„Warum sind Nischenmärkte wichtig?“

  /  14.06.2013

Die Bright im Fokus: Im Interview berichten die Gründer Thomas Martini und Marco Aslim von Umzügen, Flächenerweiterungen und Side-Events…

V.li.: Thomas Martini; Marco Aslim

Zur Januarausgabe 2013 erfolgte der Umzug der Bright in die Alte Münze, für die Sommer-Edition 2013 ist eine Erweiterung der Fläche um 500 qm geplant. Wie wurde die Location angenommen?

Thomas Martini: „Der Umzug in die neue Location zur vergangenen Ausgabe war ein wichtiger Schritt für die Bright. Zum einen weil ein Umzug und die damit einhergehende Veränderung grundsätzlich immer gut ist. Zum anderen wird die Location aufgrund ihrer Erreichbarkeit positiv angenommen. Das hat sich interessanterweise darin gezeigt, dass Besucher auch nachmittags vorbeischauen – in Lichtenberg ist der Großteil der Visitors morgens zwischen zehn und zwölf gekommen. Damals war es vielfach so, dass man sich nicht spontan, sondern geplant entschied: Entweder man geht auf die Bright oder eben nicht, das ist nun anders. Zur letzten Ausgabe kam ein Großteil des Publikums aus England. Der Effekt für die Sommer-Edition war dann erstaunlicherweise der, dass wir sehr viel mehr Anfragen von englischen Ausstellern hatten.“

Auf der neuen Fläche sollen sich mehr Streetwear-Labels präsentieren – ist dies ein Statement zum „Fashion“-Segment? Müssen sich Brands mit dem Bereich Mode mehr und mehr auseinandersetzen?

Marco Aslim: „Man merkt, dass das ganze Streetwear-Segment stärker wird und im Zuge dessen kommen auch vermehrt Anfragen von Brands, die vorher nicht bei uns ausgestellt haben, weil wir eine andere Zielgruppe ansprachen. Das, was uns – abgesehen vom Wachstum – besonders gut getan hat, ist die Tatsache, dass wir die Hardware nicht mehr so stark in den Vordergrund stellen und in diesem Bereich auch nicht mehr so viele Marken beherbergen wie es noch in Lichtenberg der Fall war. Das wird auch von Außen wahrgenommen. Wir haben gerade im Boardsport-Segment immer eine Wellenbewegung. Im Zuge der Krise vor allem in den USA, aber auch in Südeuropa konnte natürlich erheblich weniger Umsatz generiert werden. Aber mit Blick auf den Modebereich erkennt man, dass es dort ähnlich aussieht.“

Thomas Martini: „Auf der neuen Fläche zeigt sich, dass der Trend sich von diesem plakativen ‚Logo-Boardsport’ weg entwickelt. Auf der anderen Seite gibt es einen solchen auch im Streetwear-Bereich mit Urban Streetwear-Labels wie Obey mit großen Motiven und Allover-Prints. Diese Entwicklung könnte sogar vorteilhaft für die Bright sein, da viele Boardsport-Brands in den vergangenen Jahre  eine etwas ‚modischere’ Kollektion gemacht haben so wie beispielsweise Element, die versuchen, einen erwachseneren Einfluss in ihre ursprünglich sehr ‚skateboard-lastige’ Mode zu bringen. Zudem gibt es eine Vielzahl an kleineren Marken, die einen relativ großen Impact vorweisen und sehr bunt sind wie Diamond, Huff, Chilted Reality, Hype und klassische amerikanische Streetwear mit großer Motivik präsentieren.“

Welche Rolle spielt das Thema „ordern“ auf der Bright?

Thomas Martini: „Ich finde das Thema ‚ordern’ auf Messen immer schwierig. Früher gab es beispielsweise auf der Ispo Stände, wo wirklich jeder Vertreter im hinteren Bereich seine eigene Kollektion präsentierte und vorne geordert werden konnte. Dann funktioniert es natürlich. Aber grundsätzlich ist dies auf einer Messe kaum machbar, denn es kann nicht ein Vertreter schreiben und die anderen stehen Schlange und warten. Kleinere Labels machen es gern, um eine direkte Amortisierung der Kosten zu haben. Und da macht das auch Sinn.“

Im Winter 2012 lag die Internationalität des Bright-Publikums bei 50%, zu Beginn der Berliner Zeit bei 40% und in Frankfurt sogar „nur“ bei 15%. Wie hoch war der Anteil bei der vergangenen Ausgabe? Ist das Segment Skateboarding in anderen Ländern „beliebter“ oder liegt das tatsächlich an Berlin als Messestandort?

Thomas Martini: „Was sich im Tourismus widerspiegelt, erlebt man teilweise auch zur Messezeit. So gab es schwere Einbrüche bezüglich der Besucher aus Südeuropa, bei den Spaniern und Griechen waren es rund 40%, bei den Italienern 20%, aber andererseits gab es Zuwachs über Skandinavien und Mitteleuropa. Frankreich war ebenfalls stark vertreten. Berlin hat aber einfach unabhängig vom Bereich eine immense Anziehungskraft und ist weltweit als Stadt sehr beliebt. Es kommt mir jedoch so vor, als sei es gerade für die deutschen Händler nicht so attraktiv wie für ausländische. Der deutsche Einzelhändler denkt vielleicht eher in dem Rahmen: ‚Berlin habe ich als Messestandort jetzt einmal mitgemacht, da muss ich künftig nicht mehr hin.’“

Marco Aslim: „Das wiederum glaube ich eigentlich nicht. Natürlich hatte der Einzelhandel eine schwierige Saison und das ist für die Besucherentwicklung nicht sehr förderlich gewesen, aber die Profis kommen. Damit meine ich nicht nur die Ketten, die so genannten ‚Big Player’, sondern Leute, die einen gut laufenden Laden in einer attraktiven Stadt haben. Tendenziell ist die Masse der deutschen Einzelhändler eher so gepolt, dass sie eine Saison vorbeikommen, die andere dann wieder nicht. Da ist leider der Standort Berlin unter dem Aspekt der Erreichbarkeit von geringerer Attraktivität als zum Beispiel Westdeutschland. Auch die Terminierung unter der Woche könnte besonders für die kleinen Einzelhändler ein Problem darstellen, denen es unter Umständen nicht gelingt, ihren Laden für diese Zeit zu schließen oder Ersatz zu finden. Man darf allerdings die schlimmen Umstände in Ländern wie Spanien nicht außer Acht lassen, dort herrscht eine erhebliche Krisensituation, die Händler generieren teilweise nur noch die Hälfte ihrer Umsätze und die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei knapp 30%. Dort geht es um die nackte Existenz und verständlicherweise spielen Messen dann eher eine untergeordnete Rolle. Durch die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen fällt diese Zielgruppe zudem als entscheidende Kaufkraft weg.“

Wie sehen Sie die Entwicklung innerhalb des Einzelhandels mit Schwerpunkt Boardsport, aber auch im Bereich Mode?

Marco Aslim: „Es scheint, als würde es stetig schlechter, weil die Vertikalen immer mehr an Einfluss gewinnen und der Konkurrenzdruck immens steigt. Die Brands, die generell eher kommerzieller aufgestellt sind, sind vielleicht in einem höheren Maße betroffen. Wir bedienen einen Nischenmarkt und meiner Meinung nach wird es immer wichtiger, dass sich Nischen finden – unabhängig davon, welches Segment man bedient – in denen der Handel weiter existieren kann. Genau darin liegt der Vorteil.“

In welchem Ausmaß ist der E-Commerce eine Bereicherung oder aber eine „Bedrohung“ für den Boardsport-Bereich?

Marco Aslim: „Insbesondere im Boardsport haben die Händler mit dem Internet zu kämpfen. Das ist eine Nische, die massiv darüber bedient wird, der modische Bereich hingegen hat verstärkt mit den Vertikalen zu kämpfen. Früher hat man seinen neuen ‚Stuff’ im Skaterladen bekommen, konnte sich dort über Neuigkeiten informieren. Heute ist nahezu alles online verfügbar und das in einer viel größeren Auswahl, was in dieser Branche verstärkt zu einem Problem wird. Der Entwicklung des E-Commerce ist massiv, aber er trägt im Vergleich zum stationären Handel noch immer einen geringen Anteil am Gesamtumsatz im Einzelhandel. Ein kleines Label lebt von einer gewissen Exklusivität, die dann nicht mehr da ist, wenn es überall verfügbar ist.“

Thomas Martini: „Ab einem bestimmten Volumen geht es aber einfach nicht mehr ohne. Wenn man die Möglichkeit hat oder die Einstellung vertritt, einen eigenen Hype zu generieren wie es Supreme versucht, die ein sehr limitiertes und selektiertes Portfolio anbieten, dann ist das noch mal etwas anderes.“

Wie aktuell zeigt sich das Thema „grüne Mode“ auf der Bright?

Thomas Martini: „Das Thema grüne, faire Mode ist aktuell wieder ein bisschen eingeschlafen. Es war eine zeitlang in unserem Markt attraktiver, es kann aber natürlich möglich sein, dass die grünen Labels die ganze Thematik jetzt ein bisschen mehr mit ‚Understatement’ betreiben und es sich nicht mehr so groß auf ihre Fahne schreiben, wie es vielleicht mal am Anfang war. Man darf dabei auch nicht übersehen wie schwierig es ist, wenn eine Marke eine große Kollektion hat. Produziert man davon lediglich 10 Shirts fair, folgt das eher dem Boomerang-Prinzip und jeder fragt sich: ‚Was ist denn mit dem Rest?’ Die wenigsten Brands in unserem Bereich sind 100% grün. Dafür gibt es ja auch extra Plattformen, die sich mit diesem Thema beschäftigen.“

Zur Juli-Ausgabe 2011 gab es neben vielen anderen Side-Events zudem einen Markt für Endkonsumenten. Wird es so etwas künftig noch einmal geben?

Thomas Martini: „Nein. Dafür gibt es zwei Gründe: Wir wollten zum einen keine Veranstaltung mehr machen, die die Messe kannibalisiert, sprich wenn wir außerhalb der Messelocation Events veranstalten, die attraktiv sind, dann ziehen wir auch die Einzelhändler von den Ständen weg; zum anderen war die Resonanz im Vergleich zum Aufwand, den wir betrieben haben, zu klein. Was vielleicht auch am Standort Lichtenberg gelegen haben mag. Wir konzentrieren uns nun auf das Wesentliche, also das Messebusiness. Daher auch die Umterminierung der Side-Events, sodass eine klare Fokussierung stattfindet, wir einen Mehrwert generieren und weiterhin das Lifestyle-Umfeld wie Kunst, Musik und Sport rund um die Industrie abbilden können. Die Synergie unter den Bereichen spielt auch weiterhin eine zentrale Rolle. So stellen eben viele Brands mit grafischer Präsenz auf der Bright aus und locken damit umgekehrt vermehrt grafikaffine Besucher an.“

In einem anderen Medium gab es vor einiger Zeit einen Artikel zum Thema „Skaten im Erwachsenenalter“, der eine große Welle in der Community ausgelöst hat. Wie stehen Sie zu dieser Einstellung?
 
Thomas Martini: „Diese Meinung ist ja nichts Neues. Wir leben in einer Zeit, in der Jugend in nahezu allen Bereichen ein enorm wichtiges Attribut ist, und dass Menschen versuchen, dies über verschiedene Wege und Definitionen zu erhalten, ist wahrscheinlich schon seit Anbeginn der Zeit so. Das macht der eine besser, der andere eben schlechter; bei ersterem findet es möglicherweise Zuspruch, bei letzterem wirkt es eher peinlich. Sicherlich gibt es Sportarten wie das Skaten, die etwas jugendlicher wirken, ab einem gewissen Alter zeigt jedoch der Körper Grenzen auf. Das ist aber bei den meisten Hochleistungssportarten der Fall und bedeutet einfach nur, dass man sich dann vielleicht auf andere Sportarten fokussieren sollte wie Fahrradfahren oder auch Surfen.“

Seit Sommer 2012 findet die Bright in der Tagesfolge von Mittwoch bis Freitag statt. Welche Vorteile liegen in der etwas veränderten Terminierung zu den anderen Berliner Messen und soll diese bestehen bleiben?

Thomas Martini: „Wir bleiben bei der Tagesfolge von Mittwoch bis Freitag, denn der letzte Tag ist insbesondere in der Alten Münze noch stärker frequentiert gewesen als in Lichtenberg. Viele Visitors wählen den Termin, um in Ruhe Geschäfte machen zu können. Auch Besucher, die während der Messe noch in andere Veranstaltungen eingebunden sind, kommen am Freitag vorbei, da keine Überschneidung mit den anderen Messen an diesem Tag stattfindet. Sollten unsere Aussteller sagen, dass ihnen der Freitag nicht mehr zusagt, dann müsste man diese Tagesfolge noch einmal überdenken, aber derzeit steht das überhaupt nicht zur Debatte.“

Haben Sie konkrete Pläne, wie groß die Bright in Zukunft werden soll?

Marco Aslim: „Grundsätzlich war es für uns ein sehr organisches Wachstum auf die Größe, die wir augenblicklich haben. Natürlich kann aber auch im Zuge der kommenden Messen immer wieder eine natürliche Selektion der Brands stattfinden, was damit einhergeht, dass wir einfach nicht mehr Platz zur Verfügung haben. Sollte der Fall eintreten, dass wir künftig eine immens ansteigende Zahl an Anfragen bekommen, müssten wir natürlich über einen Umzug nachdenken. Aber das tun wir derzeit nicht.“

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

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