„Herr Schumm, was wollen Sie nicht sein?“

  /  25.11.2014

„Nur“ eine Zalando-Eigenmarke? Christopher Schumm gibt im Interview Einblicke in die Welt des Schuhhandwerks, der Inspiration und des Hidden Luxury…

Christopher Schumm

Seit zweieinhalb Jahren trägt Christopher Schumm die Verantwortung für das Product Management der Schuhmarke Zign, die gemeinsam mit elf weiteren Brands unter dem Dach der Zalando-Eigenmarken zLabels geführt wird. Aufgewachsen ist der gebürtige Pfälzer in Pirmasens – der Hochburg des Schuhhandwerks, welches er vor Ort erlernt und dessen Kenntnisse er mit einen Diplom-Abschluss im Fach Schuhtechnik und Lederverarbeitung ausgebaut hat. Während des Besuchs im Berliner Fashion-Headquarter des Onlineversenders steht der Kreative Rede und Antwort zum Thema Kampagnen-Launch, warum er Lederschuhe Sneakers vorzieht und was für ihn das Brand Zign auszeichnet.

Herr Schumm, vor dem Hintergrund aller in diesem Bereich erlangten Kenntnisse: Wie ist Ihr Bezug zum Produkt Schuh?


„Ich war schon immer modeinteressiert, jedoch der Meinung, dass Bekleidungsdesign ein wenig zu oberflächlich ist, ein Stück weit überlaufen, wenn man so will. Ein Schuh hingegen bedeutet für mich eher Handwerk. Diese Auffassung hat sich während meiner Ausbildung in den traditionellen Schuhwerkstätten und darüber hinaus in meinem späteren Studium bestätigt. Bei Zign bin ich seit nunmehr zweieinhalb Jahren tätig, zunächst hauptverantwortlich für die Damen, seit Kurzem zudem für den Herrenbereich. Wobei ich zugeben muss, dass ich das Segment Damenschuhe um einiges interessanter, weil vielfältiger, finde – obwohl ich selbst ein Freund klassischer Schuhtypen bin.“

Zign ist kürzlich mit der ersten Kampagne „Wear Shoes“ an die Öffentlichkeit gegangen – was können Sie zu der Entstehung und dem Anspruch dahinter erzählen?

„Für mich ist die Kampagne lebendig. Sie ist ehrlich. Sie ist pur und sie regt zum Hängenbleiben und Nachdenken an. Auf einem der Bilder hängt eines unserer Models – welches wohlgemerkt Höhenangst hatte – an einem Fünfmetersprungturm und man selbst ertappt sich dabei, wie man sich vor dem inneren Auge ausmalt, wie er herunterfällt oder wie es weitergehen könnte. Wir erzählen eine Geschichte.

Entstanden ist die Idee aus unserem Ziel, den klassischen Lederschuh wieder als Fashion-Statement zu inszenieren. Früher war es cool, Sneakers zu tragen, vor dem Bundestag zu stehen und seine Meinung zu sagen. Heutzutage besitzt fast jeder mindestens ein Paar Sneakers, in unserem Kontext wollen wir den Leder-, den traditionellen Straßenschuh wieder als Fashion-Statement präsentieren und selbst als Marke ein solches setzen.“

Schließen Sie damit zeitgleich das Thema Sneakers generell aus?

„Ja. Wir wollen den Sharp Look – zurück zum Lederschuh. Sneakers sind eine Art Trend für die klassischen Turnschuhbrands, alle anderen Marken tun sich damit schwer. Dieser Trend ist in meinen Augen aber bereits auch einfach überlaufen. Der individuelle Style geht verloren, siehe Kopenhagen: Dort tragen alle eine schwarze, hoch gekrempelte Hose, einen Trenchcoat und Sneakers. Wir wollen mit ‚Wear Shoes’ – radikal gesagt – das Straßenbild revolutionieren.“

Die Zign-Kollektion umfasst neben traditionellen Lederschuhen auch glamourösere Modelle wie Pumps oder Trend-orientierte Styles wie Creepers. Woher kommt die Inspiration für die Range?

„Einfluss kommt von vielen Seiten: von Kunden, von Freunden, von der Straße, aus Modemetropolen oder von Messen. Selbstverständlich spielen auch persönliche Erfahrungen eine Rolle, in Summe entsteht daraus dann die Kollektion. Wir haben das Glück, in einer Stadt wie Berlin leben und arbeiten zu dürfen. Berlin ist so vielseitig, hier ändern sich Dinge schnell, hier passiert immer irgendetwas. In den Prozess fließt schließlich all dies mit ein.“

Tut es das bewusst?

„Gute Frage! Teilweise siehst du etwas und weißt genau, wie du es umsetzen willst. Auf der anderen Seite passiert manches nebenbei. Oft ist uns bewusst, was man machen will/muss und manchmal hat man eine Eingebung. Dann setzt man es um. Ein Beispiel: Wir arbeiten derzeit noch an der Spring/Summer-Collection 2015, für die Espadrilles nach wie vor ein wichtiges Thema sind. Man muss sich jedoch allzeit die Frage stellen: ‚Wie machen die anderen das? Wie passt das zu uns?’ Man sieht eine tolle Sandale, empfindet sie mit dem dazugehörigen Absatz aber als ‚normal’. Dann schneidet man das Upper ab, klebt es auf eine Espadrille-Sohle und plötzlich ist es ein besonderer Schuh.“

Gibt es auch Momente, in denen man nicht mehr so zufrieden mit dem Endprodukt ist?

„Zufrieden sind wir schon, aber eine Kollektion ist nie perfekt. Wenn ich die Schuhe auf der Straße sehe, kommt es vor, dass ich mir die Frage stelle ‚Warum haben wir eine rote Sohle verwendet und keine graue?’ Das Schöne ist aber, dass im Entstehungsprozess immer die Möglichkeit existiert, das Produkt weiter voranzutreiben mit dem Wissen, beim nächsten Mal können wir es mit etwas anderem versuchen.“

Und wenn es eines dieser„Babys“ dann doch nicht in die Kollektion schafft?

„Dann mag man zunächst etwas traurig sein, aber man hatte ja auch Spaß an der gesamten Entwicklung. Manchmal ist der Moment eben nicht der richtige, aber die Idee bleibt bestehen. Das ‚tröstet’ vor dem Hintergrund, dass es nicht notwendig ist, immer fashion forward zu sein. Manche Kunden wollen das auch gar nicht. Dann spielt man es eben eine Saison weiter.“

Was zeichnet Zign aus?

„Hinter jeder Kollektion versteckt sich eine Geschichte. Aktuell kreist diese um eine Frau auf einem Trip durch Amerika. Sie bereist im übertragenen Sinne unterschiedliche Welten und taucht demzufolge auch in divergente Schuhwelten ein, vom Desert-Style bis hin zum City Glamour. Unser Augenmerk liegt aber bei jedem einzelnen Modell auch auf den Details: Hidden Luxury ist ein zentrales Thema, der zweite Blick lohnt sich also immer.“

Können Sie uns einen kurzen Ausblick auf die Trends für Frühjahr/Sommer 2015 geben?

„Im Frühjahr/ Sommer 2015 spielen wir bei Zign das Thema ‚The Road’ ganz stark. Wir zeigen warme, erdige Töne, insbesondere Bootie-Typen, stets versehen mit schimmernden Details. Ein weiteres Topic ist ‚Playground’. Farblich wird es ein bisschen kühler. Wir spielen mit technischen Elemente und Fabrics wie Velcro, perforiertem Leder, Mesh. Trends sind uns dabei sehr wichtig: Diese sollte man aber im Sinne seiner eigenen Marke interpretieren. Man muss nicht jeden mitmachen, noch weniger sollte man allerdings außerhalb dieser Strömungen liegen. Großer Trend für Spring/Summer 2015 sind Slip-ons, Asymmetrie, Sports-inspired Soles, Plateau oder Fußbetten. Dies muss man je nach Brand-DNA jedoch anders realisieren als es die übrigen tun, etwa durch Material- oder Farbkombinationen. Frei nach dem Credo: Für was stehe ich. Was will ich und was will ich nicht sein.“

Und was wollen Sie nicht sein?

„Wir wollen nicht Partyglamour sein. Wir sind Urban Elegance. Wir machen sophisticated Products. Der Schuh muss einen Fokus haben: nicht zu überladen, nicht zu viele Elemente, nicht zu viele Designs. Sonst fehlt die Balance.“

Zign wird ausschließlich über die Mutter-Plattform Zalando vertrieben. Gesetzt den Fall, dass Sie die Vertriebskanäle erweitern und die Kollektion in Zukunft über externe Händler verkaufen wollen, käme eine Präsenz auf einer traditionellen Fachmesse in Betracht? Gibt es Überlegungen, sich beispielsweise mit einem Gemeinschafsstand mit der Dachmarke, den zLabels, zu zeigen?

„Ich glaube, erstens ist es nicht mehr notwenig, zweitens für uns schwer realisierbar. Betrachtet man die Messeveränderungen, dann wird deutlich, dass so gut wie keine Aufträge mehr geschrieben werden und es sich in Berlin, mit Ausnahmen versteht sich, um reine Präsenzmessen handelt. Ob sich das neue Konzept der GDS hält, bleibt ebenso abzuwarten. Die Micam ist sehr lokal geworden. Ein anderer Grund ist der Zeitdruck: Die Range muss bereits im Juni stehen, um dann im August präsentiert werden zu können. Das ist bei weitem nicht immer umsetzbar und kommt für uns auch nicht in Frage.“

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

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