Auf den zweiten Blick

  /  28.08.2014

Es ist nicht immer alles so, wie es scheint. Der modische Beweis dafür sind die vorgeblich zweidimensionalen Taschendesigns von Jump From Paper, die aussehen, als wären sie gerade aus einem Comic herausgerissen worden, um in unserer Welt jegliche perspektivische Logik über den Haufen zu werfen...

Die Illusion einer Illusion – manch ein Philosoph hätte so seine Freude mit dieser Aussage, würde bei dem Designerduo Chay Su und Rika Lin allerdings auf taube Ohren stoßen, denn für sie geht es nicht darum, ihren Modellen einen tieferen Sinn zu verleihen. Vielmehr geht es den zwei gebürtigen Taiwanerinnen um Spaß und daraus entstand auch die erste Idee für ihr Label. Während eines Plausches malten die beiden studierten Grafikdesignerinnen ihre Traumtaschen auf ein Blatt, dann die Idee: Es wäre doch witzig, wenn man sie genauso von dem Blatt abziehen, sie umhängen und losgehen könnte.

Den Eindruck, dass eben das passiert sein könnte, vermitteln die cartoonhaften Bags vor allem durch die dicken schwarzen Konturen, als seien sie mit einem zu breiten Stift gezeichnet worden, und durch bunte Flächen, die mit einem Pinsel hätten entstehen können. Die flache Optik der einzelnen Modelle ist ebenfalls Illusion, denn durch versteckte Einsätze und raffiniert gesetzte Reißverschlüsse bekommt man auch noch viel unter. Und wenn sich Augen und Hirn erst einmal auf eine derartige Verzerrung der Wirklichkeit eingelassen haben, kann man ganz entspannt die verwirrten Blicke der anderen genießen.

Marie Keimel