„Herr Hamouda, welches Klientel visiert Estral an?“

  /  03.02.2014

Nachgefragt bei André Hamouda, Sales & Marketing Manager D. A. CH. der Estral GmbH: Im Interview erzählt er von Zielgruppen, der Messelandschaft und Niedriglohnländern…

André Hamouda

Mit Gründung der Estral GmbH im März 2013 als Ableger der Estral B.V. sind einige Veränderungen rund um die Marken Fred de la Bretoniére, Shabbies Amsterdam und dem jungen Sneaker-Brand Fretons einhergegangen. Im Interview berichtet André Hamouda, Marketing Manager D.A.CH. bei der Estral GmbH, von Veränderungen, Sichtbarkeit, Zielgruppenorientierung und seiner Einstellung zu den Neuerungen innerhalb der deutschen Messelandschaft.

Herr Hamouda, Sie haben Ihre Position als Marketing Manager D.A.CH. bei der neu gegründeten Estral GmbH, ein Ableger der Estral B.V., Anfang 2013 zusätzlich zu Ihrem Amt als Sales Manager übernommen. Was hat sich im Zuge der Neupositionierung verändert? Welche Vorteile bietet das Unternehmensgeflecht der Düsseldorfer Estral GmbH?

„Marketing Manager der Estral GmbH bin ich bereits seit eineinhalb Jahren und natürlich hat sich in dieser Zeit auch einiges getan. Wir haben für den D.A.CH.-Markt eine neue PR-Agentur und sind inzwischen auch im Social Media-Bereich aktiv – mit sehr positiver Resonanz übrigens. Mir war es sehr wichtig, eine Struktur zu schaffen, deshalb haben wir vor allem daran gearbeitet, Strategien und Marketingpläne zu entwickeln, haben aufmerksamkeitsstarkes POS-Material (wie unser rotes Fetons-Bike) kreiert. Kurzum: Wir versuchen einfach uns stetig zu optimieren und besser zu werden und zwar, weil wir dem Kunden zuhören und anschließend versuchen, bestmöglich unsere Hausaufgaben zu machen.

Neben den einschlägigen Schuh-Ordermessen erschließen wir mit der Estral GmbH für die Marken andere Kanäle und sind deshalb auch auf Modefachmessen vertreten oder beteiligen uns an neuen Plattformformaten wie der What about Shoes. Alle drei Marken sind wirklich hochwertig und unique. Aus diesem Grund passen sie nicht nur in den gehobenen Schuhfachhandel, sondern auch wunderbar auf vertikale Flächen. Wir möchten unseren Kunden ein verlässlicher Partner sein und haben es Schritt für Schritt geschafft, merklich sichtbarer zu werden und auch in erstklassigen Schaufenstern wie im KaDeWe in Berlin, Breuninger in Düsseldorf oder Görtz in Hamburg vertreten zu sein. Diese Visibilität und natürlich auch die Betreuung treiben wir mit der Estral GmbH gezielt voran.“

Mit Fred de la Bretonière und Shabbies Amsterdam haben Sie im März 2013 zum ersten Mal auf der ILM in Offenbach ausgestellt und im Zitat für unseren Abschlussbericht erwähnt, dass verstärkt Kunden aus Mittel- sowie Süddeutschland gewonnen werden konnten. Würden Sie den deutschen Markt neben dem niederländischen und belgischen als Kernmarkt einstufen? Gibt es hier Unterschiede, die Brands betreffend?

„Deutschland, Österreich und die Schweiz sind für unsere drei Schuh- und Accessoire-Marken wichtige Key-Märkte. Genau aus diesem Grund haben wir uns vor rund eineinhalb Jahren dazu entschieden, einen eigenen Vertrieb für den deutschsprachigen Raum aufzubauen. So können wir einfach direkter auf den Märkten reagieren und mit unserem Team vor Ort sehr eng mit den Kunden interagieren. In den Benelux-Ländern besteht im Hinblick auf unsere Labels eine ganz andere Vertriebsstruktur als in Deutschland. Dort haben wir 13 eigene Stores und auch noch mal ein ganz anderen Bekanntheitsgrad. Insbesondere Fred de la Bretoniére und Shabbies Amsterdam sind Brands, die in den Niederlanden wahnsinnig positiv und stark besetzt sind. Auch modisch gesehen gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Ländern. Das wirkt sich natürlich auch auf den Vertrieb aus. Wir haben ganz andere Trend-Schwerpunkte. In den Niederlanden ist ein großes Branding auf dem Schuh beispielsweise gewollt und gefragt, deutsche Kunden hingegen mögen es lieber dezent. Punkte wie diese haben wir aber im Designprozess der Kollektionen und natürlich auch seitens unseres Sales-Teams immer im Blick.“

Will man mit den drei unterschiedlichen Marken auch drei gänzlich unterschiedliche Zielgruppen ansprechen oder legt man Wert auf eine ähnliche Klientel?

„Shabbies Amsterdam und Fretons sind im Grunde aus Fred de la Bretoniére heraus geboren worden. Bei bestimmten Gruppen innerhalb der Kollektion kristallisierte sich im Laufe der Zeit einfach immer stärker ein eigenes Profil heraus, das unaufhaltsam zur Marke avancierte. Shabbies Amsterdam wurde vor sechs Jahren als eigenständiges Label lanciert. Fretons folgte dann vor circa einem Jahr. Ich denke, dass unsere Labels – trotz aller Markeneigenständigkeit und ihres individuellen Looks – doch einige Parallelen aufweisen, was die Kunden angeht. Nichtsdestotrotz ist Fred einfach die deutlich Fashion orientiertere, femininere Marke, wohingegen Shabbies clean, lässig und klassisch ist und Fretons den urbanen Sneaker-Style transportiert.“

Welche Ziele stehen für Sie im Fokus? Überwiegen dabei Zahlen und Umsatzvorstellungen oder setzt man bewusst auf ein kontinuierliches Wachstum auf verschiedenen Märkten?


„Seit einigen Jahren wächst unsere Firma sehr gesund. Darauf sind wir natürlich stolz, denn wir verstehen uns als guter, zuverlässiger Partner für unsere Kunden und Produzenten. Der europäische Markt steht in punkto Vertrieb eindeutig im Fokus. Die Märkte in Kanada, USA und England testen wir gerade.“

Planen Sie die Expansion und die Erschließung neuer Märkte? Welches Potenzial bergen Länder wie China oder Russland, die immer weiter an Bedeutung für die Modebranche gewinnen? Oder konzentriert man sich vorrangig auf den europäischen Raum?

„Märkte wie China oder Russland sind natürlich generell sehr interessant. Momentan bedienen wir diese jedoch von Holland heraus. Wir sind ein inhabergeführtes, kleines Unternehmen, bei uns ist alles sehr familiär und wenig industriell im klassischen Sinne. Wir können uns nur Schritt für Schritt entwickeln und dürfen nichts übereilen. Es ist wichtig, einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Aber natürlich sind neue Märkte langfristig ein Ziel.“

Keine der drei Marken läuft über einen eigenen oder einen gemeinschaftlichen Webshop, dabei gilt aktuell: Online ist das neue Offline. Welche Gründe stehen dahinter?

„Seit vielen Jahren arbeiten wir eng mit von uns sehr geschätzten Partnern zusammen. Wenn eine Zusammenarbeit optimal läuft, sollte man sie nicht verändern – never change a winning team. Unsere Produkte wollen wir ganz bewusst nicht zu dicht im Onlinehandel anbieten. Wir möchten, dass unsere Kunden eine gute und kompetente Beratung vor Ort haben und verstehen, dass unsere Schuhe aus hochwertigen, pflanzlich gegerbten Ledern gefertigt werden. Bei uns hat jeder Schuh eine andere Haptik oder Patina, sie sind nicht immer gleich. Im Onlinegeschäft wird daraus resultierende Einzigartigkeit manchmal nicht richtig verstanden und sogar reklamiert respektive retourniert, dabei ist es ja genau das, was unsere Schuhe ausmacht.“

In Deutschland verkaufen Sie die Produkte über Multibrand-Stores, eigene Läden führen Sie derzeit nicht. Ist dies in Planung oder soll der Fokus weiterhin auf Corners respektive Shop-in-Shops liegen?

„Wir planen auch in Deutschland Mono-Stores – mehr möchte dazu aber jetzt noch nicht verraten.“

Kernkompetenz Schuhe/Taschen: Einige Marken gehen zeitweise den Weg über andere Segmente und versuchen sich im Apparel-Bereich mit der Lancierung von Jacken oder Hosen. Liegt der Fokus bei der Estral GmbH auf der Verarbeitung des Materials Leder an sich und stünde zur Debatte, diese auf derlei Segmente zu übertragen, oder stehen eindeutig Taschen/Schuhe sowie Lederaccessoires im Zentrum?

„Die Historie von Fred zeigt unsere Kompetenz in Bezug auf die Bereiche Schuhe, Taschen und Accessoires. Wir wissen Schönes aus Leder zu machen. Mit drei Marken und unterschiedlichen Zielgruppen ist eine Erweiterung natürlich denkbar, im Moment jedoch nicht im Fokus.“

Welche Erwartungen haben Sie an die neue Messe What about shoes? Sehen Sie die Veranstaltung als Ergänzung oder als Alternative zu einer Messe wie der GDS?

„Wir sind von der Idee, dem Konzept und dem Zeitpunkt der ‚What about shoes’ überzeugt. Momentan ist so viel Bewegung im Markt, dass wir der Meinung sind, die Messe hat Potenzial, eine spannende Orderplattform für Schuhe und Accessoires zu werden. Es haben sich tolle etablierte Brands und auch junge Designer angemeldet. Diese Angebotskombination ist für modisch orientierte Einkäufer mit Sicherheit interessant. Wir haben bereits gute Termine und sind gespannt. Einen Vergleich oder ein Resümee werden wir erst nach der ersten WAS und wahrscheinlich auch erst nach der ersten vorgezogenen GDS ziehen können.“

Thema „Veränderung der Fachbranche respektive der Messelandschaft“: Ohne auf derzeitige spezifische Pläne einzelner Veranstalter einzugehen – wie sehen Sie die Veränderungen auf dem Markt und stellt eine Einbeziehung des Endkonsumenten in Ihren Augen eine ernsthafte oder aber eine gewollte Notwendigkeit dar? Steuert die Fachmesselandschaft so einem neuen Höhepunkt oder aber eher dem Abgrund entgegen?

„Bewegung ist immer gut und auch, dass stark über das Thema gesprochen wird. Ich selbst vermag es noch nicht einzuschätzen.“

Vielfach diskutiert wird die Aussage vieler, dass das Endkonsumenten-Messen-Prinzip in anderen Branchen wie der Automobilindustrie bereits tadellos funktioniert. Ist dies ein Pro-Argument oder eine Art Fehldiagnose?


„Ich denke, die Erschließung der Messen für Endverbraucher ist ein schwieriges Thema. Es gibt Plattformen, wo es eindeutig Sinn macht und sogar wichtig ist, den Konsumenten vor Ort zu haben. Schuh- und Modemessen sind es nicht wirklich. Die Meinungen über die Öffnung der Bread & Butter sind eher gemischt und die Stimmung verhalten. Aber wer weiß, die Veranstaltung war in vielerlei Dingen bisher ein Vorreiter, vielleicht wird sie es dieses Mal auch wieder werden. Und wo es Nachteile gibt, sind bekanntlich ja auch immer Vorteile. Man muss sehen, was schlussendlich überwiegt. Vielleicht ist es ganz gut, wenn mal eine große Messe den Schritt wagt, dann sieht man wo es hin geht/gehen kann.“

Wenn der Konsument an sich in den Vordergrund gerückt werden sollte, so spielen soziale Netzwerke eine immer bedeutsamere Rolle. Anlässlich des Debüts von Fretons auf der Premium Berlin im Juli 2013 haben Sie das Personal des Sage mit Sneakers der Marke ausgestattet und eine Schätzaktion in der Lokalität gestartet, bei der die Besucher die zwischen den Sneaker-Modellen befindlichen Gläser in einem Glaskubus schätzen und ihre Hochrechnung über die Facebook-Page teilen sollten. Sehen Sie in derlei Aktionen einen deutlichen Zuwachs bestimmter Käuferschichten, eine messbare Steigerung der Markenbekanntheit?

„Uns war es wichtig, über eine sympathische und nicht aufdringliche Art Entscheider und Konsumenten gleichermaßen ‚ins Spiel’ zu bringen und mit dem Label bekannt zu machen. Die Location ist gerade im Sommer während der Fashion Week ein absolutes Muss!“

Die Idee hinter den Marken ist es, qualitativ hochwertige Ware und echte Klassiker aus vegetabil gegerbtem Leder/Material zu designen. Wo liegen die Produktionsstätten und spielen Niedriglohnländer für die Herstellungsprozesse eine Rolle?   

„Unsere Produktionsstätten liegen in Italien, Portugal und Spanien. Niedriglohnländer spielen für die Herstellungskosten keine Rolle. Die sehr gute Qualität und die handwerkliche Herstellung gehören bei uns fest zur Heritage. Wir verwenden ausschließlich hochwertige Leder, unsere Qualitätsmanager und Designer sehen sich die Produktionsstätten vor Ort an und wir legen großen Wert darauf, unsere langjährigen Geschäftsbeziehungen zu den Lieferanten aufrecht zu erhalten. Das sind die Werte, die unsere Labels so einzigartig machen und das wissen unsere Kunden auch sehr zu schätzen.“

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!


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