„Herr von der Ahé, welchen Änderungen wird der Showfloor Berlin unterzogen?“

  /  12.11.2012

Der Showfloor Berlin soll nach der Trennung von Hauptsponsor Lavera zum Januar 2013 neu ausgerichtet werden. Organisator Karl-Rainer von der Ahé verrät im Interview, welche Änderungen das konkret mit sich bringt.

Karl-Rainer von der Ahé

Herr von der Ahé, der Showfloor Berlin und der bisherige Hauptsponsor Lavera gehen seit dem 1. Oktober 2012 getrennte Wege – was bedeutet das für die Ausrichtung des Showfloor Berlin?

„Für uns stehen zwei große Themen im Vordergrund: Nachhaltigkeit – und dabei vor allem soziale Verantwortung – sowie Berlin als Standort. Beim Thema Nachhaltigkeit sollen nicht unbedingt die Endverbraucher im Fokus stehen, die gerne genfreie Baumwolle auf ihrer Haut tragen wollen; das sind im Verhältnis zu den Bedingungen in den Produktionsländern Luxusprobleme. Im Mittelpunkt müssen die Produzenten stehen und die Frage danach, unter welchen Bedingungen die Menschen arbeiten, die die Kleidung herstellen.

Zum Standort: Berlin ist meiner Meinung nach die Stadt, in der die Innovation im Bereich Mode am größten ist. Aus diesem Grund haben wir eine Location ausgesucht, die das Gefühl von Berlin aufgreift – „Huxley’s Neue Welt“.  Der Name und der Standort Hermannplatz spiegeln den Geist der Stadt wunderbar wider – ein Zelt aufstellen kann man überall.“

Wie soll Berlin als Standort neben der Wahl der Location noch kommuniziert werden?

„Es ist typisch für Berlin, U- oder S-Bahn zu fahren, wir werden also keinen Shuttle Service mit PKWs organisieren, sondern auf die zwei U-Bahnlinien am Hermannplatz hinweisen – es soll alles zusammen passen. Man widerspricht sich doch selbst, wenn man eine Veranstaltung zum Thema Nachhaltigkeit organisiert, diese aber in einem Luxushotel stattfinden oder Besucher mit hochwertigen Limousinen anreisen lässt, obwohl es gerade in dieser Stadt ein hervorragendes öffentliches Verkehrsnetz gibt.“

Wie unterscheidet sich der achte Showfloor Berlin sonst noch von den bisherigen sieben Veranstaltungen?

„Im Januar wird es deutlich mehr als die bisher üblichen zwölf Schauen geben, wahrscheinlich werden es diesmal 18 Kollektionen, die gezeigt werden. Drei Marken bekommen erstmals in Zusammenarbeit mit neuen Partnern je einen kostenfreien Timeslot (regulärer Preis: 5.900 Euro) zur Verfügung gestellt. Nach einem Aufruf haben wir 40 Bewerbungen aus aller Welt erhalten, die wir auf zehn eingegrenzt haben, die am 24. November in Neukölln zu einer Auswahlschau antreten werden. Zudem spielen die neue Musik und Lichtdesign eine wichtigere Rolle.

Wie Sie zuvor bereits erklärt haben, werden die Themen Nachhaltigkeit und Berlin, was die Rahmenbedingungen betrifft, also umgesetzt. Wie zeigt sich dies bei der Wahl der sich präsentierenden Labels?

„Ökologisch zertifizierte Labels, soziale Produktionsbedingungen und faire Distributionsverhältnisse spielen die entscheidende Rolle. Für uns ist auch eine regionale Produktion mit kurzen Wegen und dem entsprechendem geringem CO2-Ausstoß sehr wichtig. Die Mode steht aber im Vordergrund. Unsere Schauen zeigen die Trends aus der Hauptstadt und in der Hauptstadt. Der Showfloor Berlin ist der Laufsteg für Innovation in der Mode. Viele Kollektionen zeigen dabei, dass Coolness und Modernität nicht nur zufällig mit einer inhaltlichen Auseinandersetzung über Produktionsbedingungen und gesellschaftliche Entwicklungen in Zusammenhang stehen. Auch die Wahl der Models spielt eine wichtige Rolle:  Wir lassen keine Mädchen laufen, die nicht mindestens 16 Jahre alt sind und keine, die eine Größe unter Kollektionsgröße 34/36 tragen. Magersüchtige und Heroinlook sind auf dem Showfloor Berlin definitiv fehl am Platz.“

Der Showfloor Berlin war und ist im Vergleich zu nahezu allen anderen Events während der Fashion Week Berlin eine öffentliche Veranstaltung – das bleibt auch so?

„Definitiv. Auch das ist Berlin, wir wollen niemanden künstlich ausschließen. Natürlich müssen wir irgendwann Stopp sagen, die Gästeliste der Designerinnen und Designer und die Medienvertreter und Einkäufer stehen im Vordergrund, da selbst ein großer Saal wie der des Huxley’s begrenzt ist, aber generell ist der Showfloor Berlin – der Name setzt sich übrigens aus Showroom und Dancefloor zusammen – jedem zugänglich.“

Gibt es weitere Unterschiede, beispielsweise zum Mercedes-Benz Fashion Zelt?

„Unsere Schauen finden immer abends statt, damit sie sich nicht mit Messen wie Premium und Bread & Butter überschneiden. Zudem haben wir ein klar definiertes Profil mit Fokus auf Nachhaltigkeit und die Mode steht im Mittelpunkt. Ich habe das Gefühl, dass dies woanders nicht unbedingt der Fall zu sein scheint – es geht in der Außenwirkung und in der Berichterstattung häufig eher darum, wer in der ersten Reihe sitzt.“

Das führt uns noch einmal zum Profil des Showfloor Berlin und somit zur Nachhaltigkeit. Was halten Sie davon, dass auch immer mehr große Modeketten „grüne“ Kollektionen ins Sortiment aufnehmen?

„Das ist häufig Bauernfängerei, vielleicht will man auch etwas gegen das schlechte Gewissen tun, entweder ganz oder gar nicht. Als Käufer sollte man darauf achten, ob das jeweilige Teil sozial zertifiziert ist. Wenn beispielsweise ein Pullover 20 Euro kostet, sollte jedem klar sein, dass dieser keinesfalls fair produziert worden sein kann.“

Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft von „grüner“ Mode aus?

„Nachhaltig produzierte, coole Mode zeigt, dass es geht, dass Coolness und soziales Gewissen zusammen passen. Es kann aber immer nur ein Anstoß sein, damit sich grundlegend etwas ändert, bräuchte Europa meiner Ansicht nach ein Importverbot für Kleidung, die bestimmte soziale und ökologische Anforderungen nicht erfüllt. Ich hoffe, dass diese Bedingungen in nicht allzu ferner Zukunft grundsätzlich geändert werden. Der Fall Takko hat dies in den letzten Tagen noch einmal mit aller Deutlichkeit gezeigt.“

Vielen Dank für das Interview!

FÜR DEN VOLLSTÄNDIGEN INHALT DIESER SEITE, MELDEN SIE SICH BITTE AN.

Noch kein Mitglied?

Dann registrieren Sie sich jetzt für den kostenfreien 1st-blue-Business Club.
Als Teil unserer Community erhalten Sie Zugriff auf Branchen-News, Orderinfos, Netzwerktools und den wöchentlichen B2B-Newsletter.