„Herr Reiter, Herr Offeney, was ist das Besondere an Scarosso?“

  /  21.08.2012

Wirtschaft gegen italienische Leidenschaft: Kanzlei und Bank adé hieß es für Marco Reiter und Moritz Offeney, als sie sich vor zwei Jahren dazu entschlossen, das Schuh-Label Scarosso zu gründen. Im Interview verraten sie, was die Marke ausmacht, ob es Pläne für eigene Shops gibt und wie sie das Label ausbauen wollen.

v.li.: Moritz Offeney und Marco Reiter

Marco Reiter und Moritz Offeney vereinen seit etwa zwei Jahren italienische Leidenschaft mit deutschem Geschäftssinn. Die beiden verkaufen Schuhe und Accessoires ihres Labels Scarosso – handgefertigt in Italien – über den eigenen Webshop. Was sie in Zukunft mit ihrer Marke geplant haben und was das Label überhaupt ausmacht, verraten sie im Interview.

Herr Reiter, wie kamen Sie dazu, ein eigenes Label zu gründen?

Reiter: „Moritz und ich haben unseren MBA [Master of Business Administration] in Italien an der Wirtschaftsuniversität Bocconi gemacht und während dieser Zeit haben wir die Modeszene Mailands hautnah mitbekommen: Vier Mal im Jahr ist dort die Fashion Week, im April gibt es zusätzliche eine große Designmesse – man kommt dort um das Thema Mode nicht herum. Als ich für ein Abschlussprojekt die Aufgabe bekommen habe, einen Businessplan für ein Start-up-Unternehmen zu entwickeln, kam Moritz auf mich zu – ob wir nicht gemeinsam etwas in Richtung Schuhe machen wollen.“

Warum gerade Schuhe?

Reiter: „Wir haben gesehen, dass in Italien das Angebot an hochwertigen Schuhen zu fairen Preisen enorm ist und haben uns gefragt, warum dies in Deutschland nicht der Fall ist. Auf der Via del  Fiore beispielsweise gibt es zwei Shops, die klassische Herrenschuhe führen; was dort alleine in der Mittagspause verkauft wird, war beeindruckend. Wir haben uns also für das Kernprodukt Schuhe entschieden und eine Schuhmanufaktur in Italien ausfindig gemacht, die unsere erste kleine Herrenkollektion fertigte, die wir dann an der Uni verkauft haben: sechs, sieben Modelle, 50 Paar. Ich denke, wir hatten ein sehr gutes Timing, da gerade alle Absolventen in ihre Jobs in Banken usw. starteten und noch die passenden Schuhe brauchten (lacht).“

Was ist das Besondere an dem Label und welche Zielgruppe spricht Scarosso an?

Reiter: „Die Zielgruppe sind 25- bis 35-jährige Männer und Frauen, die modebewusst sind und generell ein höheres Ausbildungsniveau sowie Einkommen haben. Dennoch sind unsere Schuhe bezahlbar. Das ist es, was die Marke ausmacht: Scarosso steht für Qualität zu bezahlbaren Preisen. Alle Einzelteile kommen zu 100% aus Italien und werden ausschließlich in der Schuh-Manufaktur in Montegranaro von Hand verarbeitet.“

Offeney: „Es ist einfach toll, wenn man die Leute kennt, die für einen arbeiten. Wenn ich zum Beispiel die Rahmengenähte Sohle sehe, weiß ich genaue, welche Dame dies umgesetzt hat, man hat so einfach einen ganz anderen Bezug zur Marke. Deshalb fahren wir auch nach wie vor einmal im Monat nach Italien! Was neben Qualität und Preis sehr wichtig ist: unser Online-Konfigurator. Kunden können damit einen Schuh nach ihren individuellen Wünschen selbst entwerfen.“

Scarosso wird über den Webshop verkauft – soll das Label künftig auch in Stores kommen und sollen eventuell auch eigene Shops eröffnet werden?

Offeney: „Der Onlinekanal ist eindeutig im Fokus! Wir wollen aber langfristig in jeder großen Stadt einen Store haben, mit dem wir kooperieren, damit die Kunden die Ware auch sehen und anfassen können. In einigen Städten können sie dies bereits: in Hamburg, München, Salzburg, Wien oder Paris. Über eigene Stores haben wir schon nachgedacht, aber das ist natürlich auch eine Budget-Frage.“

Wie wäre es alternativ zunächst mit Pop-up-Stores?

Offeney: „Pop-up-Stores sind generell sehr aufwändig. Wir sind aber gerade dennoch dabei, einen solchen in Hamburg zu realisieren.“

Sie haben ganz zu Anfang schon die Fashion Week angesprochen, Messen spielen für Scarosso als Aussteller wahrscheinlich keine große Rolle, wenn in erster Linie über den eigenen Onlinekanal vertrieben wird, oder?

Reiter: „Wir sind selbst zwar auf verschiedenen Messen unterwegs, um Inspiration zu sammeln, aber wie Sie schon sagen – wir stellen dort nicht aus. Das würde uns einfach nicht viel bringen.“

Was haben Sie in Zukunft noch mit Scarosso geplant? Sollen weitere Produktgruppen hinzukommen?

Offeney: „Zunächst liegt der Fokus darauf, den Konfigurator weiter auszubauen. Wir starten jetzt auch mit High Heels – diese wird es ausschließlich über dieses Tool geben. Aber auch der Ready-to-wear-Schuhbereich wird natürlich stetig um neue Modelle erweitert. Ab Oktober 2012 kommt außerdem ein breites Spektrum an Accessoires hinzu. Die Nachfrage war hier sehr groß, wir haben also mit Gürteln, Socken und Schnürsenkeln angefangen, künftig gibt es aber auch Taschen und Handschuhe – natürlich mit dem Kernprodukt Leder. Wir wollen ein stimmiges Gesamtkonzept präsentieren.“

Vor allem auch durch den Konfigurator bekommen Sie ja direktes Feedback, welche Modelle und Farben zurzeit gefragt sind…

Reiter: „Genau, das ist sehr hilfreich und wir haben die Möglichkeit, schnell auf Tendenzen zu reagieren. Im letzten Jahr war farblich Neon als Trend gefragt, dies konnten wir schnell umsetzen durch kleine Applikationen, die sich farblich vom Rest des Schuhs abheben. Vorher waren vor allem Gold/Silber-Applikationen sehr präsent. Was die Modelle betrifft, hatten wir im Damenbereich kürzlich ein Voting. Die Sieger: eine Flat Sandale und ein Oxford.“

Sie haben gerade den Neon-Trend angesprochen – spielen beim Design der eigene Geschmack oder aktuelle Strömungen die größere Rolle?

Reiter: „Die Designs sind schon von unserer eigenen Meinung geprägt…“

Offeney: „…wobei wir weitestgehend versuchen, uns davon zu lösen. Man muss ja auf den Markt reagieren und den Spagat schaffen zwischen subjektiver Empfindung und analytischer Recherche. Und wir haben bereits festgestellt, dass wir auf Dauer – je weiter die Damenschuhe in den Fokus rücken – die Hilfe einer Frau brauchen (lacht).“

Wie ist die Stimmung Ihrer Meinung nach generell auf dem Schuhmarkt?

Offeney: „Gut. Also wir wachsen (lacht). Was mir immer mehr auffällt, dass die Menschen Fashion-bewusster werden, auch in Deutschland wird mehr und mehr Wert auf Mode gelegt. Wobei es für uns anfangs ein kleiner Schock war, nach Berlin zu kommen. In Mailand sieht man stets top gekleidete Frauen und Männer. In Berlin lebt man ja eher den ‚Schmuddel-Look’. In Mailand will jeder immer noch einen draufsetzen, dort wünscht sich manchmal etwas weniger, hier etwas mehr. Vielleicht gehen wir irgendwann auch zurück nach Mailand…“

Dann weiterhin viel Erfolg und besten Dank für das Interview!

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