Fashion Week Berlin, Januar 2017: Shows

  /  24.01.2017

Das Zelt am Brandenburger Tor als Haupt-Location der Schauen während der Fashion Week Berlin hat ausgedient, der Hauptaustragungsort diesmal: das ehemalige Kaufhaus Jandorf. Was die Designer dort und offsite gezeigt haben? Wir haben einen kunterbunten Mix für euch...

A modern tribe

Die Eröffnungsshow der Fall/Winter Fashion Week 2017/18 von Dorothee Schuhmacher zelebrierte die Verbindung von Tribe Feeling und Female Empowerment; „Believe in your female energy“, so das Credo. Die Designerin zeigte eine Symbiose aus vermeintlichen Gegensätzen. Urban Glamour, Classic Tailoring und Modern Tribal-Elemente treffen aufeinander – die Silhouette legt den Fokus auf die Taille, mit High Waist-Cuts, Peplums und breiten Gürteln. Stilbestimmend: Layering. Strukturstoffe sind die neuen Protagonisten und verführen als moderne Antwort auf Drucke.

Girls just wanna have fun!

Nicht umsonst taufte Lena Hoschek ihre Herbst/Winter-Kollektion „Dollhouse“, widmet sie diese doch den lauten Frauen in einer farbenfrohen Welt voller Spaß und rosaroter Kaugummiblasen. Als Inspiration dienten neben den glamourös glitzernden Pin-ups und Showgirls der 50er- auch die schillernde Disco-Ära der 70er- sowie der romantische Trash der 80er- und 90er-Jahre. So wurde kuscheliger Plüsch zu warmen Wintermänteln verarbeitet, das Leo-Muster in Candy Colors getaucht und Glitzer eingesetzt. Viele der weitschwingenden Kleider und Röcke zeigen sich außerdem mit süßen Polka Dots, Herzchen, Rüschen oder Lipstick-Prints. Betrachtet man die Schnitte, wird die Message schnell klar: Zeigt her eure Kurven! Durch eine überdimensionale Schleife am Oberteil sticht besonders das bodenlange, pinke Couture Kleid aus Seide hervor. Ein Highlight stellt zudem die Kooperation mit Walt Disney dar. Hoscheks liebstes Kleidungsstück: ein Mickey Mouse Shirt aus den 80ern, das ihre Mutter trug, als sie schwanger war. Nicht zuletzt dieses Top bewegte die Kreative dazu, Kleider, Röcke und Oberteile zu entwerfen, die Mickey und seine Freunde zieren.

Ohne Zweifel…

…das gab es noch nie: eine Modenschau durch die komplette Lobby des Hotel Adlon am Brandenburger Tor. Die Kollektion „No room for doubts“ von Anja Gockel, ein Aufruf zu Klarheit, Liebe und Entschlossenheit als Gegenpol zu Abstumpfung und Desinteresse, wirkt frei, spontan, emotional und so ambivalent wie das Setting der Show. Großzügige Silhouetten in prunkvollen Stoffen umspielten die Körper der Models, viel Stoff mit aufwendigen Prints, schillernden Pailletten und nostalgischer Samt schwebte über den Marmorboden. Die A- und H-Linie dominiert die Range und hebt die weiblichen Vorzüge hervor.

Whatever

Die neue Kollektion von rebekka ruétz mit dem Titel „Whatever“ ist inspiriert von den 80ern und der Antimoderne, eine Art dunkle Renaissance. Die Silhouetten nehmen abstrakte Umrisse an, Härte trifft auf zarte Schönheit. Bei den rund 36 Looks stechen weniger die Materialien selbst als ihre Komposition heraus. Hierbei geht es nicht um Patchwork, sondern darum, durch Kürzen und Formen neue Konzepte zu schaffen. Ruhige Einfarbigkeit lässt Raum für Mischfarben, gefolgt von warmen und neutralen Tönen. Tiefes Schwarz und satte Zwischenfarben wirken intensiv und scheinen mit Metallic-Patina. Zwischen Pastell und grellen Tönen tummeln sich Prints mit stilbrechendem Materialmix.

Grenzen überwinden

Esther Perbandt ließ ihre neue Kollektion von einem ungewöhnlichen Mix an außergewöhnlichen Charakteren präsentieren, darunter die 77-jährige Schauspielerin, Malerin und Fotografin sowie ehemaliges Model Vera von Lehndorff aka Veruschka. Die Range lässt Grenzen zwischen Schwarz und Weiß, Alter und Geschlecht verschwimmen und zeigt sich unbemüht androgyn.

Aus echten Flechten

Die Herbst/Winter-Range 2017/18 „Symbiosis“ von Steinrohner begibt sich auf eine Reise in die Ästhetik von Perlen und Fransen der glorreichen 20er Jahre. Fächerartig-entfaltend, verwandelt die Marke Flechten in modische Kreationen – ähnlich einer Perlenmuschel, die aus Bakterien Perlen generiert, so die Kreativen hinter der Marke. Mohair, fließendes Seidensamt, Süßwasserperlen und Netzstoff mit Flechten-Applikationen legen sich elegant um die weibliche Silhouette.

The time is now

Frauen lösen sich von dem gesellschaftlich wie modisch auferlegten Korsett, leben ihre Weiblichkeit, scheuen keine Emotionen, sondern zelebrieren ihre Gefühle – dieses Prinzip hat sich Designerin Malaika Raiss im Kreativprozess ihrer neuen Kollektion zu Eigen gemacht. Das Label bricht entsprechend der Konnotation der Zahl 13 in ihrer dreizehnten Kollektion gewollt mit der Symbolik von Ganzheit, Harmonie sowie Reinheit und präsentiert dekonstruierte, feminin-selbstbewusste Entwürfe. Klassische Menswear-Elemente akzentuieren fließende Schnittformen; Einflüsse der Streetwear sowie eine boyish-angehauchte Attitüde prägen die Range. Grobstrick, monochrome Looks in Herrenhemden- und Outdoor-Qualitäten bilden den Kontrast zu den typisch zarten Kleidern, welche sich durch Plissees, Volant-Applikationen und ausladendes Volumen auszeichnen.

Schön und unverwüstlich

Marcel Ostertag will die Frauen feiern und sie sich einzigartig, extravagant und doch geerdet fühlen lassen. Erstmals arbeitet der Designer mit Materialien, die eigentlich in der Trachtenwelt angesiedelt sind: Lodenstoffe werden modern interpretiert, mal filigran bestickt, mal als Parka mit Sportswear-Elementen.  Den Bruch bilden zarte Seidenstoffe mit Volant-Verzierungen sowie ein Distel-Print, der für Schönheit und Unverwüstlichkeit stehen soll. Ein besonderes Augenmerk legt der Designer in der kommenden Saison auf den Ausbau der Strick- und Kaschmirlinie. Zum 10-jährigen Jubiläum der Marke reist Ostertag zudem in die Vergangenheit und verwendet ein Key-Item, das in der Sommerkollektion vor zehn Jahren zum ersten Mal zum Einsatz kam: ein rot-beige gestreifter Gürtel.