„Herr Cantó, wie wird sich 2020 entwickeln?“

  /  07.05.2020

Antonio Porta Cantó, CEO der spanischen Footwear-Marke Unisa, spricht im Interview über die neue Normalität und den Wunsch nach mehr Autarkie…

Antonio Porta Cantó

Im Interview erklärt Antonio Porta Cantó, CEO der spanischen Footwear- und Taschenmarke Unisa, den Switch der Produktion auf Mund- und Nasenschutzmasken, verrät, inwiefern die Corona-Pandemie einem Tsunami gleicht und welchen Neuorientierungsprozess selbige noch einmal beschleunigt.

Die Corona-Pandemie hat Spanien hart getroffen – wie hat sich das auf die Unisa-Verkäufe ausgewirkt?

„Die direkten Auswirkungen betreffen die Frühjahr/Sommer-Kollektion 2020 – 30% der Waren wurden nicht ausgeliefert, und wir rechnen mit einem signifikanten Verlust bei den 70%, die ausgeliefert wurden. Wir helfen unseren Kunden mit Rabatten und wissen, dass ein Teil der Ware aufgrund von Zahlungsausfällen, Schließungen usw. nicht abgeholt wird. Für den kommenden Winter 2020 rechnen wir mit einem Umsatzrückgang zwischen 30 und 40%. Es gibt zwei unterschiedliche Szenarien: die südlichen Länder, in denen die Regierungen stärker verschuldet und stark vom Tourismus abhängig sind, und Mittel- und Nordeuropa, in denen die Regierungen den Unternehmen besser helfen können und die nicht in gleichem Maße vom Tourismus betroffen sind wie die südlichen Länder.“

Gab es eine Verlagerung in Richtung Onlineshop?

„Nein, die Online-Verkäufe sind in den acht Wochen des Shutdowns um -50% gesunken – wobei wir aber merken, dass sich die Verkäufe langsam wieder erholen.“

Unisa hat die Produktion auf Mund- und Nasenschutzmasken umgestellt. Erzählen Sie uns doch ein paar Details…

„Genau, wir haben Anfang März damit begonnen, Masken herzustellen, aus chirurgischem Polypropylenmaterial. Sie konnten aus Zeitgründen nicht offiziell zugelassen werden, aber wurden von zwei technischen Laboren getestet. Alle Masken wurden an Krankenhäuser, Gesundheitszentren, Altenheime, die Polizei usw. gespendet. Da wir die ersten waren, die diese Masken entwickelt haben, haben wir auch anderen Unternehmen geholfen, die sich dem Spendenprogramm angeschlossen haben, wie Hispanitas, Magrit, Magnanni, Pons Quintana... Das verwendete Material wurde von der Stofffirma Comertex, die Gummibänder und Verstärkungen von der Firma Clement gespendet. Unsere Fabrik wurde durch den Notstandsausruf der Regierung geschlossen, aber die drei automatischen Schneidemaschinen und die Nähabteilung durften weiterhin genutzt werden.“

Die Unisa Kollektionen werden europaweit in verschiedenen Multibrand-Stores verkauft. Wie viele Shops davon haben schon wieder geöffnet? 


„Alle Shops, in denen unsere Marke verkauft wird, wurden, mit Ausnahme einiger Geschäfte in Ländern wie Schweden und den Niederlanden, geschlossen. Ab dem 11. Mai beginnt die Wiedereröffnung und wir hoffen auf die Rückkehr von etwas Normalität.“

Wie wird die Corona-Pandemie die Fashion- und Schuhbranche langfristig beeinflussen?

„Diese Pandemie ist wie ein Tsunami, der uns alle getroffen und leider viele Opfer gefordert hat. Es besteht kein Zweifel, dass sie, wenn sie unter Kontrolle ist, viel vom Wirtschaftswachstum mit sich genommen hat. Langfristig sind die Auswirkungen schwer vorherzusagen. Mittelfristig glauben wir, dass die Verbraucher verantwortungsbewusster konsumieren werden und dass sich die Unisa-Kundin für zeitlosere Modelle entscheiden wird, die sie mehrere Jahre tragen kann. Diese Neuorientierung begann bereits vor dem Corona-Virus. Die neue Situation hat diesen Prozess beschleunigt.”

Ändert sich bei Unisa etwas an den Auslieferungsterminen?


„Die Liefertermine für Winter verzögern sich um vier bis sechs Wochen, da die Liefer- und Produktionskette unterbrochen wurde.“

Was glauben Sie, wann das Unisa Business wieder normal verlaufen kann?

„Die Rückkehr zur neuen Normalität, von der wir nicht genau wissen, wie sie aussehen wird, wird frühestens in 18 Monaten erfolgen, und dies ist möglicherweise eine eher optimistische Prognose für die Länder im Süden. Für Nord- und Mitteleuropa ist sie vermutlich realistischer.“

Wie werden Sie die neuen Kollektionen in diesem Jahr den Einkäufern und Einzelhändlern vorstellen?

„Wir präsentieren unsere Kollektionen normalerweise auf nationalen und internationalen Messen und in Showrooms. Da das Gesundheitsrisiko weiterhin erheblich sein wird, planen wir für 2020 allerdings keine Messeteilnahme. Bis alle gesundheitlichen Bedenken aus dem Weg geräumt sind, wollen wir unsere Mitarbeiter und Kunden nicht unnötig in Gefahr bringen. Wir werden unsere Kollektionen in unseren Showrooms in Deutschland, Frankreich, Holland, Belgien, Italien und Spanien vorstellen und arbeiten darüber hinaus an einem Programm, um sie in Online-Streamings präsentieren zu können, damit der Kunde alle Produkte perfekt sehen und die Schuhe sogar einzeln um 360 Grad auf dem Bildschirm bewegen kann. Wir finden außerdem, dass die Branche damit aufhören sollte, Sandalen im November und Boots im Mai zu präsentieren. Bis 2021 sollte es vier Kollektionen pro Jahr geben, die dann in den Stores liegen, wenn der Konsument sie braucht. Darüber hinaus sollten wir als Europäer lernen, dass ein erheblicher Teil unseres Konsums in Europa getätigt werden sollte.“

Gibt es positive Aspekte, die Sie der Corona-Krise abgewinnen können?

„Positiv aufgefallen ist uns die gegenseitige Unterstützung in vielen Branchen und Unternehmen, das gesamte europäische Gesundheitssystem, die an vorderster Front arbeitenden Personen, darunter die Beschäftigten im Gesundheitswesen und in den Supermärkten. Positive Auswirkungen könnte es außerdem haben, wenn europäische Politiker jetzt darüber nachdenken und realisieren, dass wir unsere Abhängigkeit von Importen verringern und autarker werden müssen.“

Vielen Dank für das Interview!

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