Ist der Ruf erst ruiniert…

  /  19.08.2014

Vom In-Label zum geächteten Brand sind es manchmal nur wenige Schritte. Wie ein erfolgreicher Absturz à la Abercrombie & Fitch funktioniert – ein Ratgeber von Lara Schotten…

„Wie werde ich ihn [den Mann] los in zehn Tagen“ – die Frauenwelt wird sich schmunzelnd an diese Liebeskomödie erinnern, doch während Kate Hudson und Matthew McConaughey gemeinsam einem märchenhaften Happy Ever After entgegenfuhren, erlebten andere Parteien auf ihrem Weg der Selbstoffenbarung ein deutlich pejorativeres Ende. „Wie werde ich ihn [den guten Ruf] los in zehn Schritten“ – es folgt ein Ratgeber für alle Marken, die sich von einem erfolgreichen (Saubermann-)Image verabschieden möchten. Für immer? Wenn Sie folgende Punkte gewissenhaft ausführen, stehen die Chancen wahrlich gut, Unternehmen wie Abercrombie & Fitch oder American Apparel vom Thron zu stoßen. Obacht! Die Anwärter für die Position des „Most wanted Outlaw(s)“ kennen – im wahrsten Sinne des Wortes – kein Pardon.

1.    Führe eine deutliche Zielgruppenansprache!

Stimmen Sie das Sortiment auf eine bestimmte – ausschließlich attraktive – Zielgruppe ab, lassen Sie selbige für sich arbeiten und stecken Sie sie in körperbetonte, knappe und bauchfreie Outfits – wetterungeachtet. Der Body Mass Index (BMI) darf auf keinen Fall den Richtwert für Untergewicht überschreiten, ein Six-Pack ist Pflicht. Körperkult ist Ihre Religion? Verhängen Sie Verbote für das zur-Schau-Tragen jeder anderen.

2.    Verliere nie die Kontrolle!

Freiheit ist ein Begriff der 60ies, Respekt ein Ideal der 70er, Privatsphäre ein Phänomen von wann auch immer. Ließen Chefs ihr Personal damals noch ohne vorherige und nachträgliche Taschenkontrolle in die Firma hinein sowie aus jener heraus, so kann dies heute nur auf Unverständnis stoßen. Zeigen Sie, wer im Unternehmen der Boss ist – schließlich ist jeder Mitarbeiter ein potenzieller Dieb!

3.    Sorgen Sie für eine sexuell verdrießliche Situation am Arbeitsplatz!

American Apparel-Gründer Dov Charney scheint sich diesen Rat besonders zu Herzen genommen zu haben, denn er zeigte – so munkelt man – keinerlei Scheu davor, dass das Interesse an seinen Mitarbeitern weit über die arbeitsbedingten (und moralischen) Grenzen hinaus reicht. Ein adäquates Druckmittel für diejenigen, die sich noch „zieren“, kann hierbei die Drohung des Arbeitsplatzverlustes darstellen. Gehen Sie dabei so unvorsichtig vor wie möglich – den großen Auftritt vor Gericht bekommen Sie schließlich erst dann, wenn Sie diese Regel mehrfach befolgen.

4.    Pro Exhibitionismus!

Zeigen Sie der Belegschaft, dass Sie – auch und besonders – als Chef vom Dienst in jeder Situation eine gute Figur machen. Nehmen Sie sich ein Beispiel an – surprise, surprise – Herrn Charney. So mutiert der Gang in Unterwäsche durch die eigene Fabrik zum persönlichen Catwalk.

5.    Zeigen Sie dem Personal, dass es ersetzbar ist!

Magermodels ja, aber nur solange, bis der erste Shitstorm losbricht. Ein positives Exempel statuierte Gap: Nachdem sich die „breite“ Öffentlichkeit mit Kosenamen à la „Beetlejuice 2“ oder „Kadaver Körper“ an das Vorzeige-Model(l) der Marke herangewagt hatte, ersetzte diese es, dem guten Ruf schuldig bleibend, durch ein Kleiderstangen-Pendant. Eine Koryphäe auf dem Gebiet der Subtilität!

6.    Unterstützen Sie das heutige Schönheitsideal!

Sie möchten sich vom allgemeinen Durchschnittstrend des Normalgewichts verabschieden? Folgen Sie dem kreativen Input von A&F und ziehen Sie eine Persiflage in Betracht: Verkünden Sie in der Öffentlichkeit, dass Sie das Größenmodell von Untergewichtsklassen auf XXL anzuheben gedenken und präsentieren Sie wenige Wochen darauf Ihr wahres Anliegen, indem Sie sich als Pionier auf dem Gebiet der Kids-Size-Charts outen. Lancieren Sie die Größe Triple Zero für Frauen mit Taillenweite 23 Inch. Das Ergebnis wird Sie erstaunen: 0 Gewinnzuwachs; 0 Verständnis und in 0 Komma Nichts zurück zum Bad Brand-Image.

7.    Bleiben Sie bei der (=Ihrer) Wahrheit!

Examples speak for themselves:

„In jeder Schule gibt es die coolen und beliebten Kids. Wir wollen die coolen Kids. Viele Menschen haben in unserer Kleidung gar nichts zu suchen. Grenzen wir Menschen aus? Na, klar!“ – soll sich der (ehemaliger) A&F-CEO Mike Jeffries geäußert haben
 
„Nicht jeder Körper wurde eben für Yoga-Pants geschaffen.“ – habe der (ehemalige) Aufsichtsratsvorsitzender von Lululemon, Dennis Wilson zum besten gegeben

„Ich wurde als eigenartiger Mensch geboren.“ – mag der (ehemalige) American Apparel-CEO Dov Charney erkannt haben

8.    Stehen Sie zu Ihren Prinzipien!

Sie wollen Mode für Amerikaner aus Amerika machen und schreiben sich Prädikate wie „Sweatshop Free“ (=nicht unter widrigen Bedingungen eines Ausbeuterbetriebs hergestellte Produkte) auf die Fahne? Bleiben Sie diesem Motto nach außen hin treu, solange es funktioniert. Früher oder später wird Sie der Ruf als eigener Ausbeuterbetrieb bei richtigem Einsatz von Doppelmoral ohne Frage einholen: Folgen Sie diesem, aus der Produktion vehement verbanntem Vorbild und mutieren Sie selbst zu einem solchen, indem Sie Ihre Belegschaft als sexuelle Gespielinnen ausbeuten. Sollte der gewünschte Erfolg zu spät eintreten, machen Sie sich weiterhin für Themen wie „political incorrectness“ und „moral abuse“ stark.

9.    Veräußern Sie Ihre Ware in Exklusiv-Boutiquen!


„Dank Ed Hardy erkennt man Vollidioten schon jetzt von Weitem“ lautet ihr Mantra? Stehen Sie nicht nur schweigend oder besser provozierend daneben, während sowohl Umsätze als auch Aktienwerte in den Keller fallen, sondern handeln Sie nach diesem Grundsatz, denn was aus Ed Hardy wurde, kriegen Sie doch sicher mit links hin. Veräußern Sie Ihre Ware also über exklusive stationäre Handelsflächen wie Real oder Lidl. Mode zum Bestpreis – wer jetzt nicht den wahren Wert Ihres Anspruchs erkennt, der glaubt auch noch an den (Achtung: Spoiler-Alarm!) Weihnachtsmann.

10.    Verleihen Sie als Chef Ihrem Standpunkt Nachdruck!

Sollten all diese Ratschläge – so unvorstellbar dies auch sein mag – ins Leere gelaufen sein, step forward and stand up for your right: Verleihen Sie sich Gehör und bringen Sie erneut zum Ausdruck, dass Sie aus den vorherigen Handlungen trotz geheuchelter Attitüde rein gar nichts gelernt haben. Spätestens dann werden die Investoren und Gesellschafter endlich Köpfe fordern und bei allem Respekt, welcher verdiene es mehr als Ihrer?  

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