„Frau Nocke, warum sollte man die Beyond Fashion Berlin nicht verpassen?“

  /  13.12.2022

Lena Nocke initiiert im Januar erstmals die Messe Beyond Fashion Berlin und spricht im Interview über menschliches Miteinander, Kooperationen und Nachhaltigkeit…

Lena Nocke

Vom 17. bis zum 19. Januar 2023 geht erstmals die neue Messe Beyond Fashion Berlin an den Start, in den Atelier Gardens mit rund 40 Ausstellerinnen und Ausstellern. Gründerin ist Lena Nocke, die zudem Inhaberin und Geschäftsführerin der Agentur Beyond Berlin mit den Marken Harolds, Jaya und PeopleTree ist. Im Interview verrät sie, wie es zur Idee der Veranstaltung kam, warum selbige mehr ist als eine Messe und weshalb Profit-Maximierung nicht im Fokus steht.

Frau Nocke, die Neonyt startet neu in Düsseldorf, zudem wird es dieses Format auch in Paris geben. Die Premium gibt sich einen nachhaltigen Anstrich innerhalb der Seek. Die Innatex als etablierte Messe für Green Fashion gilt bei vielen Einkäufern als gesetzt. Und nun kommen Sie mit der Beyond Fashion Berlin. Braucht es tatsächlich eine weitere Messe für nachhaltige Mode?  


„Es geht uns gar nicht so sehr darum, eine weitere Messe anzubieten, sondern vielmehr darum, eine andere Art der Plattform aufzubauen. Wir haben lange diskutiert, wie wir dieses Format nennen sollten, da es so viel mehr sein wird als eine Modemesse. Die Zeiten ändern sich und wir möchten uns mit ihnen ändern. Die Idee von zukunftsfähigem Konsum darf nicht nur theoretisch bleiben, sondern muss fest in unserem ganzen Denken und Handeln verankert werden. Darum steht bei uns nicht Profit-Maximierung im Vordergrund, sondern vielmehr nachhaltiges Wachstum, der geschäftliche Austausch und das menschliche Miteinander.

Darüber hinaus sehen wir es aber auch als Bereicherung, wenn die Messelandschaft in Berlin wieder vielfältiger wird. Berlin hat immer eine große Rolle im Fashion-Rhythmus gespielt und das möchten wir mit unserem Konzept gerne unterstützen. Berlin ist Berlin und nicht Düsseldorf oder Wallau. Im Übrigen sind wir mit der Innatex in sehr enger Kooperation, sie veranstalten in unserer Location auch endlich wieder die Innatex-Lounge am 18. Januar.“

Was unterscheidet die Beyond Fashion Berlin von anderen Veranstaltungen?

„Wir möchten zum einen unser bestehendes Netzwerk von Brands, Händlern und Vertretern nach den vergangenen Jahren wieder näher zusammen bringen, um den Austausch zu stärken. Gleichzeitig möchten wir uns aber auch weiter öffnen und anderen den Zugang zu nachhaltiger Mode erleichtern. So setzen wir zwar sehr starke Nachhaltigkeitskriterien an, möchten dabei aber auch neue Brands und solche, die in der Umstrukturierung sind unterstützen. Dafür ist Transparenz ganz wesentlich. Den Einkäufern muss leicht ersichtlich sein, an welchem Punkt des Weges sich eine Brand aktuell befindet und welche Fortschritte sie im Laufe der Saisons macht.
 
Zugleich möchten wir es Einkäufern, die sich bisher weniger intensiv mit Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben, erleichtern, ihre Läden umzustellen – durch die leicht verständliche grafische Umsetzung unserer Nachhaltigkeitskriterien, aber auch durch eine Informationsarea, in der Fragen von unseren Nachhaltigkeitsexperten beantwortet werden. Es ist uns wichtig, einen gastfreundlichen Ort schaffen, zu dem die Aussteller ihre Kunden gerne einladen, weil sie wissen, dass diese sich dort wohl und gut umsorgt fühlen. Einen Ort, an dem man gemeinsam in ruhiger Atmosphäre die Kollektionen verstehen kann, um zusammen heraus zu finden, welche Styles im jeweiligen Laden gut funktionieren werden. Yvonne Ley von Lanius hat es auf den Punkt gebracht: ‚Damit der Verkauf von Mode nachhaltiger wird, braucht es einen ‚slow buying’ Prozess.‘ Bei uns findet man also professionelles Business auf Augenhöhe in entschleunigter Atmosphäre.“

Wie kamen Sie auf die Idee, eine Messe nicht für die Branche, sondern mit der Branche zu initiieren?

„Eigentlich war es eher anders herum. Als Teile der Branche bestimmte Bedürfnisse an mich heran getragen haben, war plötzlich ein großer Drang da, mich um diese Bedürfnisse zu kümmern. Als Sales Agentin habe ich nicht nur ein sehr enges Verhältnis zu meinen Brands, die ich schon seit vielen Jahren betreue, sondern auch eine große Nähe zu meinen tollen Einkäufer*innen. Im Gespräch auch mit Kolleg*innen anderer Sales-Agenturen wurde klar, dass es an der Zeit ist, gemeinsam eine eigene Plattform aufzubauen. Dadurch dass ich schon mehrere Messen und Events mit organisiert, aber auch selber schon auf diversen Formaten ausgestellt habe, kenne ich beide Seiten sehr gut.

Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich dieses Projekt auch für mich selber angefangen. Ich bin vor zwölf Jahren eher zufällig in die grüne Modeszene gestolpert, wurde dort sehr offen empfangen und habe mich sofort als Teil einer tollen Community gefühlt. Durch die Entwicklungen der letzten Jahre wurde diese Community leider stark zerrissen. Das müssen wir ändern, damit wir künftigen Herausforderungen wieder geschlossen entgegentreten können. Durch dieses Projekt darf ich einmal mehr erfahren, wie viele großartige Menschen ich um mich herum habe. An dieser Stelle ein ganz großes ‚Danke‘!“

Ist die Gründung eines Vereins* bei Ihren Bestrebungen von Vorteil oder ist vielleicht auch zu befürchten, dass in Anlehnung an ein Sprichwort viele Meinungen das Event verderben können?

„Natürlich sehe ich auch die Nachteile, wenn man versucht, so basisdemokratisch wie möglich zu arbeiten. Aber es kommt dabei auch sehr stark darauf an, aus welchen  Menschen sich so ein Verein zusammensetzt. Für mich ist der ständige Austausch ein Gewinn. Ich funktioniere tatsächlich besser in einem guten Kollektiv; wenn um mich herum Menschen sind, die Vertrauen in meine Fähigkeiten haben, die meinen Ideen genug konstruktive Kritik entgegenbringen, damit diese wachsen können und die mir den Rücken decken, damit ich mich auf meine Aufgaben konzentrieren kann. Außerdem sehen wir keine andere Geschäftsform, die unser Bestreben nach Transparenz und einem nicht nur gewinnorientierten Wachstum besser nach außen vermitteln kann.“

Die jetzige Ausstellerliste protzt noch nicht mit Quantität, aber die Brands gehören zu den wichtigen Playern in der nachhaltigen Mode. Warum entscheiden sich Aussteller für die Beyond Fashion Berlin?

„Da möchte ich jetzt einfach mal die Aussteller direkt sprechen lassen!

‚Ich bin dabei, weil ich es als waschechte Berlinerin natürlich wichtig und großartig finde, dass es in Berlin weiterhin sinnerfüllte, zukunftsweisende Messen gibt.‘ – Sabine Kelle, Widda

‚Wir positionieren uns im Januar auch auf der Beyond Fashion, da wir dort in guter nachhaltiger Gesellschaft genau richtig stehen und um unseren Kund:innen ein ruhiges Umfeld für ihre Order zu bieten und längere Gespräche führen zu können. Zudem freuen wir uns, auf der anschließenden Innatex Lounge Party viele bekannte Gesichter aus der nachhaltigen Szene wieder zu treffen. Wir sind davon überzeugt, dass der persönliche Kontakt und Austausch, den Messen bieten, besonders in Zeiten voller Veränderung, von besonderer Bedeutung ist! Eine starke Community gibt Halt und Zuversicht!‘ – Claudia Lanius, Lanius

‚Each and everyone can make a difference every day.’ – Oliver Wiesent, Elemente Clemente

Spielt bei einer möglichen Zusage der Aussteller auch der Quadratmeterpreis eine Rolle? Mit 250 Euro liegen Sie deutlich unter dem „Berliner Schnitt“.


„Der Preis alleine ist selten ein Grund, warum man an einer Messe teilnimmt, er kann aber durchaus der Grund sein, warum es einem nicht möglich ist, teilzunehmen. Wenn man als Brand aufrichtig darum bemüht ist, alle Stationen entlang der Lieferkette fair zu bezahlen und dann auch noch die höheren Preise für nachhaltige Materialien und für Zertifikate ausgibt und man als Einkäufer gerne so vielen Konsumenten wie möglich den Kauf nachhaltiger Mode ermöglichen möchte und  dabei aber gleichzeitig für einen reduzierten Konsum wirbt, dann ist es ein sehr schmaler Grat, auf dem unsere Branche sich bewegt. Gerade in der momentanen, sehr unsicheren Situation möchten wir unsere Aussteller unterstützen.

Um jungen Labels die Möglichkeit zu geben, Teil unserer Community zu werden, haben wir uns außerdem mit der Innatex zusammengetan und bieten diesen ‚Design Discoveries‘ die Möglichkeit, sich auf beiden Messen zu präsentieren. Unser Verein arbeitet nicht profit-orientiert, sondern kostendeckend, um möglichst vielen interessierten Ausstellern die Teilnahme zu ermöglichen.

Wie gehen sie mit dem Stress und der Unsicherheit um, die die Planung eines solchen Projektes mit sich bringt?


„Ich schließe kurz die Augen und stelle mir den Morgen des ersten Messetages vor: Eine große Halle voller toller Brands, die sich auf unserer Messe in Berlin gut repräsentiert fühlen. Um mich herum all die Menschen, die zusammen mit mir in diesen Monaten so hart dafür arbeiten, dass alles so wird, wie wir es uns vorstellen. Die Türen gehen auf, die ersten Besucher spazieren herein, schauen sich um und fühlen sich gleich wohl bei uns. Außerdem sind wir ein großartiges Team und bündeln unglaublich viel verschiedenes Fachwissen. Tauchen Fragen oder Unwegbarkeiten auf, haben wir im Kollektiv immer jemanden, der die Antwort oder einen Weg kennt. Das macht uns als Gemeinschaft stark und auch jeden einzelnen von uns stärker.“

Jetzt ein bisschen Werbung: Machen Sie Lust auf einen Besuch der Beyond Fashion Berlin und erklären, warum sich ein Besuch des Events zur Fashion Week Berlin lohnt.

„Zum einen findet man bei uns interessante Brands mit tollen Kollektionen in einer spannenden Berliner Location, die darüber hinaus nachhaltig sind und agieren. Man wird aber auch Teil eines Netzwerkes, in dem Vertrauen, ehrliche Geschäftsbeziehungen und ein sehr freundliches Miteinander im Vordergrund stehen. Man wird gut umsorgt und verlässt unsere Messe bereichert und mit mehr Energie für all die Aufgaben, die noch vor uns liegen. Da wir im Vorfeld die Nachhaltigkeitskriterien der Brands checken und den Besuchern direkt ersichtlich machen, können sich unsere Einkäufer voll darauf konzentrieren, die für sie passenden Styles auszuwählen. Es ist sehr spannend, von Beginn an dabei zu sein, wenn etwas Neues entsteht. ‚Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne‘, wusste schon Hermann Hesse.“

Bald ist Weihnachten. Welche Wünsche stehen in Bezug auf die Messe, aber auch persönlich auf Ihrem Wunschzettel?

„Ich wünsche mir, dass sich viele Menschen finden, die diese Plattform unterstützen, seien es Besucher, Einkäufer oder Medienvertreter, und sich damit unser Netzwerk vergrößert und wächst. Persönlich wünsche ich mir eine Woche Urlaub, um all das, was gerade passiert, zu verarbeiten. Und dass mehr Menschen auf der Welt begreifen: Große Krisen lassen sich nur gemeinsam lösen!“

Vielen Dank für das Interview!


*Gründungsmitglieder des Vereins: Fredericke Winkler (Prodekanin AMD), Thilo Schmelz, Harolds (Label), Christiane Pfund, Grünschnabel (Laden), Christina Wille, Loveco (Laden), Franziska Wolf, Kleidergrün (Laden), Barbara Gebhardt, Nix (Label), Mareike Ulman, Format/Wesen (Label/Laden), Sebrina Pitt, Wardrobe Berlin (Agentur), Sarah Schulze, Good Lux Agency (Agentur), Walter Eichler, We Distributions (Agentur), Jens Frey, INNATEX (Messe), Alexander Hitzel, INNATEX (Messe), Jenny Richter, AMD (Studierende), Orkide Daniel, Orkidee (Grafik Agentur), Eric Landmann, Zentralrat Mitte (Agentur)

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