„Wir sind solide Typen…“

  /  16.03.2016

Ob Hurts – Theo Hutchcraft und Adam Anderson – mittlerweile das 2010 besungene „Wonderful life“ haben? Und ob ihre Fans wohl noch lange „Stay“ sagen? Zeit für ein Interview – vor ihrem Konzert in Berlin im Rahmen der „Surrender“-Tour.

Theo Hutchcraft und Adam Anderson

Theo Hutchcraft und Adam Anderson mit Redakteurin Kristina Arens

Auf der Bühne meist ziemlich ernst, im Gespräch überraschend locker – das hat man über das englische Synthie-Pop-Duo Hurts schon oft gelesen. 1st-blue Redakteurin Kristina Arens wollte sich selbst davon überzeugen und hat Theo Hutchcraft und Adam Anderson in Berlin zum (Spoiler: lockeren) Interview getroffen. Dabei ging es um Michael Michalsky, fehlende Steckdosen, Freunde, Timing und Hochzeiten.

Ihr seid gerade mit eurem dritten Album „Surrender“ auf Tour – euer allererstes Live Konzert habt ihr im Rahmen der Michalsky StyleNite während der Berlin Fashion Week im Januar 2010 gespielt – „Fashion braucht Musik und Musik braucht Fashion“, hast du damals gesagt, Theo. Kannst du das erklären?

Theo: „Ich denke, Fashion ist für Musiker sehr wichtig, um sich besser ausdrücken zu können. Das merken wir auch an uns selbst, für uns haben Mode und die Outfits, die wir auf der Bühne tragen, von Anfang eine wichtige Rolle gespielt, so entsteht erst ein Gesamteindruck. Im Bereich Fashion wiederum kann man sich viel von Musik inspirieren lassen.“

Kanntet ihr Designer Michael Michalsky vorher?

Theo: „Wir kannten ihn vorher nicht; wir wurden gefragt, ob wir im Rahmen der Show nicht auftreten wollen und klar, wollten wir! Wir haben nur zwei Lieder gespielt, es war also kein richtiges Konzert, aber es hat Spaß gemacht.”

Habt ihr auch schon andere Fashion Shows besucht?

„Einige sogar, aber meistens treten wir dort dann auch auf, wie kürzlich in Beijing oder auch für die Marke Dior, für die wir mal ein ganzes Set gespielt haben.“

Ob für Show-Sets oder während eurer Tour, ihr seid viel unterwegs. Hier in Berlin im Hotel „The Weinmeister“ gibt es ein Zimmer mit dem Namen „Hurts Chamber“, das nach euren Wünschen eingerichtet wurde. Welche drei Dinge braucht ihr, um euch wohl zu fühlen?

Adam: „Gute Frage! Ich muss auf jeden Fall das Fenster öffnen können! Da gibt’s einige Hotels, in denen das nicht geht… Ich glaube, wir könnten ein Buch über die Do’s & Don’ts schreiben. Gestern war ich in einem Hotel, in dem es im Bad keine Steckdose in Spiegelnähe gab, wie soll man sich denn stylen (lacht)?“ 

Theo: „Ich brauche einen Stuhl, auf den ich meine Füße legen kann.“

Überschaubare Wünsche…Adam, in einem Interview habe ich gehört, dass du am Anfang eurer Karriere eine Art Schutzmechanismus aufgebaut hast, sehr zurückhaltend warst, weil du erst lernen musstest, damit klar zu kommen, so stark in der Öffentlichkeit zu stehen. Wie hat das letztlich geklappt?

Adam: „Von der Arbeitslosigkeit und dem ausschließlich in Manchester sein wurde ja quasi über Nacht unser ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Ich habe einfach eine gewisse Zeit gebraucht, um mich darauf einzustellen und daran zu gewöhnen... Eigentlich war ich jeden Tag betrunken und nach zwei Jahren konnte ich dann mit allem umgehen (lacht). Nein, natürlich nicht.“

Theo: „Diese plötzliche Umstellung ist ja nichts natürliches, nichts, das einem öfter mal so passiert… In der Regel hat man, sagen wir zehn Freunde, ähnlich ging es uns auch und auf einmal kennen dich von einem auf den anderen Tag tausende Menschen, das ist etwas Tolles, aber gleichzeitig eben sehr ungewohnt. Und das ist es teilweise immer noch, der ‚Durchbruch’ ist jetzt fünf, sechs Jahre her, das ist aufs ganze Leben gerechnet noch nicht sooo lange.“

Apropos Freunde, Adam, ich habe gehört, du hast zwei gute Freunde. Und Theo. Was zeichnet einen guten Freund denn für dich aus?

Adam: „Damit sind es insgesamt sage und schreibe drei (lacht). Die beiden kümmern sich nicht darum, was mein Job ist – und das macht unsere Nähe aus. Ich rede mit ihnen über alles und dabei kommt die Arbeit so gut wie nie auf. Als wir anfingen, erfolgreich zu werden, hatten einige Freunde Probleme, damit klar zu kommen, aber diese beiden waren immer da. Theo hat allerdings um einiges mehr Freunde…“

Theo: „Eigentlich ist das bei mir ganz ähnlich. Für mich ist es wichtig, dass auch, wenn ich jemanden einige Wochen nicht gesehen habe, es beim wieder aufeinandertreffen so ist, als wäre ich nicht weg gewesen. Wenn man erfolgreich wird, hat man auf einmal viele viele neue Freunde, die auch etwas von dem Glamour – so wie sie sich das eben vorstellen – abhaben möchten. Es ist wichtig, die echten Freunde von diesen ‚Freunden’ zu unterscheiden. Bei vielen Musikern kommt auf einmal dieser ‚Von jetzt auf gleich’-Moment, das macht einen irgendwie solide.“

Adam: „Wir sind solide Typen (lacht).“

Theo, du wirst dieses Jahr solide 30 Jahre. Hast du dir bestimmte Ziele gesetzt?

Theo: „Ich denke nicht viel über das Alter nach, wir hatten mit 25 ungefähr 10 Mal mehr erreicht, als ich jemals gedacht hätte… 30 ist für viele ein entscheidender Wendepunkt, aber ich fühle mich jetzt schon, als hätte ich zehn verschiedene Leben gelebt. Ich fühle mich aber nie alt, eher ewig jung (lacht). Das hängt wohl viel mit unserem Job zusammen, der ja mehr Spaß als Job ist und in dem wir uns mit vielen Leuten umgeben, die ähnlich ticken…“ 

Es gibt auf eurem Album „Surrender“ zwei Songs, „Wish“ und „Perfect Timing“, die sich mit dem Thema Timing beschäftigen. Was spielt selbiges in euren Augen im Leben generell für eine Rolle?

Theo: „ Eine sehr gute Frage! Eine extrem wichtige Rolle! Ich glaube, jeder erlebt diese ‚Good timing’-Momente im Leben, aber man muss hart daran arbeiten, diese auch zu erkennen. Wenn es so weit ist, muss man dafür bereit sein. Wir haben damals fünf oder sechs Jahre sehr hart gearbeitet und dann kam so ein Moment, die Umstände, wenn man so will, passten und alles nahm seinen Lauf...“

Und mittlerweile habt ihr extrem viele Fans, darunter auch ein sechsjähriges Mädchen, das bereits auf acht eurer Konzerte war, habe ich bei Instagram entdeckt. Da kann ich nicht ganz mithalten. Was habt ihr noch für außergewöhnliche Fan-Storys erlebt?

Adam: „Es gibt einige ‚verrückte’ Fans, zwei von ihnen sind heute Abend auch hier: Eine war bislang auf 45 unserer Konzerte, die andere auf 43. Ein anderes Mädchen hat 32 unserer Gigs gesehen. Sie kommt aus Irland, wo wir noch nie aufgetreten sind, sie muss eine heimliche Millionärin sein bei den ganzen Reisen (lacht). So etwas motiviert uns natürlich, auch neue Alben zu schreiben – wenn Menschen so viel tun, nur um dich zu sehen, deine Musik zu hören, zu tanzen…“

Im Song „Lights” heißt es „Do you know what it feels like to dance alone?” – Adam, du tanzt ja nicht mehr, seit du dich mal betrunken auf einer Tanzfläche in einem Club etwas blamiert hast, Theo, du dafür umso lieber? Auch alleine?

Theo: „Ich liebe tanzen, immer und zu jeder Gelegenheit. Ich muss nicht mal etwas getrunken haben, um fünf Stunden am Stück zu tanzen. Und auf Hochzeiten bin ich immer derjenige, der mit den ganzen Grandmas auf der Tanzfläche steht (lacht).“

Und ins Kino gehst du gerne alleine…

Theo: „Ja, ich mag diese Ruhe, keiner schaut aufs Handy… Und: Popcorn ist mit das Beste am Kino! Ich finde es immer wieder total komisch, wie viele Menschen für ein Date ins Kino gehen: Man sitzt zwei Stunden schweigend nebeneinander. Okay, einmal bin ich mit einem Mädchen ins Kino gegangen, wir haben zwei Flaschen Wein mitgenommen und ich war ziemlich betrunken, das war dann ganz witzig (lacht).“

Adam: „Die einzige Möglichkeit, einen Kinobesuch bei einem Date romantisch zu gestalten ist zu trinken. Sonst traut sich selten jemand was anderes zu tun, außer den Film zu gucken (lacht).“

Vollendet bitte noch die folgenden Sätze:

Ich gebe zu viel Geld aus für…
Adam: „…Taxifahrten.“
Theo: „…fürs Haare schneiden.“
Adam: „Dafür musst du bezahlen? Das könntest du doch umsonst bekommen…(lacht).“

Wenn ich schlecht drauf bin…
Adam: „…gehe ich duschen.“
Theo: „…lasse ich es an anderen aus.“

Einmal im Leben sollte jeder…
Adam: „…alleine getanzt haben.“
Theo: „…Base-Jumping gemacht haben. Das ist so unfassbar angsteinflößend und gleichzeitig so großartig, du blickst quasi dem Tod ins Auge – und besiegst ihn.“

2016 ist…
Theo: „…jetzt schon ein großartiges Jahr.“

Viel Erfolg weiterhin und besten Dank für das Interview!

Kristina Arens