Greenpeace: „Kleidung wie Einwegverpackungen“

  /  25.04.2022

Greenpeace hat sich mit der Rolle exportierter Altkleidung nach Ostafrika auseinandergesetzt – das Ergebnis: „ein Hintertürchen, um nicht recyclefähige Textilabfälle loszuwerden“...

Der Fast Fashion-Trend habe Kleidung wie Einwegverpackungen zu Wegwerfartikeln gemacht. Die zunehmende Überproduktion habe dazu geführt, dass immer größere Mengen gebrauchter und überproduzierter Kleidung aus dem Globalen Norden in den Globalen Süden exportiert werden. Während importierte gebrauchte und Secondhand- sowie überproduzierte neue Bekleidung, „Mitumba“ (Kisuaheli: Ballen oder Bündel) genannt, für viele Menschen und die Wirtschaft in Kenia und Tansania von Bedeutung seien, sei jedoch fast die Hälfte nicht brauchbar oder verkaufsfähig. Durch den Export von Altkleidern habe der Globale Norden also ein Hintertürchen gefunden, um nicht recyclefähige Textilabfälle loszuwerden. Zu diesen Ergebnissen führte der neue Report „Vergiftete Geschenke“ von Greenpeace Deutschland.

„Kreislaufwirtschaft“ sei zum neuen Schlagwort globaler Modemarken geworden, die so versuchen, ihr Image zu verbessern, in der Realität werde jedoch weniger als 1% der Kleidungsstücke zu neuen recycelt. Jede Sekunde werde eine LKW-Ladung an Kleidungsstücken verbrannt oder auf einer Mülldeponie entsorgt. Allein in Deutschland werden laut Greenpeace jährlich etwa eine Million Tonnen Altkleider gesammelt, aber nur ein kleiner Teil werde in dem Land weiterverkauft, in dem sie gesammelt wurden.

Derzeit wird geschätzt, dass auf dem ghanaischen Kamanto-Markt jede Woche circa 15 Millionen gebrauchte Kleidungsstücke aus westlichen Ländern eintreffen. In Ostafrika ist Kenia mit rund 185.000 Tonnen im Jahr 2019 der größte Importeur von Secondhand-Kleidung. Die Beschaffenheit ist dabei eine der größten Herausforderungen: Ein großer Teil sei in so schlechtem Zustand oder von so schlechter Qualität, dass sie sofort auf Mülldeponien entsorgt und verbrannt werde, oft unter freiem Himmel. Die gängige Meinung ist, dass Kleiderspenden eine kreislauforientierte Lösung für den Umgang mit ausgedienter Kleidung darstellen, doch Kleidung lediglich von einem Ort zum anderen zu bringen, mache das Geschäftsmodell nicht zirkulär. Statt auf Müllhalden oder in Verbrennungsanlagen im Westen zu landen, liege die Kleidung auf Deponien in Afrika.

Da „Mitumba“ die Nachfrage nach Altkleidern weiterhin antreibe, gehe dies auf Kosten der lokal hergestellten Produkte und der lokalen Textilindustrie, die nicht in der Lage sei, den Markt zu bedienen und die Nachfrage nach „trendiger“ Kleidung zu befriedigen. Daher hat sich die Ostafrikanische Gemeinschaft 2016 auf ein Importverbot von Altkleidern bis 2019 geeinigt. Damit sollte die lokale Textilproduktion angekurbelt und die Wirtschaft gefördert werden. Die USA fochten das Verbot als Behinderung des Freihandels jedoch an und drohten mit möglichen Handelsstrafen, in der Folge wäre es für die betroffenen Länder nicht länger möglich, im Rahmen des African Growth and Opportunity Act33 (AGOA) zollfrei Bekleidung auf den US-Markt zu exportieren.

Die Mengen an Textilabfällen haben laut Greenpeace schwerwiegende Folgen für Mensch und Umwelt. In Kenia wurden 2019 185.000 Tonnen Altkleider importiert; lokalen Quellen zufolge seien 30 bis 40% der „Mitumba“ von so schlechter Qualität, dass sie nicht mehr verkauft werden können. Das bedeute, dass 55.500 bis 74.000 Tonnen davon tatsächlich Textilabfälle sind – etwa 150 bis 200 Tonnen pro Tag. Bis zu 69% der in Kleidung verwendeten Fasern sind synthetisch und damit biologisch nicht abbaubar. Nach der Entsorgung gelangen die Mikroplastikfasern in die Umwelt und die menschliche Nahrungskette. Mikroplastikfasern werden bei der Verbrennung zudem in die Luft freigesetzt und gelangt so ebenfalls in den menschlichen Körper. Die Verstopfung von Flüssen und Abflüssen kann zudem zu Überschwemmungen führen. Die sich über Jahrhunderte hinziehende Zersetzung von Plastik-Kleidung setze außerdem Methan frei, ein schädliches Treibhausgas, das zum Klimawandel beitrage. Darüber hinaus enthalten viele Kleidungsstücke gefährliche Chemikalien.

Greenpeace fordert Marken auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um die Auswirkungen ihrer Produkte am Ende ihres Lebenszyklus zu stoppen. Darüber hinaus müsse die EU sicherstellen, dass ihr Plan, die Ausfuhr von Textilabfällen zu verbieten und langlebige, haltbare, reparierbare Kleidung von guter Qualität zu fördern, durch verschiedene Verordnungen vollständig umgesetzt wird, die auch dringend als globaler Vertrag verabschiedet werden müssten. Auf diese Weise nachhaltig entworfene Mode könnte dann ihren Platz in der Secondhand-Textilwirtschaft in Afrika einnehmen und die Vorteile der Wiederverwendung von Kleidung ohne die verheerenden Folgen des derzeitigen Systems ermöglichen.

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