„Es bringt nichts, die Verantwortung bei anderen zu suchen…“
/ 18.01.2016Clemens Schick ist im neuen Actionstreifen „Point Break“ (Start: 21. Januar 2016) zu sehen und spricht im Interview über Extremerfahrungen, Mut und Angst sowie seinen „beglückenden“ Beruf. Außerdem verrät er, warum er gerne über Grenzen geht…
„James Bond“-Bösewicht Clemens Schick ist dieses Jahr gleich in mehreren Kinofilmen zu sehen, darunter auch in der Hollywood-Produktion „Point Break“, in der der junge FBI-Agent Johnny Utah, gespielt von Luke Bracey, ein Team von Extremsportlern infiltriert, das unter Verdacht steht, eine Reihe von beispiellosen Angriffen auf verschiedene Unternehmen begangen zu haben. Zu eben diesem Team zählt auch der 43-Jährige in seiner Rolle des „Roach“. Wie extrem Schick selbst ist und warum er sich gern auch mal die Finger verbrennt, erzählt er im Interview.
Was war das Extremste, was Sie bislang in Ihrem Leben getan haben und steht noch etwas auf Ihrer To do-Liste?
„Da gibt es zwei Dinge: Im Filmbereich habe ich für ‚Largo Winch’, den ich vor ein paar Jahren in Frankreich gedreht habe, Skydiving gelernt, weil wir eine Kampfszene in der Luft gedreht haben, für die ich 40 Mal aus 5.000 Meter aus einem Flugzeug springen musste. Eine weitere Grenzerfahrung waren meine Reisen nach Afghanistan, wo ich 2008 im Herbst und 2011 über Weihnachten jeweils eine Woche in verschiedenen Lagern war [Anm. d. Red.: Schick reiste nach Afghanistan, um vor den deutschen Truppen Theater zu spielen, 2011 setzt der Schauspieler die Truppenbetreuung fort]. Ich habe das erste Mal Soldaten in ihrem Einsatz erlebt und mich mit ihnen in einer sehr direkten Art austauschen können. Dabei habe ich habe viele Persönlichkeiten kennen gelernt, vor denen ich großen Respekt gewonnen habe. Und: Ich hatte noch nie Angst um mein Leben; die habe ich da unten erlebt. Zur To do-Liste: Bisher hatte ich das Glück, dass die Abenteuer genauso wie die Rollen auf mich zugekommen sind, ich plane also nicht weit im Voraus. Generell finde ich auch den Beruf des Schauspielers an sich auch schon extrem, sei es auf der Bühne oder vor der Kamera. Es ist immer wieder aufs Neue eine Herausforderung, in einem bestimmten Moment direkt auf den Punkt zu sein, vor so vielen Leuten zu arbeiten etc…“
Wie unterscheidet sich die Herausforderung beim Dreh eines Actionfilms wie „Point Break“ von dem einer Komödie oder einem Drama – abgesehen vom körperlichen Anstrengungsgrad?
„Bei letzteren spielt Psychologie eine viel größere Rolle. Bei ‚Point Break’, ‚The Lake’ oder ‚Overdrive’ – mit Scott Eastwood, mir und anderen tollen Kollegen – das ‚toll’ war jetzt nicht auf mich, sondern auf die Kollegen bezogen (lacht) – muss ich natürlich auch die Geschichte hinter meiner Figur kennen, aber beispielsweise in einem Psychodrama ist alles sehr viel feiner.“
In „Point Break“ liegt der Fokus, was die Story und das Zwischenmenschliche betrifft, vor allem auf Luke Bracey alias Utah und Bodhi alias Edgar Ramirez. Hätten Sie sich für Ihre Figur des Roach noch ein wenig mehr „Tiefe“ gewünscht?
„Der Beruf des Schauspielers, ob im Theater oder auf der Leinwand, ist ein Ensemble-Beruf. Letztes Jahr habe ich zwei Filme gedreht, in denen ich die Hauptrolle gespielt habe: ‚Stille Reserven’ und meine erste Romantic Comedy, ‚Treffen sich Zwei’. Da war meine Aufgabe die des Protagonisten. In ‚Point Break’ bin ich Teil des Ensembles und habe die Funktion, ein gewisses Element in die Geschichte zu bringen. Mal spielt man eine Haupt-, mal eine Nebenrolle und so lange sich die Waage hält, ist das beglückend (lacht).“
Luke Bracey hat in einem Interview gesagt, dass seine Figur das Gefühl der Angst gut kennt, sie aber mit allen Mitteln bewältigen möchte. Dies sei mutiger, als erst gar keine Angst zu haben. Sehen Sie das ähnlich?
„Ich finde, Angst ist generell kein guter Leitfaden, aber ich kann schon sagen, dass ich mir lieber die Finger verbrenne, bevor ich etwas gar nicht erst versuche. Grenzen und Grenzüberschreitungen sind auf jeden Fall ein Thema in meinem Leben, das ich auch reizvoll finde, denn nur wer über Grenzen geht, lernt seine eigenen überhaupt erst kennen.“
Im Film wollen Sie und ihr Team die „Ozaki Eight“ absolvieren, eine Abfolge von acht todesmutigen Prüfungen, darunter ein Base-Jump vom Mount Everest, Big-Wave-Surfing, Wingsuit-Fliegen durch enge Schluchten, Snowboarding auf gefrorenen Abhängen, ungesichertes Klettern an einer Felswand des höchsten freifallenden Wasserfalls der Welt…Würde eine dieser fiktionalen Prüfungen Sie selbst reizen?
„Ich bin Motorradfahrer und Skydiver, das sind die Sportarten, die mich reizen. Die Stunts im Film waren aber so radikal, dass sie nur die Besten der Besten übernehmen konnten, diese Sportler machen alle ihr Leben lang nichts anderes als diese eine entsprechende Sportart. Einer der Wingsuit-Flieger hat in seinem Körper nicht einen heilen Knochen mehr, wie er mir erzählt hat. Das ist eine Form von Leidenschaft, fast schon Wahnsinn, damit würde ich mich nie messen.“
Das Thema Verantwortung spielt in „Point Break“ eine wichtige Rolle. Die Figur des Bodhi macht seine Ansicht dazu sehr deutlich: Jeder ist ausschließlich für sich selbst und seine Entscheidungen verantwortlich. Würden Sie das so unterschreiben?
„Es ist schon wichtig, dass man sich dessen bewusst ist, dass wir für unser Leben zuständig sind und es nicht viel bringt, die Verantwortung bei anderen zu suchen. Was in einem freien Land wie unserem natürlich eine Luxusversion von Leben ist. Jemand, der gerade beispielsweise in einem Kriegsgebiet lebt, ist in seinen eigenen Entscheidungen natürlich noch mal ganz anders von äußeren Einflüssen abhängig. Aber ja, generell denke ich, ist man für sein eigenes Leben verantwortlich und das ist ein großer Gewinn.“
Besten Dank für das Interview und viel Erfolg!