Alea iacta est?!

  /  23.10.2014

Amazon wird neuerdings als Standard Oil-Nachfolger gehandelt. Nach über 100 Jahren soll die Plattform das gleiche Unternehmensschicksal ereilen. Sinnvoll? Fragt Lara Schotten...

Zugegeben, wenn ein einzelner Journalist den mächtigsten Mann seiner Zeit stürzen kann, dann sei einem einzelnen, wenn auch preisgekrönten, Ökonomen doch wohl bitte gegönnt, selbiges mit einem der größten Konzerne weltweit zu versuchen. Paul Krugman, unter anderem Kolumnist der New York Times, ist offenbar der Meinung, dass Amazon alias Jeff Bezos, ähnlich wie John D. Rockefeller, seine Machtposition aufs gröbste missbrauche. Rockefellers Unternehmen Standard Oil hatte vor mehr als 100 Jahren dafür bezahlt, in dem der Supreme Court das Imperium in 34 Subunternehmen zerschlug. Hieran statuierte die Nation ein Exempel: Keine Macht den Drogen! Verzeihung, den Großen! So möge es laut Krugmann auch Amazon ergehen, denn im „neuen goldenen Zeitalter der Monopole“ personifiziere der Konzern nicht ein solches, sondern erscheine neuerdings vielmehr als Monopsonist – jemand, der die Preise nicht in die Höhe treibt, sondern diese in einem mehr als marktüblichen Umfang beeinflusst. Ausbeutung, Statusmissbrauch, Zensur, vom Schaden der Bevölkerung Amerikas ist die Rede – jener Bevölkerung, die Amazon erst groß gemacht hatte. Jenes Amerika, das gern auf nahezu alles ein Monopol hat. Nun auch darauf, keine zu haben?

Bevor ein Mensch/ein Unternehmen der in der heutigen Zeit doch recht selten vorkommenden Marktform Monopson zugeordnet werden kann, muss er/es ein Monopol auf ein bestimmtes Segment haben. Ähnlich dem Gesellschaftsspiel Monopoly, mit dem Ziel, ein (Grundstücks)Imperium aufzubauen und die Gegenspieler in die Insolvenz zu treiben. Amazon habe dies vor allem auf Bücher, Segmentserweiterung in vollem Gange. Begrüßen Sie mit mir also die heutigen Spielakteure: Jeff Bezos, Jeff Bezos und zu guter Letzt Jeff Bezos. Entrepreneurs dieses Kalibers waren früher geschätzte Visionäre, denn ein Henry Ford, Andrew Carnegie, John D. Rockefeller oder J.P. Morgan hatte eine Idee, eine Gelegenheit und den Mut, lebte – kurzum – den amerikanischen Traum. Doch wie bei all jenen, die mit ihrem Handeln zunächst der Wirtschaft dienten, erscheinen die einstigen „Men that built America“ alsbald nicht mehr als mutige Männer, sondern als machtbesessene Monopolisten. Und Macht bringt auch immer die Gefahr des Machtmissbrauchs mit sich.

Möchte man mit dem Vorwurf aber wirklich so weit gehen? Ist die Existenz oder das Handeln Amazons tatsächlich als Schadensbringer der Menschen anzusehen? Ohne Frage, Rockefeller als Monopsonisten zu identifizieren, wäre ein Leichtes, gab es zu jener Zeit in jener Branche schließlich keine Alternative – genau die gibt es heutzutage aber doch, nicht wenig wird exakt jener Umstand zuweilen bemängelt. Ebay, Zalando, Apple, gar ein Alibaba jedoch scheinen gegen den Online-Giganten demnach keine Chance zu haben. Steht deshalb vor allem ein Jeff Bezos, selten aber ein Bill Gates oder ein Tim Cook in der Kritik? Ein misanthropischer Monopsonist gegen philanthropische Monopolisten, wenn man so will. Schlossstraße mit Hotel gegen Turmstraße mit Hypothek. Profitierten nicht einst kleinere Unternehmer vom aktuell verschmähten Amazon so wie Carnegie von der Stahlschienenproduktion für den Transport von Rockefellers Öl profitierte und Ford nach der Erfindung des Automobils von der Verfügbarkeit des Treibstoffs im ganzen Land? Die Methodik: teilweise durchaus fragwürdig. Das Ergebnis: mehr als zufrieden stellend. Die Strafe: überraschenderweise glückselig. Man bedenke, nie wäre Rockefeller reicher und mächtiger geworden als durch die Zerschlagung von Standard Oil. Mag dieser Spielzug bei Amazon selbige Wirkung zeigen?

Noch fokussiert sich Amazon im übertragenen Sinne auf die bedeutendsten, so die landläufige Meinung, Straßen wie die Parkstraße und die Schlossallee. Noch gibt es ergo diverse Alternativen, die auch in kleinerem Rahmen wirtschaftlich profitabel und unabhängig agieren. Frage: Wie viele der übrigen zwanzig Straßen mögen wohl in Amazons Hände fallen, wenn man ein mehr als 100 Jahre zurückliegendes Verfahren anwendet? Ich will nicht anmaßend klingen, aber eine zweite Standard Oil-Affäre, Herr Krugman als Wirtschaftsnobelpreisträger gelange hoffentlich zu einer ähnlichen These, mag zum Wohle der Gesamtwirtschaft auf Dauer eine ebenso inadäquate Spieltaktik sein wie der (vermeintlich) unlautere Wettbewerb Amazons. Denn man bedenke, Mr. Bezos hält im Falle eines Rockefeller-Schicksal-Pendants sicherlich eine „Du kommst aus dem Gefängnis frei“-Karte in den Händen…

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