„Herr Hillen, mit welchem Order-Modell überzeugt Blundstone?“

  /  11.01.2023

Bernd Hillen, Central Trade Germany-Geschäftsführer und Blundstone-Distributeur, spricht über ganzjährige Nachlieferfähigkeit, individuelle Kundenwünsche und den Messeaustausch…

Bernd Hillen

Bernd Hillen, Geschäftsführer der Centraltrade Germany und zuständig für die Distribution des australischen Labels Blundstone in Deutschland und Österreich, verrät im Interview, warum er optimistisch in die Vorordersaison Herbst/Winter 2023/24 geht, wieso die Bestellmenge eine untergeordnete Rolle spielt und wie die Marke eine Vertriebskanal-Abhängigkeit vermeidet.

Herr Hillen, wie läuft es derzeit bei Blundstone?
 
„Wir sind mit den Ergebnissen der letzten Jahre zufrieden und konnten jedes Jahr neue, gute Händler für die Marke Blundstone gewinnen. Das bedeutet für uns, die Marke wird sichtbarer und bekannter.“
 
Von allen Seiten tönt es, der Handel werde bei der Vororder noch zurückhaltender sein als in der Vergangenheit. Wie sind Ihre Erfahrungen und Erwartungen?
 
„Ich bin jetzt seit 30 Jahren in der Schuhbranche und habe immer wieder Saisons mit schwierigen Voraussetzungen erlebt. Mit Blundstone haben wir eine starke Marke für den Handel, die eine breite Zielgruppe anspricht und deshalb gehen wir optimistisch in die Vorordersaison Herbst/Winter 2023/24. Unser erstes Ziel ist es, neue Händler zu begeistern und nicht unbedingt die Vorordermenge (pro Kunde) zu steigern. Selbstverständlich arbeiten wir auf ein gutes Vororderergebnis hin, aber es geht nicht nur um Menge, sondern darum, den Trend zu erkennen, um die Nachlieferungen in der Saison zu gewährleisten.“
 
Die Industrie erklärt gebetsmühlenartig, mit zu geringer Vororder sei ein Überleben schwierig. Kann man das so verallgemeinern?
 
„Nein, jede Marke muss für sich entscheiden, wie sie sich langfristig als Partner für den Einzelhandel aufstellt. Eine Vororder-Quote von über 85% ist schön für den Hersteller, aber das Risiko wird auf den Handel verlagert. Es gibt auch andere Möglichkeiten, wie unser Vororder-/Vertriebsmodell zeigt.  Ich glaube mehr an eine Vororder, die ohne Mengendruck eine breite Markenauswahl widerspiegelt. Bei uns kann der Händler mit einem geringen Risiko neben den bewährten Bestsellern (NOS) auch neue Styles der Marke testen. Unser Geschäftsmodell basiert auf einer guten, ganzjährigen Nachlieferfähigkeit der Bestseller und einer begrenzte Verfügbarkeit der s.g. Saisonartikel innerhalb der Saisons. Es gibt sowohl bei der Vor- als auch bei der Nachorder keine Mindestbestellmengen, wir liefern ab einem Paar.“
 
Der Handel hält dagegen, dass volle Lager im Einzelhandel auch die Industrie zum Umdenken bringen müsste. Welche Lösungen hält Blundstone bereit?

 
„Mit dieser Aussage hat der Handel zu einem großen Teil Recht, aber, es müssen beide Seiten umdenken. Der Handel fordert hohe Margen und die gehen nur mit einer frühen und großen Ordermenge. Ein volles Lager im Handel kann je nach Saisonverlauf auch zu starken Reduzierungen auf den Online-Marktplätzen führen. Das versuchen wir mit Blundstone zu vermeiden. Wir haben langlebige Klassiker und glauben an eine ganzjährige Nachlieferfähigkeit unserer Bestseller. Diese Ware kaufen wir auf eigenes Risiko ein. Jeder Händler kann in der Saison seine Abverkaufs-Lücken ohne Mindestmengenabnahme mit freier Größeneinteilung nachordern. Unser Online-Store ist ein zusätzliches Schaufenster für den Händler. Dort werden alle Lagerartikel gezeigt und jeder Händler kann auch individuelle Kundenwünsche mit einer Einzelpaar-Bestellung erfüllen.“
 
Die Abhängigkeit einiger Schuhmarken gegenüber Zalando, About you & Co wird zunehmend größer. Wie wichtig ist es für eine Marke wie Blundstone, die Basis der klassischen, stationären Händler nicht aus den Augen zu verlieren?
 
„Als Traditionsmarke mit über 150 Jahren erfolgreicher Firmengeschichte arbeiten wir gerne mit allen Vertriebskanälen zusammen. Durch den Mix achten wir darauf, dass es zu keiner Abhängigkeit kommt. Besonders wichtig ist uns, dass die Marke wertig dargestellt wird und mit dem bestmöglichen Service verkauft wird. Unser Geschäftsmodell, mit der Nachlieferfähigkeit ab einem Paar, haben wir mit dem Glauben an die Stärke des klassischen, stationären Handels ganz bewusst gewählt. Wir haben einen sehr engen Kontakt zu vielen inhabergeführten Geschäften und es spielt für uns keine Rolle, welche Mengen über das Jahr eingekauft werden. Die Begeisterung und Überzeugung, die diese Händler mit uns teilen, bringen uns den langfristigen Erfolg.“   
 
Mal konkret. Wenn ich Einzelhändler wäre und mich für Blundstone interessieren würde, aber in der ersten Saison eher vorsichtig starten möchte: Was raten Sie mir?
 
„Mit einer kleinen Auswahl unsere Bestseller zu starten. In der Regel sind es drei bis vier verschiedene braune und zwei schwarze Varianten. Diese Gruppe in den Größen auf das Geschäft abgestimmt. Das können im ersten Schritt zwischen 18 und 36 Paare sein. Bei einem kleinen ‚Neighborhood Store‘ mit wenig Schuherfahrung, würde ich die kleine Menge mit versetzten Größen empfehlen, bei einem größeren Geschäft eine 1er Sortierung pro Größe ohne Randgrößen. Für uns steht immer die langfristige Zusammenarbeit und nicht die Menge im Fokus.“
 
Die Messen stehen vor der Tür, Blundstone ist z.B. auf der Seek in Berlin und der Shoes Düsseldorf als Aussteller präsent. Ist dies mehr ein „Meet & Greet“ oder sind eventuelle Neukunden der Grund für Sie, auf einer Messe auszustellen?
 
„Es ist beides und darauf freuen wir uns. Die Bestandskunden individuell auszubauen, ist in der heutigen Zeit genauso wichtig, wie die Lücken im Vertriebsnetz mit neuen Kunden zu besetzen. Die Messen sind aber auch wichtig, um sich gemeinsam über die Zukunft zu unterhalten. Wir müssen bei dem Händler hinhören, was er braucht und wir können ihm sagen, was wir planen. Für diesen Austausch sind die Messen sehr wichtig.“
 
Sie sind seit vielen Jahren in der Schuhbranche zuhause. Worin liegt der Unterschied der Messen von vor 10 Jahren und heute?
 
„Leider gehören die großen, uns allen bekannten Messen schon seit über zehn Jahren der Vergangenheit an. Deutschland hatte weltweit die größte Schuhmesse und zu der damaligen Zeit haben unsere Landesvertretungen von Asien, USA bis Europa ihre Händler auf unserem Messestand bedient. Die deutschen Messen waren internationaler und es wurden nicht nur die ersten großen Aufträge geschrieben, sondern auch neue weltweite Kontakte geknüpft. Als Blundstone Distributor für Deutschland und Österreich ist diese Internationalität für uns nicht wichtig. Viel wichtiger für uns ist es, dass die Händler sich auf den Messen über neue Marken für ihr Sortiment informieren und das Ganze ohne den Druck, eine Erstorder zu schreiben. Passt unsere Marke zu seinen Kunden und unser Service zum Händler, dann kommen wir früher oder später zusammen.“

Vielen Dank für das Interview!

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