Frankfurt Fashion Week: Branchenumfrage

  /  15.06.2020

Die Berliner Fachmessen ziehen ab Juli nächsten Jahres nach Frankfurt. Was sagt die Branche zu diesem Schritt? 1st-blue hat nachgefragt…

Ab Juli 2021 finden die Messen Premium, Seek und Neonyt nicht mehr in Berlin, sondern unter dem Titel Frankfurt Fashion Week in der Stadt am Main statt. 1st-blue hat Meinungen zum Umzug aus der Branche gesammelt.

Peter Frericks, Brandmanager / int. Sales Director, Scotch & Soda Footwear, Hamm Market Solution GmbH & Co.KG / HS Footwear GmbH: „Die spezielle Zeit und Marktgegebenheiten machen alles möglich. Der Wechsel einer wichtigen Messe von Berlin in die Mitte von Deutschland nach Frankfurt finde ich sehr gut und spannend. Frankfurt bietet alles, sicherlich ist das Messegelände ‚gewöhnlich‘ und ‚nicht cool und urban‘ wie die Location in Berlin, aber die alte ‚Normalität‘ kommt nicht zurück, deshalb ist es guter und innovativer Schritt für die Messe Premium. Wir werden gerne in Frankfurt ausstellen.“

Sassan Safay, Co-Founder & Partner, SASAtrend GmbH, Distributeur für Fashion- und Lifestyle Brands  wie Devotion, Johnny Was, Chilly’s, Voluspa, Miss Me und Rock Revival: „Seit 2004 haben wir in Berlin ausgestellt und wir werden auf jeden Fall die großartigen Shows, Locations und Events vermissen, bei denen wir so viele Erinnerungen gesammelt haben. Wir glauben, dass Frankfurt mit der Infrastruktur und der zentralen Lage eine gute Wahl für eine neue Dekade im Messebusiness ist. Die Zeiten haben nach einer Veränderung verlangt und wir sind bereit!“

Michael Dornseifer, CEO, Bali-BAli: „Der Umzug der Premium nach Frankfurt war für alle überraschend. Aber wie heißt es so schön: ‚Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne‘. Ich finde die Entscheidung gut – nun ist endlich das Platzproblem gelöst. Die Einkäufer müssen nicht mehr quer durch die Stadt tingeln, um die verschiedene Messen/Marken zu besuchen. Frankfurt ist aus meiner Sicht auch geografisch interessant – mitten in Deutschland und durch den Flughafen auch für unser internationales Publikum gut zu erreichen. Ich finde es spannend, an neuer Stelle eine Fashion-Messe zu etablieren. Wir freuen uns schon darauf, im Sommer 2021 dabei zu sein.“

Florian Wortmann, Division Head, CG – Club of Gents: „Wer heute nichts riskiert, hat schon morgen verloren! Viele Stimmen werden sagen, dass es nicht richtig ist, nach Frankfurt zu gehen. Ich kann nur sagen, dass es richtig ist, Berlin zu verlassen. Wir brauchen Veränderung und neue Wege und wir unterstützen neue Wege. Jedes Jahr haben sich viele beschwert und herum lamentiert, dass Berlin nicht gut war oder nicht mehr das Berlin von damals. Jetzt können sie aufhören an damals zu denken und sich endlich mal mit der Zukunft beschäftigen.“

Sascha Hilsbos, TEL.it Handelsagentur, Superga-Vertrieb: „Wir waren etwas überrascht, dass die Wahl auf Frankfurt gefallen ist – Frankfurt ist für mich erstmal nicht als Modestadt bekannt. Ich hätte zum Beispiel eher mit Düsseldorf gerechnet. Wir warten nun erst einmal ab, wie sich die nächsten Wochen entwickeln und welches Konzept vorgestellt wird. Die Lage um die Ecke ist für uns natürlich sehr praktisch, ich bin generell ein Messe-Fan, aber dennoch muss man immer den Kosten-Nutzen-Faktor im Hinterkopf behalten.“

Sara Lemmens, Leitung / Director Marketing & eCommerce, Blutsgeschwister GmbH: „Die Zusammenlegung der Messen an einen Standort halten wir für die richtige Entscheidung. Mit unserem Berliner Markensitz schlägt unser Herz für die Hauptstadt und wir hätten einen Verbleib an der Spree begrüßt. Nun wird sich zeigen, inwieweit das klassische Konzept der Modemesse zukunftsfähig ist und/oder digitale Formate wachsen. Wir werden in den nächsten Wochen entscheiden, in welchem Format wir uns als nachhaltige Modemarke präsentieren wollen.“

Klaus Brinkmann, geschäftsführender Gesellschafter, Bugatti Holding Brinkmann: „Die Entscheidung kommt für mich überraschend. Die Branche hat sich schließlich mit den Messen in Berlin arrangiert und etabliert. Besonders die Premium wurde in den letzten Saisons gut beurteilt. All das jetzt nach Frankfurt zu verlegen ist gerade unter den jetzigen Voraussetzungen noch sportlicher, als in Berlin zu bleiben. Momentan mache ich mir aber mehr Gedanken über Januar in Berlin als über Juli in Frankfurt.“

Fabian Süllow, Head of Marketing und PR, Gardeur: „Wir sind grundsätzlich immer offen für Veränderung und sehen im Standort Frankfurt vor allem auch Chancen für neue Impulse und innovative Konzepte. Frankfurt ist modischer als man auf den ersten Blick denkt. Natürlich wird man hier und da das typische Berliner Flair vermissen, aber uns überzeugen einfach die Vorteile für Besucher sowie Aussteller: die Lage bzw. Erreichbarkeit, die Konzentration der Standorte, die bessere Infrastruktur, die kürzeren Wege.“

Klaus Kirschner, Inhaber und Geschäftsführer der Friedrich W. Schneider GmbH & Co. KG / Stetson Europe: „In Summe halte ich es für ein ausgesprochen schwieriges Projekt, dessen Erfolg ich sehr kritisch beurteile. Ich glaube der Umzug macht es Einkäufern und Ausstellern noch leichter zu sagen: ‚Die Reise spar ich mir‘. Bei der angespannten Lage, und das wird sich bis dahin nicht grundlegend ändern, streicht man die Kosten ja eher zusammen, egal ob das richtig oder falsch ist, im Ergebnis wird es so sein und Frankfurt hat jetzt nicht die Strahlwirkung, alle in Bewegung zu setzen. Wie wichtig die tolle Flughafenanbindung bis dahin noch sein wird, muss man erst mal abwarten und die für uns spannenden Männer-Kunden, die südlich von Frankfurt sitzen, werden sich, wenn sie auf eine Messe gehen, zweimal überlegen, ob sie dann nicht lieber gleich nach Florenz gehen, wenn sie das nicht sowieso schon tun. Schade, aber ich befürchte das ist ein herber Rückschlag für den Mode-Standort Deutschland! Für uns, die wir mit dem Zug nur eine Stunde von Frankfurt weg sind, heißt das vermutlich erstmal, aus der Entfernung zusehen und abwarten, ich freue mich aber, wenn ich mich täusche und sich dort ein mega Event etabliert!“

Michael Kienast, Vertriebsleitung HAKA, Milestone: „Wir finden es gut, dass es weiterhin eine große Modeplattform in Deutschland geben soll. Nachdem in den letzten Saisons viel über den Standort Berlin diskutiert wurde, ist es schön, dass entschieden wurde, in eine andere deutsche Großstadt umzuziehen. Hier wird Neugier geweckt. Wir planen, auf der Premium zu zeigen, Milestone ist ein Fan von Modemessen. Hier können sich die Kunden einen schnellen Überblick verschaffen, Emotionen aufnehmen und Gespräche führen. Alles nur im Showroom stattfinden zu lassen, ist aus unserer Sicht nicht richtig. In erster Linie erhoffen wir uns, dass wieder mehr Kunden die Messe besuchen! In unseren Augen ist es extrem wichtig ein starkes neues Konzept zu haben und der Fokus sollte dabei nicht nur auf der Ware liegen. Das Thema Digitalisierung ist ein wichtiger Part. Die Corona-Pandemie hat uns alle stark eingeschränkt. Digitale Vertriebskanäle sind eine Chance, die wir ausbauen können.“

Susanne Imhof, Head of Merchandise, Creightivist: „Das Ende von Berlin als Mode-Hauptstadt war abzusehen. Das hat sich bereits vor einigen Jahren mit Start der eigenen Messe und den einseitigen Förderungen angebahnt und unaufhörlich seinen Lauf genommen. Die Neuaufstellung der Berlin Messen nach der Pause in Frankfurt/a.M. finden wir als gelungenen Coup. Die Stadt Frankfurt als der weltweit größte Messe-, Kongress- und Eventveranstalter und das erfahrene Premium-Team werden hier sicherlich Beachtliches auf den Weg bringen. Die Branche bricht auf zu neuen (Main)Ufern! Viel Erfolg…“

Patrick Stupp, Inhaber, Rich & Royal: „Grundsätzlich möchten wir das Thema Frankfurt Fashion Week noch neutral bewerten. Es gibt noch viel zu wenige Informationen über Konzepte, Marken, Segmente und was uns dort erwarten wird. Wir werden das beobachten und später für uns die Entscheidung einer Messepräsenz treffen. Zum jetzigen Zeitpunkt fehlen die entscheidenden Argumente pro Frankfurt. Die Branche hat bisher die Atmosphäre typischer Messehallen abgelehnt, warum soll es jetzt auf dem Frankfurter Messegelände cool sein? Frankfurt ist im Gegensatz zu Berlin kein kreativer, kultureller Meltingpot und zeigt eher eine sehr etablierte, gesetzte Seite. Das wird einen enormen Kraftakt erfordern, unsere anspruchsvolle Branche vom Gegenteil zu überzeugen. Aber warten wir es einfach mal ab. Grundsätzlich sind wir zurzeit sehr erfolgreich und das ist einer der Gründe, warum wir uns auf unsere eigene Strategie konzentrieren. Messen stehen für uns derzeit nicht im Fokus.“

Jale Yasan, Sales Manager, Lee Cooper: „Frankfurt und Fashion, das ist neu, spannend und international zugleich. Ich freue mich darauf!“ Christoph Leinauer, Product Director, Lee Cooper, ergänzt: „Ich freue mich, dass Frankfurt als Fashionmetropole wiederbelebt wird und die Modewelt ein neues zu Hause findet.“

Rebekka Ruetz, Designerin der gleichnamigen Marke: „Die News zum vermeintlichen Umzug der Fashion Week kamen auch für uns total überraschend. Seit 2011 präsentieren wir unsere Kollektionen zwei Mal jährlich auf der Berliner Fashion Week und haben die Hauptstadt wirklich sehr ins Herz geschlossen. Aktuell bedauern wir natürlich den Corona-bedingten Ausfall, arbeiten aber auf Hochtouren an einem neuen Konzept, das wir in Kürze schon auf unseren Social Media-Kanälen anteasern und im Januar dann in gewohnter Manier als Show in Berlin zeigen werden. Da wir bereits seit einigen Saisonen neue Distributionswege abseits der Messen in Berlin nutzen, um unsere Kollektionen vermarkten, schmerzt uns der Wegfall der Messen an sich kaum. Allerdings ist es für uns auch nicht nachvollziehbar, dass hier wirklich eine Aufteilung der Fashion Week in zwei verschiedene Städte stattfinden soll.“

Maria Svensson, CEO, Maska: „Ich denke, es ist gut, dass die Messen zusammengelegt werden und ich hoffe, dass Frankfurt an die Stärke von Berlin, Einkäufer für nachhaltige Mode anzuziehen, anknüpfen kann. Frankfurt hat geografisch eine gute Position, um mehr Einkäufer aus Benelux anzuziehen, was positiv ist. Wir wären in Frankfurt dabei.“

Marc Freyberg, Geschäftsführer Marketing & E-Commerce / Unternehmenssprecher, Brax: „Der Standort Frankfurt für die zukünftige Fashion Week war für uns schon eine Überraschung. Die Messe steht vor einem Neuanfang und ich denke, man sollte Frankfurt die Chance geben, sich für Mode zu etablieren.“

Michael Michalsky, Designer: „Prinzipiell bin ich immer für Veränderung, neue Abläufe, Standorte und Verantwortliche bringen auch neue Ideen. Das kann auch sehr gut werden. Ob ich meine Kollektion auch in Frankfurt zeigen werde, kommt darauf an, was Anita Tillmann und die Messe Frankfurt konzeptionell auf die Beine stellen. Eine Messe kann man überall machen, aber Kreativität, Inspiration, Glamour und Show? Begehrlichkeit wecken und spannendes Storytelling? Das muss Frankfurt erst einmal beweisen. Vielleicht findet die Stadt gute Berater, die beim konzeptionellen Ansatz helfen. Frankfurt hat eine lange, erfolgreiche Messe-Tradition. […] Das hat auf jeden Fall Potential, auch weil Frankfurt natürlich leichter zu erreichen ist. Berlin hingegen bringt die Coolness und Kreativität mit, weil diese Leute vor Ort wohnen. Aber letzten Endes geht es bei einer Ordermesse um Business. Das kann Frankfurt und deshalb wird sicher die Messe dort auch erfolgreich. Zumal Anita Tillmann schon sehr lange und erfolgreich in der Branche tätig ist. Der Senat hätte etwas tun können – nämlich die Premium Group unterstützen und frühzeitig mit Anita Tillmann zu sprechen. Der Wegzug der Premium hätte niemals stattfinden dürfen. Aber Unternehmen entscheiden wirtschaftlich, das ist völlig verständlich. Und wenn ein Standort mehr Unterstützung bietet als ein anderer, dann geht die Firma eben dorthin. Für Berlin ist der Wegzug der Messen eine größere Katastrophe als für die Branche. Die Stadt sollte sich nun mit den Verantwortlichen der Modebranche zusammensetzen und überlegen, ob man ein starkes Konzept aufsetzen kann, wie man die Moden-Schauen in Berlin hält. Messen können gern in Frankfurt stattfinden, aber die Essenz der Mode, Kreation und Präsentation, passt viel besser zu Berlin und deshalb sollten sie hier bleiben.“

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