„Frau Kim, wo stehen wir im Bereich Nachhaltigkeit?“

  /  15.11.2018

Jennifer Kim legt mit ihrer PR-Agentur den Fokus immer stärker auf nachhaltige Labels. Wie es dazu kam und wie sie das Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit einschätzt, verrät sie im Interview…

Jennifer Kim

Vor rund vier Jahren hat Jennifer Kim, eigentlich aus dem Luxus-PR-Segment kommend, in München ihre eigene, gleichnamige PR-Agentur gegründet, mit Fokus auf Mode, Lifestyle, Interieur und besonders auf Eco-Labels. Sie hat Brands wie Wunderwerk, Kerbholz, Golpira, My Sleeping Gypsy sowie Interieur-Marken wie LinenMe, Kimlayani oder Bordbar im Portfolio und verrät im Interview, wie es dazu kam, dass Nachhaltigkeit für sie eine tragende Rolle spielt – beruflich wie privat – und ob Nachhaltigkeit in Zukunft zur Selbstverständlichkeit werden kann.

Sie sind seit mehr als 14 Jahren im PR-Bereich tätig und betreuen neben den D.A.CH-Regionen  auch Skandinavien, die Beneluxstaaten, Polen und Osteuropa. Zudem haben Sie vor vier Jahren Ihre Agentur JENNIFER KIM PR gegründet. Wie hat sich der Bereich PR im Laufe der Jahre verändert?

„Als ich damals mit PR anfing, merkte ich bereits schnell, dass die Redakteure in den o.g. Ländern andere Geschmäcker, Charaktere und auch zum Teil eine andere Art haben zu arbeiten. Obwohl wir in Europa so nah aneinander leben, sind die Vorlieben zu Farben, Schnitten und auch Materialien ganz unterschiedlich. Durch Social Media, insbesondere den momentan überall aufsprießenden Influencern, vermischt sich die Modewelt extrem. Es gibt keine Grenzen oder auch Unterschiede mehr. Was beispielsweise ein Influencer in München trägt, verbreitet sich blitzschnell in den Social Media-Kanälen, so dass sein Post weltweit sichtbar, bei Live Aufnahmen sogar ‚hautnah‘ erlebbar wird. So schnell können die Printmedien natürlich nicht nachkommen. Es ist alles sehr viel schnelllebiger und unkontrollierter geworden – es entsteht eine Art Einheitsbrei. Eine extrem hohe Informationsflut bricht ein.“

Was unterscheidet eine gute PR-Agentur von in Ihren Augen weniger guten?

„Persönlich kann ich sagen, dass es für mich extrem wichtig ist, dass ich voll und ganz hinter dem Kunden stehe, den ich betreue. Sowohl das Produkt, als auch die Geschichte hinter der Marke muss mich ansprechen. Wenn eine Agentur nicht wegen der Quantität, sondern wegen der Qualität der Kunden arbeitet, wird ersichtlich, dass nicht Geld in erster Linie zählt, sondern die Marke und die Werte, die man vertritt. Natürlich zeichnet eine gute Agentur aus, dass man den Kunden in jedem PR-Bereich bedienen kann, sei es Print, Social Media, Celebrity Dressing oder Organisation von Events und Modenschauen. Neulich trat ein Fast-Fashion Gigant an mich heran und ich konnte das Angebot nicht annehmen, da es entgegen meinen Wertvorstellungen war.“

Welche Veränderungen wünschen Sie sich in Zukunft im PR-Bereich?

„Ich würde mir wünschen, dass es sich im Social Media-Bereich etwas beruhigt. Dass auch da der Trend zu Slow Living geht, auch im Hinblick auf Slow Living in den Köpfen der User. Die Explosion der Influencer ist nicht kontrollierbar, es wird zu oft zu viel Zeit mit Social Media verbracht. Ich wünsche mir, der Trend würde zu mehr Privatheit gehen.“

Ursprünglich kommen Sie aus dem Luxus-PR Segment, mittlerweile betreut Ihre Agentur immer mehr nachhaltige Fashion- und Interieur-Marken. Wie kam es dazu?

„Direkt nach meinem Studium war ich die Presseverantwortliche für ein japanisches Luxusunternehmen, das seinen europäischen Hauptsitz in Paris hat. Ich verantwortete den mitteleuropäischen Markt und reiste international zu Modenschauen, Presseevents und Meetings. Privat prägte mich dieser Lifestyle sehr. Als ich jedoch vor einigen Jahren anfing, in meinen Urlauben mit dem Rucksack zu verreisen, sah ich die Welt mit anderen Augen. Fernab von Glamour und tollen Events, sah ich Kinder in Indien, die während des Monsunregens keine Schuhe trugen, Familien samt ihren Kindern in Kambodscha Wäsche von Touristen mit ihren Händen waschen, um Geld zu verdienen oder Rikschafahrer in der sengenden Hitze Kubas ihre Füße wund treten.

Damals hatte ich nie gedacht, dass ich eines Tages 30 Stunden im Bus durch Asien reise und das in der letzten Reihe. Man kann sagen, dass das einfache Reisen mit wenig Gepäck mich persönlich geprägt hat und auch meine Sicht auf Luxus, Mode und Notwendigkeit verändert hat. Wie schön ist es, dass man hier im sauberen Meer schwimmen kann, ohne dass Plastikflaschen und Müll einen umgeben. Das sieht in anderen Ländern leider ganz anders aus. Die vielen Eindrücke, die ich gesammelt habe, waren der Grund, meine Einstellung zu überdenken und auch beruflich zu schauen, was ich möchte und was nicht. Da ich sehr gerne PR mache, möchte ich jedoch für Firmen arbeiten, die sinnvolle Produkte produzieren. Daher kam mein persönlicher Wunsch, für nachhaltige Firmen zu arbeiten.“ 

Wie schätzen Sie das Thema Nachhaltigkeit derzeit ein? Hat bereits ein Umdenken stattgefunden oder stehen wir noch ganz am Anfang?

„Meiner Meinung nach sind schon ziemlich viele Ansätze vorhanden, dass ein Umdenken stattfindet. Die Zeitschriften berichten sehr oft über Green Living und Green Fashion und es gibt viele Influencer, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Auch viele große Firmen lancieren nachhaltige Kollektionen, da sie die Notwendigkeit sehen, den Anschluss nicht zu verpassen und auch zumindest im Ansatz als faires Unternehmen zu gelten. Die Umsetzung mag jedoch noch etwas schwierig sein. Viele junge Menschen orientieren sich nicht an Qualität, sondern an günstigen Produkten und Quantität. Je mehr aber in den Medien publik wird, desto größer wird das Bewusstsein auch bei den jüngeren Kunden.“

Wie unterscheiden sich die verschiedenen Märkte, auf denen Sie tätig sind, diesbezüglich?

„Die großen Luxusmodehäuser werden sicher nicht nur Biobaumwolle oder veganes Material verwenden. Auch würden die verschiedenen Kollektionen nicht mehr gut verkauft werden, wenn man nur nachhaltig lebt. Es würde den Modekreislauf auf eine Art verhindern. Denn bei Nachhaltigkeit geht es darum, nicht nur zu konsumieren, sondern auch Dinge, die kaputt gehen, zu reparieren oder auch Kleidung mit Freunden zu tauschen. Die Mode lebt vom ständigen Wechsel. Glücklicherweise gibt es so viele tolle nachhaltige Labels, die wertige Produkte herstellen und fair produzieren, so dass man ohne schlechtes Gewissen diese Kleidung tragen kann.

In der Wohnindustrie geht es langsamer zu. Die Kunden kaufen nicht zu jeder neuen Saison ein neues Sofa oder einen neuen Tisch. Daher ist der Nachhaltigkeitseffekt größer als in der Mode. Beispielsweise betreuen wir einen Living-Kunden, der u.a. Bettwäsche aus nachhaltigem Leinen herstellt. Die Bettwäsche ist ganz nah auf unserer Haut, so wie auch Kleidung. Jedoch denken viele nicht darüber nach, was sie den ganzen Tag tragen und welche Chemikalien sie ihrem Körper aussetzen, wenn sie keine nachhaltige Kleidung tragen. Im Living-Bereich geht es oft um Hygge und Slow Living – ein Luxus, den man sich daheim gönnt und leistet. Bei Kleidung sollte es nicht anders sein und man sollte nur gute Materialien an sich heran lassen.“ 

Kann Nachhaltigkeit zur Selbstverständlichkeit werden?

„Ja, das ist möglich, wenn jeder einzelne sich über Nachhaltigkeit und nachhaltige Produkte bewusst wird. Es muss öfter aufgeklärt werden, was die Unterschiede zu nicht nachhaltigen Produkten sind. In den Schulen sollte schon ein Bewusstsein bei den Kindern und Jugendlichen geschaffen werden.“ 

Wie nachhaltig leben Sie selbst im Alltag?

„Ich habe vor kurzem mein Auto verkauft und fahre mit meinem Hollandrad mit übergroßem Korb durch München. Dort kann ich alles verstauen, bewege mich an der frischen Luft und stehe auch nicht mehr im Stau. Also hat der Verkauf viele Vorteile mit sich gebracht. Außerdem kaufe ich wenige Anziehsachen und schaue, dass ich wertige und nachhaltige Kleidung kaufe. Meinen beiden Kindern vermittle ich ebenfalls das Bewusstsein und erlaube es ihnen nicht, bei Fast-Fashion-Retailern zu kaufen. Im Alltag vermeide ich Produkte mit Plastik und gehe gerne in Bio-Supermärkte oder auf den Viktualienmarkt und erwerbe Lebensmittel aus der Region. Neuerdings habe ich sogar Cremes aus Shea Butter und Kokosöl selbst gemacht. Ich lebe bewusster und mit weniger Dingen. Dadurch weiß ich in jeglicher Hinsicht mehr zu schätzen.“ 

Vielen Dank für das Interview!

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