Rück-Zuck

  /  20.08.2013

„Rücksendungen gehören zu den größten Renditekillern im Online-Handel“, sagte der Geschäftsführer einer E-Commerce-Agentur neulich. Den Konsumenten interessiert’s wenig, denn was vor allem zählt, neben dem Produkt natürlich, ist kostenloser (Rück-)Versand. Genau dieser könnte nun aber auf der Kippe stehen – die Auswirkungen? Ein Kommentar von Kristina Arens.

Bestellungen in E-Stores kommen laut einer Studie durchschnittlich erst nach fünfeinhalb Tagen beim Konsumenten an, Versandbestätigungen werden nur in zwei von drei Fällen verschickt und bei Rücksendungen wird rund jeder Dritte nicht darüber informiert, ob diese auch wieder beim Absender ankam. Zudem, und vor allem, fallen hohe Versandkosten negativ auf. Das war Mitte 2011. Die Zeiten ändern sich, ist doch mittlerweile sogar die „Same-Day-Delivery“ im Gespräch und lockt ein Gros der Webshops – und damit wären wir beim Thema – mit kostenlosem Versand und Rückversand. Bis jetzt. Die so genannte „40 Euro-Klausel“ besagte bis dato, dass die Kosten bei einer Rücksendung mit einem Bestellwert von über 40 Euro vom jeweiligen E-Store getragen werden. Genau diese Klausel soll nun ab Juni 2014 wegfallen.

Die Gründe: aus Händlersicht völlig nachvollziehbar. Schließlich leiden viele Onlineshopper, und da möchte ich mich selbst gar nicht ausnehmen, unter „Kaufbulimie“, will heißen, Shirt, Kleid, Rock, Hose, Schuhe und Co. werden nicht in einer, sondern gleich in mehreren Größen, Farben und Formen bestellt, um sie dann nach dem Anprobieren meist größtenteils wieder zurück zu schicken. Das Ergebnis für den Onlinehändler liegt auf der Hand: Für andere E-Shopper scheinbar ausverkaufte Stücke – scheinbar deshalb, weil Interessent Nummer 1 ja mindestens eine Größe zurückschicken wird – sind wahrscheinlich eher nebensächlich, zumindest im Vergleich zu den hohen Kosten. Laut des Forschungsinstituts Ibis betragen diese pro Retoure bis zu 20 Euro, nur etwa 5% kommen mit Stückkosten von bis zu 5 Euro davon.

Erst kürzlich kündigte Amazon an, Kundenkonten zu sperren, falls eine „Überschreitung der haushaltsüblichen Anzahl an Retouren“ vorliegt, natürlich nur „in Ausnahmefällen nach eingehender und umfassender Prüfung“. Konkrete Zahlen zu dieser Überschreitung gibt es allerdings nicht. Dieses Vorgehen ist doch sehr drastisch, Maßnahmen wie eine Verbesserung der Darstellung sollten zunächst im Vordergrund stehen, sprich Kleidungsstücke mithilfe von Videos, virtuellen Models, 360-Grad-Ansichten oder virtuellen Ankleiden darstellen, Details durch Nahaufnahmen in den Vordergrund rücken sowie wichtige Eckdaten zur Marke, zur Farbe und vor allem zu den Maßen liefern – denn Größe ist zwar nicht alles, macht aber viel aus. Und das sind nahezu alles Dinge, in denen Amazon nicht gerade der Vorreiter unter den E-Shops ist.

Auch die Zahlart spielt eine Rolle, ist es beim Kauf auf Rechnung – und hier spreche ich erneut aus Erfahrung – doch viel verlockender, gleich für einen drei- oder vierstelligen statt nur für einen zweistelligen Betrag zu shoppen. Das Geld wird schließlich nicht direkt abgebucht und bei der Retoure muss nicht lange auf die Rückzahlung gewartet werden. Zurzeit geht dennoch im Segment Bekleidung etwa jedes vierte Kleidungsstück an den Händler zurück, bei mehr als jedem zehnten sind es sogar bis zu 70%.

Beim Onlineshopping wird die Umkleidekabine ins Wohnzimmer verlegt. Und das ist der Punkt. Ist das Einkaufen vom Schreibtisch, Sofa oder Bett aus sowie das Anprobieren in den heimischen Gefilden doch so bequem und praktisch und wer dies zu würdigen weiß, kann die paar Euro Retoure auch blechen, oder? So oder ähnlich wird ein Großteil der Händler argumentieren. Die Ergebnisse einer Umfrage des ECC Köln zeigen: Die Mehrheit der E-Shopper ist genau dazu nicht bereit. Knapp 65% würden nicht mehr in den Weiten des World Wide Webs einkaufen, wenn sie für Warenrücksendungen selbst aufkommen müssen, nur für lediglich rund 14% ist dies grundsätzlich in Ordnung. Aber mal ehrlich, würde man nicht viel genauer überlegen, ob man ein Teil wirklich haben möchte, würden wir nicht viel bewusster shoppen statt wahllos alles in den Warenkorb zu knallen, wenn wir die Retoure bezahlen müssten? Problematisch könnte es allerdings dann für den Onlinehandel werden, wenn eben diese Überlegungen auf einmal zu genau werden, wenn statt durchdacht auf einmal – drastisch formuliert – gar nicht mehr online eingekauft wird.

Die Möglichkeit, Gekauftes kostenfrei zurückzuschicken, hat sich für den Onlinehandel zu einem kostspieligen Wettbewerbsinstrument entwickelt. „Retouren gehören zum Geschäft“, sagt auch Christoph Wenk-Fischer, Chef des Bundesverbands des Deutschen Versandhandels. „Wenn wir uns nicht so kulant verhielten, würde es nicht so boomen.“ Man sollte als Konsument aber auch mal die logistische Meisterleistung hinter dem Prozess der Retoure bedenken: Die Teile machen sich gegebenenfalls mehrere Tausend Kilometer auf den Weg, werden anschließend auf Beschädigungen geprüft bis sie wieder in den Regalen verstaut, um letztlich erneut geordert und ausgeliefert zu werden. Wenn uns die E-Shop-Betreiber etwas unterstützen und detaillierte Maße sowie Beschreibungen angeben, können wir es ihnen dann nicht gönnen, viel Geld zu sparen, wenn wir selbst nur wenige Euro investieren müssen? Wahrscheinlich wird sich nach dem Wegfall der besagten Klausel sowieso nicht allzu viel ändern, denn wer will schon als erster Kosten einführen und Gefahr laufen, seine Kunden an die Konkurrenz zu verlieren, aber dennoch lautet mein Appell: Ein wenig mehr Verständnis bitte, schließlich spart man selbst gegebenenfalls ja auch die Fahr- und Parkkosten, wenn man sich des Repertoires im Internet bedient.

FÜR DEN VOLLSTÄNDIGEN INHALT DIESER SEITE, MELDEN SIE SICH BITTE AN.

Noch kein Mitglied?

Dann registrieren Sie sich jetzt für den kostenfreien 1st-blue-Business Club.
Als Teil unserer Community erhalten Sie Zugriff auf Branchen-News, Orderinfos, Netzwerktools und den wöchentlichen B2B-Newsletter.