„Herr Müller, wie geht es der Bread & Butter?“

  /  25.06.2012

Nachdem die Absage einiger großer Marken für die kommende Bread & Butter für Wirbel sorgte, ist es an der Zeit, bei Karl-Heinz Müller direkt nachzuhaken. Der Gründer der Messe erzählt außerdem, wann eine solche nachhaltig ist und mit welchen Specials er diesmal wieder alle Aufmerksamkeit auf die Bread & Butter lenken will.

Bread & Butter-Chef Karl-Heinz Müller

Herr Müller, wieso stellen einige große Brands im Juli 2012 nicht mehr auf der Bread & Butter aus?

„Erstens ist das ein sehr komplexes Thema, und zweitens kommen aktuell eine Reihe verschiedener Faktoren zusammen, die man sehr differenziert betrachten muss.

Die Abgänge, die wir verzeichnen, sind fast ausschließlich große, altgediente Major Denim-Brands. In den übrigen Bereichen haben wir starke Zuwächse. Die Bread & Butter ist, wie gewohnt, ausgebucht. Wir haben sogar Sonderflächen geschaffen. Das möchte ich doch zunächst einmal festhalten. Die Abstinenz einiger Marken schwächt die Bread & Butter nicht, ich erwarte eine sehr erfolgreiche Veranstaltung.

Nun zu Ihrer Frage. Da sind zunächst die nicht einfachen, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, vorwiegend in Südeuropa, wie zum Beispiel die Euro- beziehungsweise Bankenkrise. Refinanzierungen bzw. Finanzierungen durch Bankkredite sind sehr schwierig geworden. Aber auch die schwache Binnennachfrage in diesen Ländern trägt ihr Übriges dazu bei.

Dann können einige große Marken an die Erfolge der Vergangenheit schlicht und ergreifend nicht mehr anknüpfen. Der Fachhandel bzw. der Independent Retail hat sich in den letzten zehn Jahren in ganz Europa stark dezimiert. Die verbleibenden Händler müssen verstärkt die Nische suchen, um erfolgreich zu sein. Der Einkäufer kauft sehr gezielt, er kann nicht an „alten Zöpfen“ festhalten. Etliche Marken, die in der Vergangenheit groß waren, verzeichnen regelrechte Umsatzeinbrüche.

Oft gehen diese Marken dazu über, verstärkt eigene Läden zu eröffnen. Das bedeutet zunächst große Investitionen. Nicht selten bringen die eigenen Läden jedoch nicht die erforderlichen Ergebnisse in Umsatz und Ertrag. Oft zieht sich der Top Händler zurück, wenn in seiner Nähe der Flagship einer Marke aufmacht. Das Resultat ist nicht selten: Kunde weg, Laden funktioniert nicht. Folglich sind Umsatz und Ertrag im Keller. Und das Image der Marke ist lädiert.“

Und die aktuellen Modetrends tun ihr übriges…


„Im Speziellen hatten viele Denim-Brands in den letzten Saisons erheblich mit dem starken Chino-Trend zu kämpfen. Die Erfolge von modischen Hosen gingen zu Lasten von 5-Pocket-Jeans und Basics. Trotzdem gab es Gewinner bei den Denim Brands, vorwiegend die, die der modischen Nachfrage des Konsumenten gerecht wurden. Dazu gehören einige große Marken, aber auch zahlreiche individuelle Denim-Labels, die eine eigene Antwort auf die bestehende Situation und einen eindeutigen USP gefunden oder sich spezialisiert haben.

Hinzu kommt ein gewisser Paradigmenwechsel, der Markt wird eindeutig vom Verbraucher bestimmt. Früher haben einige große Denim-Brands dem Konsumenten ein regelrechtes Modediktat auferlegen können. Das hat sich in den letzten Jahren stark geändert. Der Endverbraucher hat sich emanzipiert und ist bestens informiert. In meiner Jugend musste ich eine Levi’s tragen, um dazu zu gehören; eine Jinglers von C&A wäre peinlich gewesen. Heute ist das anders. Die Vertikalen haben durch ihre kontinuierlichen Anstrengungen, mit cleveren Marketingstrategien und guter modischer Ware gepunktet.

H&M, Zara, Mango, Abercrombie, Uniqlo etc. sind heute genauso im Bewusstsein der Verbraucher wie Marken wie Levi’s, Diesel, Replay oder Sixty. Das ist einfach Fakt. Ich habe sogar das Gefühl, dem Endverbraucher macht es geradezu Spaß, den Marken ein Schnäppchen zu schlagen, indem sie günstiger bei den Vertikalen einkaufen.“

Ist es denn so, dass einige Marken nicht verstanden haben, dass sich die Marktanforderungen verändern?


„Ja. Der Markenname an der Jeans hat an Wichtigkeit verloren, das Produkt zählt. Der Endverbraucher ist nicht mehr bereit, für Markenware aus Drittländern teuer zu bezahlen. Er will Leistung für sein gutes Geld. Zu Recht, wie ich meine.

Trotzdem muss für ein gutes Produkt die Begehrlichkeit geweckt werden. Dazu ist ein ausgefeiltes und durchgängiges Marketingkonzept notwendig, das über den Händler den Endverbraucher erreicht. Nicht zuletzt ist ein zielgerichteter, gut organisierter Vertrieb essentiell. Nicht selten werden Aufträge ‚by accident’ geschrieben.

In den vorgenannten Punkten haben etliche große Denim-Brands erheblichen Nachholbedarf. Professionell geführte Marken sind nach wie vor erfolgreich, dabei spielt es keine Rolle, ob sie groß oder klein sind. Ich sage aber auch sehr deutlich: ‚Nobody is too big to fail’.

Nicht wenige der großen Denim-Brands, die nicht mehr dabei sind, haben schlichtweg große Probleme. Einige sind fast aus der Handelslandschaft verschwunden, andere müssen sich neu aufstellen. Wir sind kein ECE und auch keine Flächenvermieter, wir wollen unseren Einkäufern attraktive, erfolgreiche Marken präsentieren, mit denen sie Geld verdienen können und keine Dinosaurier, die nicht mehr in die Neuzeit passen. Dinosaurier sind bekanntlich ausgestorben.

Die Bread & Butter ist die Front, nicht das Lazarett.“

Sehen die Aussteller, die dieses Mal dabei sind, das nach wie vor genauso?


„Die Bread & Butter ist die größte, erfolgreichste und imageträchtigste Fachmesse im Bereich Street- und Urbanwear. Bis zuletzt konnten wir steigende Besucherzahlen verzeichnen. Fachbesucher beziehungsweise Einkäufer im fast sechsstelligen Bereich und aus der ganzen Welt besuchen die Bread & Butter regelmäßig. Wenn einzelne Marken entscheiden, dieses großartige Podium nicht zu nutzen, vergeben sie eine erhebliche Chance, sich dem Fachpublikum zu präsentieren und mit den Mitbewerbern zu messen. Ich kann mir nicht vorstellen, mit welcher Maßnahme die führende und erfolgreichste Fachmesse ihrer Art in der Welt ersetzt werden kann. Meines Erachtens weder mit der Teilnahme an den MTV Awards, noch als Sponsor eines Musikfestivals und schon gar nicht mit einem eigenen Event in einer Off-Location während der Berliner Modewoche. Das können sicherlich gute, ergänzende Marketingmaßnahmen sein. Eine Marke, die hingegen in ihrer Pressemeldung mitteilt, dass sie sich nun mehr auf eigene Läden konzentriert, hat selbstverständlich nicht den Fachhändler im Visier und kann auf eine Teilnahme an einer Messe verzichten, das kann selbst ich gut verstehen.

Bezeichnenderweise war eine der erfolgreichsten Denim-Brands der letzten 20 Jahre, nämlich G-Star, immer schon stark auf Messen vertreten. G-Star hat seit unserem Umzug nach Berlin im Januar 2003 keine Veranstaltung versäumt. Sie waren auch in der Vergangenheit auf der Interjeans in Köln immer sehr aktiv. G-Star nutzt die Bread & Butter immer mit herausragenden Ständen, Fashion Shows und Partys und präsentiert sich seinen Kunden und potentiellen Neukunden auf eine ganz besondere Weise. Dieses Engagement hat G-Star geholfen, eine starke Marke aufzubauen.

Die Marken, die aktiv auf der Bread & Butter präsentieren, wie zum Beispiel G-Star, Hilfiger Denim, Pepe Jeans, Scotch & Soda oder Guess registrieren natürlich das Fernbleiben von einigen großen Marken mit Stirnrunzeln, aber letztlich haben sie damit auf dem Spielfeld Bread & Butter einen Mitbewerber weniger. Der Denim-Markt war immer schon ein Verdrängungswettbewerb. Dementsprechend wird diese Entwicklung von den Mitbewerbern nicht nur negativ aufgenommen, man kann durchaus positive Schlüsse ziehen.“

Wie wird der Platz in der Denim Base gefüllt, den Marken durch ihr Fernbleiben frei geben?


„Der Leitartikel unseres B&B Tradeshow Guides handelt vom Mix&Match der unterschiedlichen Bekleidungsstile, so wie sie letztlich auch auf der Straße getragen werden (und ich möchte nochmals daran erinnern: die Bread & Butter ist die internationale Leitmesse für Street- und Urbanwear). Das HaKa-Fachgeschäft führt mittlerweile Jeans und Sneakers, und der Jeans-Laden hat Sakkos und rahmengenähte Schuhe im Sortiment. Letztlich gibt es kaum ein Modegeschäft, das keine Jeans anbietet.

Entsprechend ändert sich unsere Denim Base. Denim ist die Base, das sagt schon der Name. Wir hatten nie die Absicht, in unserer Haupthalle nur Denim Marken anzubieten. Ergänzende Marken haben immer schon eine große Rolle gespielt, zum Beispiel Adidas, Converse, Vans, Superdry, Scotch & Soda oder Desigual.

Wir haben die freigewordenen Flächen an Marken wie Marc O’Polo, Antonio Morato, Strellson und Joop! vergeben, die mit großartigen Präsentationen teilnehmen werden. Wir entsprechen hiermit sehr konsequent der Entwicklung und den Anforderungen des Marktes, denn die Bread & Butter ist letztlich nichts anderes als ein Spiegelbild des Marktes.

Vielleicht sollten wir uns einen neuen Namen für die Halle einfallen lassen, aber das sehe ich nicht als vordringliche Aufgabe, vielmehr zählen die Inhalte. Außerdem finde ich es gut, wenn wir dem Einkäufer nicht immer wieder das Gleiche zeigen – Bewegung ist wichtig, insbesondere in unserer schönen Branche.“

Jetzt, wo einige Marken wegbleiben, fangen eventuell einige andere ebenfalls an, zu überlegen und vielleicht auch in Frage zu stellen, was die Bread & Butter nachhaltig wirklich bringt. Sie wird ja gerne auch mal als „Spaßveranstaltung“ tituliert…


„Ich habe den Sachverhalt in den vorherigen Fragen doch sehr deutlich und klar erklärt. Gerne gehe ich noch einmal tiefer auf das Thema ein. OK, aber jetzt mal bitteschön der Reihe nach: Man muss sich doch mal die Frage stellen, was eine gut funktionierende Messe leisten kann und muss?

Eine Messe ist so etwas wie ein Marktplatz, der Käufer und Verkäufer zusammenbringen muss. Auf die Bread & Butter umgemünzt: Wir müssen interessante Marken und Labels auf unsere Messe bringen, damit der Einkäufer für sein Geschäft möglichst viel findet und sich sein Besuch lohnt – und zwar in barer Münze. Andererseits müssen wir genügend Einkäufer auf unsere Messe bewegen, damit sich das Investment der Marken wiederum auszahlt, indem sie ihren Absatz beziehungsweise Umsatz ankurbeln. Dafür haben wir vor sechs Jahren unser AGM – Active Guest Management installiert, das mit circa 30 ‚native speaking’ Mitarbeitern besetzt ist, so dass unsere internationalen Besucher unseren Service in ihrer Muttersprache in Anspruch nehmen können.

Das alles praktizieren wir seit nunmehr elf Jahren mit zunehmendem Erfolg. Ich kenne in Europa keine Messe, der das besser gelungen ist.

Wenn es nun darum geht, ob eine Messe im Allgemeinen den gewünschten nachhaltigen Erfolg bringt, muss ich auf die Marken und deren Mitarbeiter verweisen. Es fängt ja schon mal damit an, dass die Marke etwas Interessantes anbieten muss. Bread & Butter ist nun wirklich nicht für die Entwicklung von Kollektionen verantwortlich.

Zweitens sollte eine Marke, die an einer Messe teilnimmt, entsprechende Vorbereitungen und Maßnahmen treffen. Also, wie und in welcher Form wird präsentiert, wie sieht der Stand aus, wie und wer wird eingeladen, sollen vor Ort Aufträge geschrieben werden, oder will man lediglich die Kollektion zeigen, um dann feste Termine für den Showroom zu vereinbaren. Und letztlich, wie wird eine Messe nachbearbeitet. Jeder Besucher hat ein personalisiertes Ticket. Durch unser Scanner-System kann jeder Besucher auf dem Stand festgehalten werden.

Unter dem Strich bieten wir allen Beteiligten optimale Arbeitsbedingungen. Aber letztlich liegt es an jedem selbst, was er daraus macht. Bei mir haben sich zwei große Aussteller beschwert, dass sie kaum Neukunden akquirieren konnten. Bezeichnenderweise waren es Marken, die dieses Mal nicht mehr vertreten sind. Vielleicht sollten sich diese Marken mal fragen, ob von deren Seite alles richtig gemacht wurde, ob die Kollektion gestimmt hat, ob der Stand attraktiv war oder ob die Vertriebsmitarbeiter vor Ort beziehungsweise auf dem Posten waren. Genügend Besucher und damit ausreichend potentielle Neukunden waren jedenfalls auf den letzten Veranstaltungen da. Außerdem dient eine Messe auch der Kontaktpflege bestehender Kunden. Auch in diesem Bereich schlummern erhebliche Potentiale. Gerade die bestehenden Kunden sind für das ‚Brand Building’ von extremer Bedeutung. Das schafft man nicht mit immer wieder neuen Kunden, womöglich noch in der Nachbarschaft des bestehenden Kunden. Wer eine stark frequentierte Messe für sich nicht nutzen kann, hat erhebliche Fehler gemacht und ist selbst schuld.“

Was bleibt, ist die Titulierung ‚Spaßveranstaltung’.


„Ich habe das schon oft gehört, man hat es mir auch schon persönlich gesagt. Ich weiß aber auch sehr genau, wer mir das gesagt hat. Noch nie hat der CEO oder der Inhaber einer Marke eine ähnliche Äußerung gemacht. Die sehen nämlich die Ausgaben für die Teilnahme an einer Messe keineswegs als Spaß an, sondern als eine Möglichkeit, ihr Geschäft auszubauen. Ich habe aber schon viele Mitarbeiter und Freelancer von Firmen erlebt, denen schlichtweg die professionelle Einstellung fehlt, die sich jeden Abend die Kante geben und am nächsten Tag mit einem dicken Kopf auf der Messe rumirren. Solche Leute habe ich früher, als ich noch als Verkaufsleiter beziehungsweise Geschäftsführer für verschiedene Marken tätig war, nach Hause geschickt. Ausuferungen dieser Art sind nicht in meinem Sinne. Eine Messe bedeutet sehr viel Arbeit, das gilt gleichermaßen für den Einkäufer als auch für den Repräsentanten einer Marke. Dafür braucht man einen klaren Kopf. Meine Einstellung ist ‚Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps’.

Dennoch, wir investieren jede Saison viel Fantasie, Mühe und auch sehr viel Geld, um unseren Ausstellern und Besuchern den Aufenthalt auf der Bread & Butter so angenehm wie möglich zu gestalten. Angefangen bei ordentlich segmentierten Hallen, über eine funktionierende Heizung beziehungsweise Klimaanlage, einem umfangreichen, hochwertigen Catering, unserem Business Club bis hin zu unserer Opening-Veranstaltung und unseren sonstigen Abendprogrammen. Wir sehen uns als Gastgeber für unsere Gäste und strengen uns jede Saison an, auch ein guter Gastgeber zu sein. Wem das nicht gefällt, der hat uns nicht verstanden und der möchte doch bitte unserer Veranstaltung fernbleiben.

Wir haben durch die Art und Weise unserer Veranstaltung neue Standards gesetzt. Wir haben der Branche die früheren Messeveranstaltungen in Köln und Düsseldorf ihre Bedeutungslosigkeit vor Augen geführt, das Resultat ist allen bekannt. Wir wurden oft kopiert, aber nie erreicht. Warum, bitteschön, soll ich an unserem Erfolgskonzept etwas Gravierendes verändern? Selbstverständlich werden wir uns weiter entwickeln, denn wir wollen die Menschen weiter euphorisieren – und genau deshalb bleiben wir unserem Claim, nämlich ‚Fun & Profit’, treu.

Außerdem leben wir doch alle vom Spaß an der und um die Mode. Wenn wir nur noch den reinen Bedarf der Konsumenten decken dürften, wären wir doch schon alle lange am Ende, oder?“

Auch wenn Sie nicht fürs Brand Building verantwortlich sind, für eine immer wieder außergewöhnliche Bread & Butter sind Sie es. Und wie man Sie kennt, haben Sie sich sicher auch dieses Mal wieder einige Besonderheiten geplant.


„Selbstverständlich sind wir nicht für das Brand-Building der einzelnen Marken verantwortlich, aber es ist unsere Aufgabe, Trends und Strömungen aufzuzeigen. Das ist uns, als jüngstes Beispiel mit der L.O.C.K., gelungen. Wir haben den Einkäufer sehr früh sensibilisiert, auf hochwertige Marken mit Heritage und traditionellen Fertigungsmethoden zu achten. Daraus ist eine starke Bewegung geworden. Dadurch kann sich der Fachhändler von den Zaras dieser Welt abheben.

Dieses Mal wird unser Highlight ‚BERLIN – TEMPEL(H)OF DENIM’. Wir glauben, dass Denim zukünftig wieder eine stärkere, ja sogar dominante Rolle spielen wird, sodass Denim dem Handel helfen wird, erhebliche Umsätze zu erzielen. Und das sage ich trotz und gerade wegen der Absage einiger großer Denim-Brands. Dennoch kann ich den nächsten ‚Denim Boom’ förmlich riechen. Welche Marken dann diese Entwicklung für sich nutzen können, werden wir ja in einigen Saisons sehen. Starke Trends haben schon immer neue Marken hervorgebracht.

Auf der kommenden Bread & Butter wird es den circa 3.000 qm großen ‚Berlin – Tempel of Denim’ geben. Hier zeigen wir viele neue, kleine Labels, die besonders innovativ sind, wie 3x1 by Scott Morrison, Kohzo, K.O.I – Kings of Indigo oder Patrick Mohr, aber auch einige bekannte Namen wie Denham the Jeanmaker, Closed, 7 for all mankind und AG Adriano Goldschmied, die speziell im Womenswear-Part ein Statement setzen.

Wir werden aber auch dem Einkäufer Einblicke in Produktionsprozesse vorstellen, die aufzeigen, dass die Denimindustrie das Thema Umwelt sehr ernst nimmt. Beispielsweise in der Veredelung durch den Einsatz von Laser- und Ozontechniken. Aber auch durch den Einsatz von Organic Cotton. Zwei der führenden europäischen Denimweber, nämlich Orta Anadolu und TRC Candiani, sind vor Ort.

Als Symbol haben wir in der Mitte des Tempels einen riesigen, circa 100 m langen Tisch aufgebaut. Dort sollen unsere Besucher alle an einer Tafel sitzen. Es wird dort auch ein Restaurant geben, man kann dort also essen und trinken und sich in gemeinsamer Runde über das Erlebte austauschen. Der Tisch erinnert an einen riesigen Laufsteg, und er wird tatsächlich auch für eine Art Modenschau genutzt.“

Es wird also eine Fashion Show im Tempel of Denim geben?


„Eigentlich wollte ich keine Fashion Show machen, denn eine Fashion-Show (Catwalk) im klassischen Sinne ist nicht das Richtige für die Street- und Urbanwear. Aber außergewöhnliche Präsentationen sind natürlich möglich. Denken Sie mal an die außergewöhnlichen Shows von G-Star in den letzten Jahren. Eine solche Show ist allerdings sehr aufwendig, und man braucht den Support der Marken. Es ist also nicht so einfach, eher sehr kompliziert.

Wir haben mit unseren Kreativen eine anfängliche Idee weiter entwickelt. Wir glauben, das Denim etwas von einem Glaubensbekenntnis hat, von einer ‚Religion’. Deshalb präsentieren wir die ‚Denim Religions’, weit entfernt von einer klassischen Catwalk-Show. Es ist eher eine Performance, eine Hommage an Denim, our Religion. Es wird sehr außergewöhnlich, etwas, das Berlin so noch nicht gesehen hat. Wir haben einen Teaser gedreht. Er wird ab Donnerstag auf unserer Website zu sehen sein.

Unser Opening findet dieses Mal im ‚Café am Neuen See’ mitten im Berliner Tiergarten statt. Der Ort erinnert an die berühmten Gemälde von Claude Monet. Es wird ein entsprechendes künstlerisches Programm geben. Kurz vor Mitternacht bringen mehrere Busse circa 300 Gäste zum ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof zur Premiere der ‚Denim Religions’-Performance. Die Gäste im ‚Café am Neuen See’ werden die Show über einen Live-Screen erleben können, auch auf eine besondere Art. Wir hoffen natürlich auf wunderschönes Wetter. Am Mittwoch und Donnerstag zeigen wir die außergewöhnliche Performance zweimal täglich all unseren Gästen auf der Bread & Butter.“

Durch solche Aktionen unterscheidet sich die Bread & Butter ja definitiv von anderen Messen. Sehen Sie diese trotzdem als Konkurrenz?


„Lassen Sie mich doch mal vier, fünf Jahre zurückgehen. Damals waren wir in Barcelona äußerst erfolgreich. In Berlin fand die Premium statt, die IMG fing mit ihren Catwalks im Zelt, zunächst am Brandenburger Tor, an. Die Premium gab Besucherzahlen von 13 bis 14.000 Pax an. Bei den Catwalks saßen die hübschen Berliner Partygänger und die regionale Presse. Einkäufer waren kaum vorhanden. Die hochgesteckten Ziele der IMG, große Namen nach Berlin zu bringen, wurden von Anfang an nicht erreicht. Düsseldorf hat sogar wieder Morgenluft gewittert.

Dann erfolgte die fulminante Rückkehr der Bread & Butter nach Berlin. Im Vorfeld gab es Kabbeleien um den Termin. Wir haben allen, auch den Politikern, klargemacht, dass wir uns nicht der Meinung von einem Dutzend Jungdesignern und der Regionalveranstaltung Premium anschließen werden, die einen zwei Wochen späteren Termin wünschten. Wir haben unseren frühen Termin gegen den Willen der Premium und der IMG durchgesetzt, denn eine internationale Messe braucht einen frühen Termin, sonst wäre das internationale Geschäft in anderen europäischen Städten abgelaufen. Man hat letztlich nachgeben müssen. Heute sind alle froh, rühmen sich ob ihrer Internationalität, melden vielfache Besucherzahlen und klopfen sich auf die Schulter. Auch im Zelt sitzen mittlerweile viele Einkäufer und die internationale Presse. Aber das haben sie nicht durch ihre eigene Leistung geschafft, sondern durch die Bread & Butter. Die beiden eben genannten Veranstalter hatten mehrere Saisons Zeit, nämlich als wir in Barcelona waren, hier etwas Großes aufzubauen. Es ist ihnen zu keiner Zeit gelungen.

So gesehen sind die anderen Veranstaltungen also keine Konkurrenz zur Bread & Butter, sie ergänzen zum Teil sehr gut unsere Veranstaltung. Einige machen einen wirklich guten Job, wovor ich viel Respekt habe. Auch wir partizipieren letztlich von einer gut besprochenen Premium. Einige Veranstaltungen sind aber unnötig, und sie werden auf Dauer nicht überleben, weil sie keinen eigenen USP haben. Letztlich hinterlässt aber niemand, außer der Bread & Butter, wirklich einen Footprint von internationaler Bedeutung. Würden wir wiederum in eine andere europäische Stadt auswandern, würde alles andere hier wieder auf ein regionales Niveau herabfallen. Die meisten Veranstalter würden dies nicht überleben.

Und dennoch besteht eine gewisse Konkurrenz. Und zwar eine Konkurrenz den Zeitfaktor betreffend. Berlin wird zur Hetzjagd. Auf jeder Veranstaltung gibt es etwas Interessantes zu sehen, oder zumindest denkt der Einkäufer, er könnte etwas entdecken. Das macht Einkäufer und Journalisten während der Berliner Modewoche zu Getriebenen. Das wiederum schadet den guten und wichtigen Veranstaltungen mit ihren wichtigen Ausstellern, denn ihnen wird die Zeit des Einkäufers gestohlen. Diese Entwicklung sehe ich für eine gewisse Zeit mit Sorge. Über kurz oder lang werden ineffektive Veranstaltungen wieder verschwinden, und dann wird wieder Ruhe einkehren. Ich schlage seit längerem meinen Mitveranstaltern vor, die Termine doch zu entzerren, indem beispielsweise die Premium einen oder zwei Tage nach oder vor uns anfangen würde. Bisher gibt es keine Reaktion. Ich denke, der Einkäufer wäre dankbar. Allein das zeigt doch, dass sich niemand soweit emanzipiert hat, im Sinne aller Beteiligten einen eigenen Termin zu wählen.

Im Übrigen überlege ich seit längerem, ob ich nicht den Agenturen eine Plattform auf der Bread & Butter anbieten soll, erstens haben wir Platz genug, und zweitens gibt es wohl kaum einen Einkäufer, mal von einigen Boutiquen abgesehen, der nicht sowieso auf die Bread & Butter geht. Wenn wir den Damenboutiquen das richtige Markenportfolio anbieten, kommen die sicher gerne zu uns, da bin ich mir doch ziemlich sicher. Mal sehen…“

Auch wenn es mittlerweile zahlreiche andere Messen in Berlin gibt, viele Marken wollen nach wie vor unbedingt auf die Bread & Butter. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass es Leute gibt, die sich während der letzten Saisons gewundert haben, dass Sie auf einmal Labels aufgenommen haben, die vorher nicht unbedingt bei Ihnen hätten ausstellen dürfen?

„Wenn sich die Leute wundern, ist das doch zunächst einmal ein gutes Zeichen, dann befassen sie sich offensichtlich mit uns. Die Bread & Butter entwickelt sich, und so muss es auch sein. Früher war beispielsweise der Superior Bereich eher klein, heute spielt er eine gewichtige Rolle. Auch Marken entwickeln sich. Vor zehn Jahren war Scotch & Soda eine ‚doofe’ Marke. Während unserer Zeit in Barcelona habe ich Scotch & Soda aufgenommen, da haben sich auch einige gewundert, vor allem die Journalisten, die glauben, von Mode eine Ahnung zu haben. Der Einkäufer hat Scotch & Soda massiv angenommen, wie wir heute wissen. Das war doch wohl kein Fehler, oder?

Die Bread & Butter ist und bleibt die ‚tradeshow for selected brands’. Wir überlegen uns sehr genau, wen wir aufnehmen und wen nicht. Machen Sie sich da mal keine Sorgen.“

Vielen Dank für das Interview!


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