„Frau Fuentes Prado, wie beeinflusst die Corona-Krise die Digitalisierung der Mode?“

  /  02.06.2020

Maqu-Designerin Marisa Fuentes Prado spricht im Interview über die anstehende digitale Helsinki Fashion Week, die Digitalisierung der Mode und über Verantwortung…

Marisa Fuentes Prado

Die Kollektionen des jungen Berliner Labels Maqu, hergestellt in Deutschland und Peru, sind ein Mix aus Kunst, Design und Praktikabilität. Designerin Marisa Fuentes Prado verrät im Interview, wie sie ihre neue Kollektion im Juli auf der Helsinki Fashion Week präsentiert, wie die Corona-Pandemie die Modewelt verändert und warum jeder eine Verantwortung trägt.

Sie präsentieren ihre Eco Marke Maqu im Juli 2020 im Rahmen der Helsinki Fashion Week, die diesmal digital stattfindet; dabei werden auch die Kleidungsstücke als 3D-Designs gezeigt. Können sie das etwas näher erläutern?

„Wir wurden nach einem ausführlichen Bewerbungsprozess für das Designer Residency Programm ausgewählt und entwerfen jetzt acht Outfits, die in einer 3D-Modenschau gezeigt werden und betreten damit eine zweite Ebene. Erstmals wird eine Fashion Week-Show, die digital besucht werden kann, auf diese Art aufgeführt. Zuvor können uns alle Interessierten online eine Woche lang über die Schulter gucken und sehen wie die letzten Vorbereitungen getroffen werden.“ 

Für die Kreation der 3D-Teile kollaborieren Sie mit einem 3D-Designer. Wie läuft diese Kooperation ab?

„Das ist neu, super aufregend und eine völlig andere Welt, in der wir parallel arbeiten. Vielleicht betreten wir hier die Zukunft der Modenschau. Wir telefonieren sehr viel und sprechen über das Herz der Kollektion, die Visionen von Helsinki, Design, Nachhaltigkeit und Zukunft. Die Zusammenarbeit ist super…“

Treibt die Corona-Pandemie die Digitalisierung der Mode voran?

„Mode wird hoffentlich immer analog und ein körperliches Erlebnis bleiben. Eine digitale Modenschau für alle ist allerdings ein großer Gewinn für die Menschen, die Mode und ein Experiment. Design wird so für alle zugänglich.“ 

Werden Fashion Weeks bzw. Fachmessen Ihrer Meinung nach auch nach der Corona-Krise vermehrt digital stattfinden?

„Das 3D-Design ist eine große Hilfe und ein sehr gutes Werkzeug für Designer. Trotzdem kann nicht alles digitalisiert werden, für den Laufsteg ist das aber super. Man kann sich mehr Shows anschauen, Zeit kann für anderes verwendet werden, ein großer logistischer Aufwand und CO2 Emissionen werden eingespart. Ich denke, das Mittel ersetzt nicht die klassischen Shows, sondern bringt neue Möglichkeiten mit sich, die wir nicht mehr missen werden wollen.“ 

Sie haben letztes Jahr Ihre Back to Black Collection u.a. auf der Neonyt in Berlin präsentiert. Könnten Sie sich auch hier vorstellen, an einer digitalen Version teilzunehmen?

„Die Realisierung der Fashion Week Helsinki ist ein spannender und komplexer Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Erst im Anschluss können wir erkennen, wohin die Reise geht und wie viele zeitliche Kapazitäten wir für welche Projekte noch haben.“

Sie verwenden recycelte Materialien für die gesamte Spring/Summer Collection 2021. Welche sind das und warum gerade diese? Was zeichnet die Kollektion noch aus?

„Für diese Kollektion verwenden wir Tencel und zertifizierte Bio-Baumwolle verschiedener europäischer Produzenten. Außerdem kommen Pima Baumwolle und Shiringa/Kautschuk als Alternative für Leder zu Einsatz. Beide Materialien werden in Peru traditionell nachhaltig gewonnen. Des Weiteren verwenden wir Stoffreste alter Kollektionen für Details. Wir kombinieren gern vielfältige Materialien, um ihre sehr speziellen Eigenschaften zu nutzen. Elemente aus einer alten peruanischen Zivilisation sind die Inspiration. Eine Muse war für mich dabei eine deutsche Frau, die ihr gesamtes Leben in Peru dieser Kultur gewidmet hat. Diese Eindrücke habe ich mit dem Maqu Style neu interpretiert. So ist eine intime Kollektion entstanden.“

Sie sind in Peru geboren, haben in Kopenhagen gelebt und schließlich in Berlin. Welche Einflüsse dieser Orte zeigen sich in Ihren Kollektionen?

„Ich bin in Lima geboren, einer großen und bunten Stadt.  Kombinationen starker Farben mag ich sehr. Gleichzeitig liebe ich minimalistische und praktische Kleidung. Diese Kollektion zeigt den Geist meiner Heimat, zeitlose Schnitte und besondere Details mit weiten Silhouetten in einer gedeckten Farbpalette. Wir zeigen verschiedenste Charaktere.“

2017 haben Sie Ihren eigenen Store in Berlin eröffnet, in dem Sie auch Einzelstücke direkt vor Ort fertigen. Wie viel Prozent Ihres Umsatzes/Gewinns macht der eigene Shops aus und wie viel der übrige Einzelhandel und der Onlineverkauf?

„Bisher hatten wir uns zunächst auf den Aufbau des Stores konzentriert und dieser macht einen Anteil von circa 70% am Umsatz aus. Seit der Schließung des Ladens wegen der Corona-Pandemie fiel dies komplett weg, auch da internationale Gäste natürlich nach wie vor komplett fehlen. Unser Plan für 2020 sah schon den besonderen Fokus auf Onlineaktivitäten und Internationalisierung vor. Diesen verfolgen wir jetzt verstärkt – auch notgedrungen – weiter. Der Onlineverkauf nimmt zu, aber es ist zu früh und alle Entwicklungen zu frisch, um schon eine klare Richtung auszumachen.“  

Welchen Einfluss hatte und hat die Corona-Pandemie noch auf Sie und Ihre Marke?

„Wir wurden bestärkt in unsere Überzeugungen und verfolgen diese weiter. Nachhaltigkeit muss gelebt und mit Inhalt gefüllt werden. Dieses Konzept muss in jeder Situation des Alltags und der Produktion verfolgt werden, es ist kein einzelner Aspekt. Das heißt unsere strengen und speziellen Standards für die unterschiedlichen Materialien werden weiterentwickelt und auf immer neue Gebiete ausgeweitet. Wir können nicht stehen bleiben und kombinieren weiter uralte traditionelle Herstellungsmethoden und modernste Fasern. Denn wir können eine Zukunft nur erleben, wenn wir aus dem unglaublichen Reichtum der Welt und der Vergangenheit lernen. Wir sind dankbar für das alles und teilen emotional und materiell mehr denn je.“

Welche Erkenntnisse hat Ihnen die Corona-Krise bislang gebracht?

„Das Erkenntnis, dass die eben genannten Aspekte essentiell wichtig sind für unser aller Leben. Bisher war das unsere selbstverständliche Grundlage, so wie Liebe. Das Design stand im Vordergrund. Wir sollten aber vielleicht alle jederzeit auch die Erhaltung der Erde thematisieren und diskutieren. In der letzten Zeit bin ich aufmerksamer geworden und habe meine Kräfte gebündelt.“

Was muss sich in Zukunft ändern, z.B. auch bevor es eine eventuelle zweite Welle geben wird?

„Unabhängig von einer zweiten Welle mit diesem Virus sollten wir wohl akzeptieren, dass das Leben und die Natur von allen geschützt werden muss – nicht nur von bestimmten Vereinen oder Politikern. Wir alle haben die Verantwortung. Alle Kreaturen und Dinge müssen respektvoll behandelt werden. Das gilt natürlich auch für Kleidung – besonders, wenn sie so ein schönes Design haben…“

Vielen Dank für das Interview!

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