„Herr Schmidt, wie viel Platz hat Berlin für grüne Messen?“

  /  18.06.2012

Im Interview verrät Olaf Schmidt, Vice-President Textiles & Textile Technologies Messe Frankfurt unter anderem, warum die Ethical Fashion Show eine Nische besetzt hat, wie es hierzulande generell um „grüne Mode“ steht und ob er selbst auch Eco-Fashion trägt.

Olaf Schmidt

Die Ethical Fashion Show Berlin geht im Juli 2012 als eigene Veranstaltung in die zweite Runde und verbucht ein Aussteller- und Flächenplus. Was unterscheidet die Messe von den zahlreichen anderen Exhibitions in Berlin?

„Bei der Ethical Fashion Show Berlin werden Labels aus dem Bereich Street- und Casualwear gezeigt, die sich in ihrer Arbeit nach ökologischen und ethischen Standards richten und diese als Selbstverständlichkeit ansehen. Für uns ist das nachhaltige Modesegment ein Markt, der Wachstumspotential birgt. Die Resonanz der Aussteller und Fachbesucher zeigt uns, dass wir hier eine wichtige Nische innerhalb der Messelandschaft in Berlin besetzt haben.“

Wie viel Prozent der Aussteller, die bei der Debütveranstaltung dabei waren, stellen auch bei der zweiten Edition wieder aus?

„Bei der Auftaktveranstaltung haben 36 Aussteller ihre Kollektionen gezeigt. Für die kommende Juliveranstaltung haben sich 56 Aussteller angemeldet – das ist ein Zuwachs von mehr als 50%. Die Hälfte der Aussteller der Debütveranstaltung hat sich wieder angemeldet. Das ist ein Spitzenwert! Auch verzeichnen wir für unsere Messe mit insgesamt 12 ausstellenden Nationalitäten, unter anderem auch aus Nord- und Südamerika, eine steigende Internationalität.“
 
Wie sehen die langfristigen Pläne und Ziele für die Ethical Fashion Show Berlin aus?

„Mit der Ethical Fashion Show Berlin haben wir eine Veranstaltung etabliert, die nachhaltig produzierenden Modeherstellern eine authentische und aufmerksamkeitsstarke Präsentationsplattform bietet und die wir langfristig und kontinuierlich weiter ausbauen wollen. Gemeinsam mit dem Green Showroom, der sich besonders an das gehobene, nachhaltige Segment richtet, haben wir zwei zukunftsweisende Konzepte etablieren können. An den Standorten Berlin und Paris decken wir inzwischen ein breites Spektrum innerhalb der nachhaltigen Mode ab. Unser Ziel wird es sein, grüne Modemessen an weiteren Standorten stattfinden zu lassen.“

Die Messe Frankfurt hat die Ethical Fashion Show Berlin im Januar 2012 erstmals organisiert, die gleichnamige Show in Paris im September 2010 – wo liegen die Unterschiede, was Aussteller, Publikum und Markt betrifft?

„Die Ethical Fashion Show Paris ist ein bereits am Modemarkt etabliertes Veranstaltungskonzept. Da lag der Schritt nahe, das Konzept in angepasster Form auch nach Berlin zu bringen, zumal wir hier im Mai 2011 auch die Regie des Green Showroom übernommen hatten. Die Ethical Fashion Show Berlin konzentriert sich inhaltlich aber auf Street-, Casual- und Sportswear, da wir das gehobene Segment ja bereits durch den Green Showroom abgedeckt haben.“

2011 wurde erstmals gemeinsam mit dem Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie der Sonderpreis „Nachhaltiges Design“ verliehen, um Nachwuchskreative zu unterstützen, die ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen. Wie wichtig sind solche Preise?

„Die Messe Frankfurt unterstützt auf ihren internationalen Textilmessen mit einer Vielzahl an Nachwuchspreisen junge Kreative. Damit leisten wir einen Beitrag, um die Brücke zwischen Nachwuchskräften und der Industrie zu schlagen. Junge Menschen erhalten so ihre Chance und die Textilindustrie gewinnt neue, ehrgeizige Talente. In unseren Augen sind solche Maßnahmen zur Nachwuchsförderung daher für die gesamte Branche sehr wichtig. Mit dem Sonderpreis ‚Nachhaltiges Design’ im Rahmen des textil+mode Innovationspreises haben wir zudem eine Thematik unterstützt, die für uns von speziellem Interesse ist und die wir als besonders förderungswürdig erachten.“

Wie viel Platz ist in Berlin überhaupt für „grüne Messen“? Läuft man nicht schnell Gefahr, dass sich kleinere Messen neben den „Großen“ nicht dauerhaft behaupten können?

„Bei nachhaltiger Mode sprechen wir von einem besonderen Thema. Dementsprechend handelt es sich auch bei unserer Fachmesse um eine speziell aufgestellte Veranstaltung, die das Thema nachhaltiges Modedesign viel fokussierter und somit besser präsentieren kann, als andere, weit gefasste Messen. Der Aspekt Nachhaltigkeit und Mode geht auf den großen Messen unter. Unsere Veranstaltungen dagegen bewiesen, dass hier das gezielte Interesse vorhanden ist. Auch die neue Ethical Fahion Show Berlin funktioniert und sie wächst, wie schon erwähnt. Dazu trägt auch der Standort Berlin bei, denn Deutschland ist in Europa einer der stärksten Märkte für nachhaltige Mode und gerade in Berlin ist die grüne Szene besonders gut verankert.“

Wie schätzen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland allgemein und in Bezug auf „grüne Mode“ ein?

„Zu Jahresbeginn hat die Textilbranche eine positive Konjunkturentwicklung mit einem Umsatzplus von gut 4% erlebt. Das festigt die überwiegend gute und zuversichtliche Stimmung der deutschen Industrie. Auch bei unseren internationalen Textilmessen verspüren wir in allen Bereichen Zuwächse und eine positive Stimmung. In Sachen grüner Mode liegen uns derzeit noch keine Verkaufszahlen vor, allerdings registrieren wir sehr wohl, dass neue Shops öffnen und neue Labels auf den Markt kommen.“

Mehr und mehr Marken setzen auf faire Produktionen & Co., aber sind Endkonsumenten wirklich bereit, mehr Geld zu investieren oder ist es immer noch so, dass alle den Ansatz gut finden, im Endeffekt aber doch „Billigware“ kaufen?


„Sicher ist der Preis bei Modeprodukten wichtig, aber Studien belegen durchaus, dass Menschen bereit sind, für ökologisch und sozial verantwortlich produzierte Waren mehr zu zahlen. Das Preis-Leistungsverhältnis und das Design müssen natürlich stimmen. Wir gehen davon aus, dass sich Öko-Mode niemals beim Discounter verkaufen lässt. Im mittleren Bereich findet sich allerdings schon jetzt eine sehr große Auswahl an hervorragenden und interessanten Produkten.“

Bereits seit 2007 engagiert sich die Messe Frankfurt für ökologisch und sozialverträglich hergestellte Textilien. Tragen Sie selbst ausschließlich ökologisch und sozialverträglich produzierte Kleidung?

„Im Business-Bereich finde ich persönlich es noch recht schwierig, mich mit Eco-Fashion einzudecken. Für den Casual-Bereich finden sich aber doch inzwischen einige grüne Exemplare in meinem Kleiderschrank – auch hier Tendenz steigend.“

Vielen Dank für das Interview!

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