„Herr Verma, wie wollen Sie in Deutschland überzeugen?“

  /  16.10.2019

Sandeep Verma, Managing Director Europe beim Label Allbirds, verrät im Interview, welche Rolle der deutsche Markt aktuell spielt und wie die Marke hierzulande punkten will…

Sandeep Verma

Das Label Allbirds landet in Deutschland: Nach dem kürzlich erfolgten Launch des Onlineshops für den deutschen Markt hat die Sneaker-Marke aus dem Silicon Valley, gegründet von Tim Brown, Ex-Profifußballer aus Neuseeland, und Joey Zwillinger, Ingenieur für Biotechnologie und erneuerbare Energien, jetzt den ersten Store hierzulande in Berlin eröffnet. Sandeep Verma, Managing Director Europe, spricht im Interview über die Entwicklung auf dem und die Pläne für den deutschen Markt, die Zusammenarbeit mit Soles4Souls und den Fokus auf das Direct-to-Consumer Business.

Nach dem Launch des deutschen Onlineshops eröffnete Allbirds am 10. Oktober 2019 den ersten, knapp 150 qm umfassenden deutschen Store in Berlin-Mitte. Warum gerade Berlin?

„Der Einzelhandel war und ist ein wichtiger Teil unseres Wachstums. Dort können wir Kunden über unsere nachhaltigen Materialien aufklären und sie können die Produkte anfassen und erleben. Über 80% der Schuh-Verkäufe werden in den stationären Stores getätigt. Es besteht eindeutig immer noch eine starke Nachfrage nach einem physischen Einzelhandelserlebnis – der Einzelhandel ist nicht tot, der schlechte Einzelhandel ist tot. Wir hatten Berlin schon länger als neuen Standort ins Auge gefasst. Wir sehen hier immer mehr Menschen, wie auch auf so vielen anderen Märkten, die sich der Umwelt und des Klimawandels bewusst sind und nach entsprechend nachhaltigen Marken suchen. Bislang haben unsere Store-Openings die Sichtbarkeit unseres Labels in der jeweiligen Region immer gesteigert, wir sind nun also sehr gespannt, wie sich der Allbirds Berlin-Shop auf die Bekanntheit in Deutschland auswirken wird.“

Wie verlief der Onlinestart? Wie kommt die Marke bei den Konsumenten in Deutschland an?

„Seit wir im Juli hier an den Start gegangen sind, hat sich Deutschland zu einem der stärksten Märkte in Europa entwickelt, mit Berlin als stärkster Stadt. Diese Entwicklung hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen, insbesondere in so kurzer Zeit. Unsere deutschen Kunden zeigen besonderes Interesse an unserem klassischen Wool Runner-Modell sowie an unserer neuesten Produkteinführung, dem Mizzle, einem nachhaltigen, wasserfesten Schuh.“

Der Berliner Store ist der 13. Allbirds-Shop. Das Unternehmen hat 2019 verstärkt in den eigenen Retail investiert. Wie sehen die weiteren Pläne aus?

„Es war viel zu tun im Sommer und Herbst mit den Openings in Auckland, Los Angeles, San Francisco und jetzt Berlin. In wenigen Wochen eröffnen wir unser viertes Geschäft in China. Ende dieses Jahres werden wir dann mit 15 stationären Stores in Nordamerika, Europa, Asien und Ozeanien vertreten sein.“

Allbirds steht für minimalistische Schuhe und Socken aus Naturmaterialien wie Merinowolle, Eukalyptusbaum-Fasern und Zuckerrohr. Was zeichnet die Schuhe neben der Nachhaltigkeit aus?

„Kunden sollen sich nicht zwischen einem großartigen und einem nachhaltigen Produkt entscheiden müssen. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir alle unseren Beitrag für den Planeten leisten müssen, wir sind jedoch auch der Meinung, dass es wichtig ist, ein Produkt zu entwickeln, das den Kunden ein Tragegefühl bietet, das sich von anderen abhebt. Der Kunde steht im Fokus und wir nutzen das Feedback, um unsere Styles ständig zu verbessern. Zum Beispiel haben wir Anfang dieses Jahres eine femininere Silhouette mit dem Namen Breezers eingeführt, als Reaktion auf unsere Kundinnen, die sich einen formelleren Schuh zum Tragen auf der Arbeit gewünscht haben. Ebenso wurde die Mizzle-Kollektion mit Blick auf unsere britischen Kunden entworfen, die sich ein Modell gewünscht haben, das stylisch, bequem und wasserabweisend ist.“

Im neuen Store gibt es eine vom Fernsehturm inspirierte Berlin Special Edition des Wool Runner. Für die Schnürsenkel hat Allbirds das Türkis des Berliner Doms, das Pink der Wasseroberleitungen und das Rot der Currywurst aufgegriffen. Warum die Special Edition?

„Immer wenn wir auf einem neuen Markt Fuß fassen, möchten wir zeigen, dass wir mitdenken und die kleinen Details schätzen. Wir haben den gesamten Store auf Berlin ausgerichtet, von der lokalen Künstlerkooperation bis hin zu einem Schuh, den es ausschließlich in der deutschen Hauptstadt gibt. Mit den kostenfreien Schnürsenkeln können Kunden ihre ‘Birds zudem personalisieren.“

Allbirds betrachtet Nachhaltigkeit als nicht verhandelbar, auch in den Stores, beispielsweise mithilfe digitaler Kassenbons und Shoppingbags aus recyceltem Papier – bei Ihnen klingt das selbstverständlich, warum macht das nicht jede Marke?

„Jede Entscheidung, die wir als Marke treffen, ist von dem Gedanken der Nachhaltigkeit geprägt – sei es beim Design, den Materialien, der Verpackung oder unseren Büros. Wir sind eine B Corp, was bedeutet, dass wir hohe soziale und ökologische Standards einhalten. Im Gegensatz zu vielen etablierten Marken betrachten wir Nachhaltigkeit nicht als Zusatz, sondern als 100%ige DNA. In diesem Jahr haben wir mit der Lancierung des Allbirds Carbon Fund sogar eine 100%ige CO2-Neutralität erreicht. Wir haben den Vorteil, ein junges und relativ kleines Unternehmen zu sein, und dies ermöglicht es uns, schnell und flexibel agieren zu können. Der Klimawandel ist sehr real und für uns gibt es keine Entschuldigung, nicht aktiv zu werden und unseren CO2-Fußabdruck zu senken.“

Das erste Allbirds-Produkt kam im März 2016 auf den Markt; in den ersten beiden Geschäftsjahren wurden mehr als eine Million Paar Schuhe verkauft. Wie verlief die weitere Entwicklung?


„Es war eine unglaubliche Reise für uns. Im März 2016 sind wir mit einem Modell, dem Wool Runner, an den Start gegangen, den wir 14 Monate lang verkauft haben. Heute haben wir sechs Silhouetten in drei Materialien: Merinowolle, Eukalyptusbaumfaser und Zuckerrohr. Vor ein paar Monaten haben wir zudem Socken gelauncht, aus einem Material namens Trino, einer Mischung aus weicher, kuscheliger Merinowolle und leichter, luftiger Eukalyptusbaumfaser. Trino kann nicht nur für Socken verwendet werden, wir sind also sehr gespannt, wo wir es in Zukunft noch sinnvoll einsetzen können.“

Auch unter Celebrities finden sich Fans der Marke. Leonardo DiCaprio war so überzeugt, dass er in die Marke investierte…

„Genau, Leonardo DiCaprio hat sich dazu entschieden, in Allbirds zu investieren, da ihn unser Engagement für eine nachhaltigere Zukunft durch die Innovation neuer Materialien und Produkte und die Reduzierung unseres CO2-Fußabdrucks überzeugt hat. Wir fühlen uns sehr geehrt, das solch hochkarätige Persönlichkeiten unsere Produkte unterstützen.“

Das Unternehmen Soles4Souls sorgt dafür, dass retournierte, nur leicht getragene Allbirds an Bedürftige weitergegeben werden, um ihnen eine Chance zu geben, wieder Fuß zu fassen. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?

„Wir arbeiten seit den Anfängen von Allbirds mit Soles4Souls zusammen. Mehrere Millionen Pfund Schuhe landen jeden Tag auf der Mülldeponie, daher war es für uns eine Selbstverständlichkeit, mit einer Organisation zu kooperieren, die unsere gebrauchten Schuhe für andere Zwecke nutzen und damit wirtschaftliche Chancen eröffnen kann.“

Wie steht Allbirds zum Thema Fachmessen? Oder fokussiert sich das Label ausschließlich auf den direkten B2C-Vertrieb?

„Allbirds ist ein Direct-to-Consumer Business. So sehen wir direkt, wenn ein Produkt gut ankommt und haben Einblick in das Verhalten der Konsumenten. Das heißt, wir können Änderungen schnell umsetzen. Das Geld, das wir durch den fehlenden Mittelsmann sparen, ermöglicht es uns, in Premium-Materialien zu investieren, ohne die Kosten für den Konsumenten zu erhöhen. Zudem können wir so in den direkten Dialog mit unseren Kunden treten, deren Feedback wir sehr ernst nehmen.“

Welche kurzfristigen und langfristigen Pläne gibt es für die Marke?


„Wir freuen uns sehr über unseren neuen Store in Berlin und können es kaum erwarten, den lokalen Markt kennenzulernen. Für nächstes Jahr hoffen wir, das Geschäft weiter ausbauen zu können, die Anzahl unserer Shops zu verdoppeln und mehr Nachhaltigkeit in die Schränke dieser Welt zu bringen. Wir haben große Ambitionen für die Zukunft und unser oberstes Ziel ist es, einen Schuh herzustellen, der nahezu kohlenstofffrei ist. Bis dahin gleichen wir 100% unserer Unternehmens-, Produktions- und Versandaktivitäten aus.“

Vielen Dank für das Interview!

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