„Herr Götz, wie verändert Covid-19 den Personalbereich?“

  /  21.06.2021

Frank Götz, Partner der HR-Expertgroup, spricht im zweiten Teil des Interviews darüber, wie Covid-19 den Personalbedarf und die -suche beeinflusst hat und worauf es jetzt ankommt…

Frank Götz

Frank Götz besetzt als Headhunter der Mode- und Lifestyle-Branche geschäftskritische Positionen, berät zu Personalstrukturen und operativen Themen. Handel und Industrie durchlaufen einen nie dagewesenen Change-Prozess, nicht nur durch Corona. Ein Anlass, den Einfluss auf das Leben der Mitarbeiter und den Arbeitsmarkt zu beleuchten. Im zweiten Teil des Interviews verrät er, welche Hürden bei der Personalsuche jetzt genommen werden müssen.

Wie hat sich der Markt, auch im Personalbereich, während der Pandemie verhalten bzw. verändert?

„Corona hat als Katalysator auf vielen Ebenen des Marktes gewirkt. Entwicklungen, die vorher schon stattfanden, haben sich beschleunigt, teils überdreht, teils aber auch umgekehrt. Letzteres vor allem in den verschieden großen Handelsformen. Online hat geboomt, der stationäre Retail in unterschiedlichen Ausprägungen gelitten. Die Industrie konnte Einbußen über den digitalen Kanal mildern, aber mehrheitlich nicht kompensieren. Auch da wieder teils sehr unterschiedlich. Es sind einige dabei, die nicht nur wegen ihrer Digitalstrategien sehr gut über die Runden gekommen sind. Das können Produktlinien sein, die im Lockdown deutlich erhöhte Nachfrage hatten – nicht nur die Jogginghose. Generell wurden Investitionen in Expansion zurückgehalten und Umstrukturierungen teils getrieben. Interessanterweise hat mir ein Personaler einer großen Firma mit vielen Mitarbeitern neulich erzählt, dass die Fluktuation seitens der Arbeitnehmer kein bisschen zurückgegangen ist. Anscheinend fühlen sich viele recht sicher vor dem Hintergrund der Überbrückungshilfen, Kurzarbeit und zunehmender Impfrate.“

Haben die momentanen Corona-Lockerungen bereits Auswirkungen?


„Definitiv. Wie so häufig brauchte es offensichtlich die reale Erfahrung mit steigenden Umsätzen, um es zu glauben. Es war eine mathematische Vorhersagbarkeit, dass die Inzidenzen angesichts der Impfquote und wegen des Sommerwetters, das leider spät kam, sinken würden. Manche saßen in Schockstarre wie das Kaninchen vor der Schlange. Umso mehr wird jetzt diskutiert, was in Angriff zu nehmen ist. Der Markt, und in Folge der Personal- und Beratungsmarkt, hat sich nachhaltig verändert und wird das weiter tun. Wir helfen dabei mit der breitbandigeren Sicht und den Erfahrungen, die wir mit unseren verschiedenen Mandanten sammeln.“

Haben die digitalen Veränderungen mit Home Office und den nicht mehr ganz so neuen Möglichkeiten wie Online-Konferenzen, digitalen Angebotsformaten, etc. auch Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt mitgebracht?

„Wir dachten vor Corona, wir wären modern aufgestellt. Jetzt wurde erkannt, dass da noch viel mehr geht. Wir haben einen regelrechten Kulturwandel im Vertrauen zu den Mitarbeitern vollzogen. Die Ängste und das Misstrauen, dass Arbeitnehmer zu Hause auf der faulen Haut liegen würden, haben sich mehrheitlich stark reduziert. Es fällt nun mal auf, wenn die Arbeit nicht erledigt ist. Viele Mitarbeiter und Arbeitgeber haben mit Erstaunen gelernt, wieviel Zeit mit Unterhaltungen auf dem Flur oder in der Kaffeeküche vertändelt wurde und dass man konzentriert ohne Störungen viel schneller und effizienter ist. Trotzdem fehlte nicht nur auf der sozialen Seite der Austausch mit den manchmal wichtigen abteilungsübergreifenden Informationen, die zufällig aufgeschnappt werden. Das gibt einen neuen, akzeptierteren Mix. Aber es gibt weitere Auswirkungen jenseits des Büros. Der Vertrieb zum Beispiel wandelt sich. Digitale Angebotsformate verändern den klassischen Außendienst mit der Folge von effizienterer Kommunikation mit den Kunden und in Folge Kostensenkungen. Eine Person, die nicht mehr 70% ihrer Zeit hinter dem Lenkrad verbringt, kann viel mehr Ertrag bringen. Das hat Auswirkungen auf ganze Vertriebsstrukturen. Auch das geht mit einem Kulturwandel einher. Der Einkäufer, der seinen Vertriebler früher sehen wollte, um Ware zu fühlen, hat sich daran gewöhnt, am Bildschirm zu sichten und in Ruhe zu entscheiden. Aber der Mix macht’s. Ohne sich persönlich zu kennen und Vertrauen zu haben, geht das selten. Der Außendienst muss also in der Regel immer noch raus auf die Straße, nur weniger.“

Wie groß ist der Impact der digitalen Welt und der allgemeinen Veränderung?


„Da passiert einiges, teils ohne dass wir es wirklich zur Kenntnis nehmen. Wenn man heute jemanden daran erinnert, dass wir erst seit 13 bis 14 Jahren Smartphones haben, sind die meisten sehr überrascht über die Kürze der Zeit, so sehr ist es Teil unserer Welt geworden. Ähnlich verhält es sich mit den Veränderungen der letzten Jahre. Man sieht das vor allem, wenn man die Situation analytisch beleuchtet. Die digitale Welt ist nicht nur E-Commerce. Produktentwicklungsprozesse, messbare Kennzahlen in Handel und Industrie, Planungswelten und Strategien, all das ist ganz anders als noch vor wenigen Jahren. Mit immensen Anforderungen an Mitarbeiter, Unternehmen und Infrastruktur. Es sind haufenweise neue Jobs und Arbeitsfelder entstanden. Diese gab und gibt es bis heute teils nicht als Berufsabschluss. Mit Folgen. Wie verantwortet zum Beispiel ein Abteilungsleiter oder Geschäftsführer den Onlineshop, wenn er nicht in der Materie ist? Da kann es passieren, dass Mitarbeiter oder Agenturen Reports liefern, ohne dass sich die Führungsperson ein qualifiziertes Urteil bilden kann. Es besteht nicht nur hier Nachholbedarf. Es müssen Systeme angeschafft werden. Schnittstellen zu den Systemen. Und die Manpower dahinter gestellt. Wie kann die Führungskraft ohne Hilfe beurteilen, was gebraucht wird? Wenn dann nach dem Motto ‚Try & Error‘ ohne Input von außen praktiziert wird, kann es echt teuer werden.“

Wie verändern sich Personalstrukturen im Fashion- und Lifestyle-Business, unabhängig von Covid-19?

„Ich habe den Eindruck, dass unsere Branche da mit wenigen anderen Vorreiter ist. Generell kann man sagen, dass sich Führungsebenen und -anforderungen verschieben. Es gibt kein einheitliches Bild, das zeigt den starken Wandel. Manche entschlacken auf Abteilungsleitungsebene und bauen dafür neue Bereiche an. Das ist teils auch schon nicht wie gewünscht verlaufen. Andere gehen vorsichtiger ran, so dass bereits im Vorfeld der Supervisor oder Generalist gesucht wird, der integriert und verzahnt.

Welchen Nutzen ziehen Unternehmen und Kandidaten in Bezug auf das vorher Gesagte, wenn sie Sie engagieren?

„Zuerst einmal kommen wir von draußen und haben mit einer mannigfaltigen Ausprägung der Entwicklungen zu tun. In vielen Unternehmen herrscht das ‚Agabu-Prinzip‘: Alles ganz anders bei uns… Es kommt oft vor, dass ein Gesprächspartner fragt, warum er auf die Lösung seiner Probleme nicht selbst gekommen ist. Das ist aber normal und liegt am Mikrokosmos, in dem man sich bewegt. Wir haben den Vorteil, zwischen diesen Kosmen springen zu dürfen und einen gewissen Erfahrungsschatz und Netzwerke mitzubringen. Der wichtigste Faktor ist Qualität und Nachhaltigkeit. Wir begleiten unsere Unternehmen und Kandidaten nach Beratung und exzessiver Recherche inklusive dem beschriebenen Profiling nicht nur bis zur Vertragsunterzeichnung, sondern noch mindestens einige Monate mit intensivem Kontakt darüber hinaus. Sollte es dann noch Herausforderungen geben, kann man die mit uns als neutralem Ansprechpartner viel besser als über interne Gespräche bewältigen. Menschen neigen aus gutem Grund dazu, sich nicht immer die volle Wahrheit ins Gesicht zu sagen, vor allem in Situationen mit unterschiedlicher Machtverteilung. Hier kommt es schon mal vor, dass wir auch der Führungskraft zum eigenen Besten fundiert kritische Wahrheiten vermitteln. Sonst wären wir kein guter Partner. Zur eigentlichen Frage: Der Nutzen liegt klar auf der Hand. Kostenersparnis, weniger Fluktuation, effizientere Teams, weniger Ärger und höhere Profitabilität.“

Vielen Dank für das Interview!

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