das stört, müsste ich es natürlich erstmal sehen (lacht).“

Du singst ja im Gegensatz zu anderen Singer Songwritern wie Philipp Poisel, Clueso und Co. auf Englisch – warum?

„Ich fand Englisch immer schon schön, die Sprache klingt sanfter. Außerdem nimmt die Musik so mehr Platz ein als wenn ich auf Deutsch singen würde, dann stünde der Text mehr im Vordergrund. Das ist nicht unbedingt schlecht, aber ich arbeite einfach gerne mit Tönen. Wobei ich im Englischen hin und wieder schon an meine Grenzen stoße und etwas vielleicht nicht genau so ausdrücken kann wie ich es gerne würde.“

Dein erstes Album „The Constant Search” hast du komplett selbst geschrieben und produziert, soll das bei deiner zweiten Platte auch so laufen?

„Ich hätte gerne noch jemanden, der vielleicht den Blick fürs Ganze behält. Wenn man selbst so tief drin steckt, ist das manchmal etwas schwierig. Aber wie genau das Ganze ablaufen soll, weiß ich noch gar nicht.“

Schreibst du denn schon an neuen Songs?

„Ich habe einige Ideen auf meinem Rechner und habe oft Gedankenfetzen oder Melodien im Kopf, die aber noch nicht ausgereift sind. Mein Anspruch generell ist es, die Dinge irgendwann so zu beschreiben, wie sie wirklich sind und nichts zu beschönigen, aber ich glaube, davon bin ich noch weit entfernt (lacht). So ab Juni habe ich wieder richtig Zeit und kann mich auf ein neues Album konzentrieren. Im Herbst würde ich dann gerne mit dem Aufnehmen anfangen…“

Du warst vor einiger Zeit mal auf „Wohnzimmer-Tour“, was hatte es damit auf sich und willst du etwas in dieser Richtung noch einmal machen?

„Genau, das war nach meiner ersten Support-Tour. Über den Newsletter haben wir gefragt, wer sein Wohnzimmer und vielleicht ein wenig Wein und Snacks zur Verfügung stellen möchte und so fanden etwa zehn kleine Konzerte mit jeweils 20 bis 30 Zuschauern bei verschiedenen Leuten Zuhause statt. Um diese Geschichte weiterzuführen, habe ich schon darüber nachgedacht, irgendwann im Sommer eine Art Lagerfeuer-Tour in verschiedenen Parks mit Grillen zu machen.“

Klingt gut! Und neben einer eventuell anstehenden Lagerfeuer-Tour – was ist sonst geplant?

„Ich setze mir immer eher nahegelegene Ziele und plane nur die jeweils nächsten Schritte: neue Songs, neues Album und dann mal schauen…“

Viel Erfolg dabei und besten Dank für das Interview!

„Better Version”-Tour

28. März 2012: Erfurt – Museumskeller
29. März 2012: Würzburg – Café Cairo
30. März 2012: Heidelberg – Karlstorbahnhof
31. März 2012: Stuttgart – LKA

Kristina Arens & Lara Schotten