„Frau Pitow, wie läuft das elho-Comeback?“

  /  19.01.2021

Simone Pitow, Vorstand der elho AG, spricht im Interview über den Relaunch nach rund 20 Jahren, verschiedene Generationen, Pandemieeinflüsse und Zukunftspläne…

Simone Pitow

Mit der elho 1989 Heritage Kollektion, die 15 Styles für Piste und Street umfasst, kehrt die Marke elho, die in den 80ern vor allem auf den Skipisten einen Hype auslöste, nach rund 20 Jahren zurück. Wie es dazu kam, inwiefern die Corona-Pandemie den Start erschwert hat und wie die Kollektionsausbau- sowie Expansionspläne aussehen, verrät Simone Pitow, Vorstand der elho AG, im Interview.

Rund zwei Jahrzehnte war elho vom Markt verschwunden, dann haben Sie sich die Lizenz gesichert und 2020 den Marken-Relaunch gestartet. Warum war der Zeitpunkt der richtige?


„Wir befinden uns in einer interessanten Phase, in der einerseits eine Rückbesinnung auf ‚alte‘ Werte stattfindet, auf der anderen Seite sehen wir eine junge Generation, die eine Meinung hat, dafür auf die Straße geht und sich trotz allem Social Media-Wahnsinn auch für Dinge hinter den Kulissen interessiert. Und in diesen Strömungen taucht schon seit längerer Zeit eine Liebe für Fashion, Style, Design und Marken aus den 80er und 90er Jahren auf, die die jungen Menschen für sich beanspruchen. Dabei sind Werte wie Markenauthentizität oder -historie oft ausschlaggebend für die jungen Generationen, wenn sie Marken für sich entdecken. Und für die älteren Generationen sind die 80er Jahre natürlich ganz besonders in Erinnerung geblieben – es war einfach eine tolle Zeit.“

Inwiefern hat die Corona-Pandemie den Launch erschwert?


„Corona hat für uns von Anfang an alle Pläne umgeworfen. Gerade in das frisch renovierte und eingerichtete Büro gezogen, zog das kleine Team sofort wieder aus ins Homeoffice. Die Geschäfte wurden geschlossen, die Skisaison vorzeitig beendet, Handelsvertreter mussten ohne Kundenkontakt ebenfalls ins Homeoffice und dann diese Ungewissheit, wie sich das Thema weiterentwickelt. Jeden Tag haben wir darüber nachgedacht, ob wir das Ganze um ein Jahr verschieben sollen, ob wir das Risiko eines weiteren Corona-Winters eingehen wollen, wie wir weitermachen… und letztendlich haben wir auf die eigentlich dringend notwendige Vergrößerung unseres Teams verzichtet, unter schwierigsten Umständen eine kleine Produktion für den Winter 2020 an den Start gebracht und das Unmögliche doch noch möglich gemacht. Man vergisst es immer schnell, aber wir hatten im Frühjahr 2020 etliche Wochen, in denen alle Produktionen weltweit geschlossen waren. Und jetzt befinden wir uns in der Sondersituation mit geschlossenen Skigebieten – wer braucht jetzt schon eine neue Ski-Jacke? Insofern macht Corona uns einen gewaltigen Strich durch alle Planungen: Social Media-Aktionen können nicht stattfinden, selbst ein Fotoshooting in den Bergen ist nicht möglich. Insofern bleiben wir flexibel, ‚Freestyle‘ ist unser Motto und das leben wir. Und da unsere Kunden die nettesten auf der Welt sind, bleiben wir gut gelaunt und motiviert. Unser Herzprojekt elho ist einfach zu spannend, um schlecht gelaunt von einem Lockdown zum nächsten zu gehen.“

Die erste neue elho 1989 Heritage Kollektion umfasst 15 Styles für Piste und Straße. Wie kam bzw. kommt die Range an – beim Einzelhandel und bei den Konsumentinnen und Konsumenten?

„Wir haben zurzeit nur eine sehr selektive Händlerstruktur in Deutschland und Österreich, unser Fokus liegt momentan auf dem B2C-Vertrieb. Dadurch stehen wir in engem, persönlichem Austausch mit unseren Kunden, erhalten regelmäßig Feedback, Anrufe, Mails und auch viele Nachrichten über Social Media. Ganz bewusst hatten wir uns für eine sehr spitz aufgestellte Kollektion entschieden, die natürlich auch polarisiert. Wer Neonfarben und oversized Schnitte nicht mag, findet momentan nicht viel bei uns. Aber es ging auch nicht darum, als ‚Everybody‘s Darling‘ zurückzukehren oder aber mit einer dunkelblauen Mainstream-Kollektion ein elho-Shoutout zu lancieren. Uns ging es um ein lautes ‚elho is back!‘ und darum, die Welt ein wenig bunter zu machen. Wir haben den mentalen Anker in den 80ern genutzt und das Kopfkino der damaligen elho-Fans angeworfen, die uns jetzt unaufgefordert ihre Geschichten und Bilder aus ihrer Jugend schicken. Und für die heutige Jugend ist das eine coole Kollektion, die völlig anders aussieht und viele neue Fans generiert. Wir leiden natürlich unter den Corona-Umständen, aber bekommen täglich sehr viel Liebe, Komplimente und auch Wünsche für die nächsten Kollektionen von unserer Community – das zaubert uns immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht und motiviert uns total.“

Für die erste Relaunch-Kollektion haben Sie die Originalschnitte aus den 80ern digitalisiert und beim Design die Vorlagen so wenig wie möglich verändert. Warum die starke Orientierung an den Original-Designs?

„Wenn man sich die Geschichte von elho Freestyle anschaut und versucht zu ergründen, warum und womit die Kollektionen so unglaublich erfolgreich waren, dann erkennt man deutliche Parallelen zu dem Punkt, an dem wir nun starten. Die erste elho Freestyle Kollektion wurde circa 1986 auf der Ispo den internationalen Einkäufern vorgestellt. In einem Pressebericht wurde die Kollektion mit den Worten ‚Darüber ist man sich in den Messehallen einig, das wird niemals jemand anziehen!‘ zerrissen. Das Design war so laut, so anders und abseits der geltenden Norm, dass niemand den Mut hatte, diese Kollektion ins Sortiment aufzunehmen. Skikleidung war einheitlich ähnlich und auf keinen Fall hochmodisch. Aber da sich die Sportler und Profi-Skifahrer (Freeski und Skiballet) dafür so begeistern konnten und es weltweit bei ihren Contests trugen, wurde elho Freestyle in den Jahren danach zum D.A.CH. übergreifenden Erfolg.

Jetzt befinden wir uns in einer ähnlichen Situation, die Skikleidung ist sehr funktionell, Materialien und technische Leistungsfähigkeit bestimmen den Look, alles sieht relativ einheitlich aus und der Unterschied zwischen Outdoor- und echten Skimarken ist auf der Piste von weitem nicht zu erkennen. Dann gibt es noch die edlen Looks und Marken, die aber auch seit Jahren ihren eigenen Modestil prägen. So verrückt es auch klingen mag, wir wollten mit den alten Designs die Mode und das Temperament von damals zurück auf die Piste bringen und einen völlig neuen Look kreieren. Die Heritage-Teile, die wir auf der ganzen Welt zusammengekauft haben, sind in ihren Details und Macharten teilweise einzigartig. Vor über 30 Jahren wurde ganz anders produziert, mit sehr viel mehr Handarbeit und ohne digitale Hilfsmittel. Wenn man sich die Details anschaut, findet man wirklich viele ausgefallene Kleinigkeiten, die heute der Effizienz- und auch der Finanzplanung oft zum Opfer fallen. Die Schnitte sind für Skifashion heutzutage sehr ungewöhnlich. Wir haben viel mehr Schnittteile und müssen dadurch auch viel mehr Nähte verschweißen, das macht die Teile auch einfach teurer. Aber die Herausforderung, eine 31 Jahre alte Jacke in die heutige Zeit der Funktion zu versetzen und gleichzeitig den ‚Look & Feel‘ von damals zu erhalten, ist einfach spannend und führt zu emotionalen Ergebnissen.“

Die Artikelbezeichnungen sind ebenfalls original ’89, vom Ski-Overall „Les Gets“ bis zur Beanie „La Grave“. Sie haben es schon kurz angeschnitten – wie hoch war bzw. ist der Wiedererkennungswert oder ist die Zielgruppe eher eine neue?


„Im Detail können wir zum Wiedererkennungswert der Artikelnamen nichts sagen, aber das generelle Feedback ist auf jeden Fall, dass die Kunden die Artikel an sich, ihre Farben und ihre Variante von damals erkennen und uns dazu auch Bilder schicken. Ab und zu wissen echte Fans tatsächlich noch ihren Artikelnamen und bitten uns, diese eine Jacke auch nochmal wieder zu bringen. Was die Zielgruppen angeht, bedienen wir zwei: die Fans von damals und auch die neuen Generationen. Zum Start im Oktober haben wir hauptsächlich an die elho-Kundinnen und -Kunden von damals verkauft. Die Zielgruppe unter 40 kennt die Marke zumeist gar nicht. Die sind eher überrascht, wenn die Eltern und Großeltern ihre Schatzkiste auspacken oder ihre alten Geschichten dazu erzählen.“

elho will kein Retro-Label, sondern eine Heritage-Marke sein. Können Sie das näher erläutern?


„Es gibt viele Labels, die keine langjährige Geschichte haben, aber trotzdem mit Retro-Kollektionen am Markt sind, weil dieser Trend sich nun schon etwas länger hält. Dazu gehören wir nicht, wir haben mit elho eine über 70-jährige Firmengeschichte mit einem gewaltigen Fundus an Designs, Styles und bespielten Sportarten. Wir müssen uns keine Story ausdenken, um eine Kollektion mit Mehrwert auszustatten. Die Heritage der Marke bietet uns eine Vielfalt, an der wir uns bedienen können und dabei ganz authentisch unsere Wurzeln verfolgen. Das heißt nicht, dass wir immer nur zurückblicken werden, aber es bedeutet, dass die Marke elho eine Identität hat und wir uns dieser sehr bewusst sind.“

Kommt die Range gut an, sei eine schrittweise Expansion geplant. Gibt es diesbezüglich bereits eine Tendenz?


„Ja, natürlich, die gibt es schon seit Anfang an. In Corona-Zeiten werden diese Pläne natürlich immer wieder angepasst – wie schon erwähnt, etwas mehr ‚Freestyle‘ muss es zurzeit sein. Unser Schwerpunkt ist momentan die D.A.CH.-Region, wobei wir über unseren Onlineshop auch nach Skandinavien, Großbritannien, USA und Kanada verkauft haben. Wir werden also nach und nach unsere Verkaufsregionen ausweiten. Und unsere nächsten Kollektionen werden wir natürlich breiter aufstellen, nicht jeder elho-Fan würde auch heute noch Neon tragen, hier bereiten wir zusätzliche moderatere Farbwege und -schnitte vor. Natürlich sind die 80er und 90er immer noch ein großes Thema, aber wir haben uns in ein paar coole Style aus den 70er Jahren verliebt, die wir schon bald als zusätzliche kleine Kapsel bringen wollen.“

Vielen Dank für das Interview!

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